Claudia Müller (Grüne): Doppelte Staatssekretärin im Wahlkampf
Ihre Kernthemen: maritime Wirtschaft, Klimaschutz, wirtschaftlicher Wandel. Eigentlich genau die Punkte, die viele gerade beschäftigen. Die Wirtschaft zählt laut ARD-DeutschlandTrend neben Migration zu den wichtigsten Wahlkampfthemen. Claudia Müller ist viel unterwegs: zwischen Wirtschaftsgesprächen, Bürgerdialogen und Wahlkampfterminen.
Stralsund, Werkshalle von Ostseestaal. Funken sprühen, Arbeiter schweißen meterlange Stahlteile. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Schiffs- und Stahlbau, hat den Skywalk auf Rügen mitgebaut und entwickelt unter anderem Elektro-Solar-Fähren. Aber die Branche hat auch zu kämpfen: Hohe Energiepreise, Bürokratie und internationale Konkurrenz setzen vielen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern zu.
Thomas Kühmstedt, technischer Direktor von Ostseestaal, formuliert es drastisch: "Wenn da nicht politisch was passiert, gibt es die Industrie in zwei Jahren nicht mehr." Er fordert von der Politik klare Rahmenbedingungen, damit Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern wettbewerbsfähig bleiben können.
Wer ist Claudia Müller?
Müller will das mit nach Berlin nehmen. Die Energiewende sei eine Chance für die Unternehmen und Wirtschaft und Klimaschutz zu verbinden eigentlich das Ziel: "Innovative Unternehmen haben viele Ideen und Wachstumschancen, aber wir in der Politik müssen die Rahmenbedingungen setzen."
Claudia Müller ist 43 Jahre alt, Betriebswirtin und seit 2017 die einzige Grüne-Abgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern im Bundestag. Die gebürtige Rostockerin arbeitet als parlamentarische Staatssekretärin - in gleich zwei Ministerien: für Ernährung und Landwirtschaft sowie für Bildung und Forschung. Das zweite Ministerium kam nach dem Ampel-Aus dazu, als Cem Özdemir neben Landwirtschaft auch Bildungsministerium übernahm.
Soziale Gerechtigkeit an Schulen: Mehr Chancengleichheit
Nächste Station an diesem Wahlkampftag: das Kinder- und Jugendparlament in Grimmen. Schülerinnen und Schüler, von Grundschule bis Gymnasium, haben Fragen vorbereitet. Ein junges Mädchen fragt, ob Müller das Schulsystem verändern wolle. Müller erklärt, dass Bildungschancen in Deutschland stark davon abhängen, ob die Eltern arm oder reich sind und "das ist ungerecht", findet sie. Deswegen fordert sie mehr Unterstützung für Schulen, kostenfreie gesunde Mahlzeiten und bessere Bildungschancen für alle Kinder.
Das Interesse an Politik ist hier groß: Einige Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments erzählen, dass sie sich selbst vorstellen können, in die Politik zu gehen. Müllers Rat an sie: Zuhören, offen bleiben und sich auch mit Menschen auseinandersetzen, die anderer Meinung sind.
Das Heizungsgesetz - Wahlkampf auf dem Marktplatz
Nachmittags, zurück in Stralsund. Ein grünes Zelt mitten auf dem Alten Markt, Wahlkampfflyer, Freundschaftsarmbänder und Popcorn. Die Grünen-Wahlhelferinnen und Wahlhelfer wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen. Doch viele Passantinnen und Passanten sich auch skeptisch.
Ein Thema, das die Grünen nicht loslässt: das Heizungsgesetz. Eigentlich gedacht, um den Umstieg auf erneuerbare Energien voranzutreiben, sorgte es bei vielen Menschen für Ärger und Verunsicherung. Müller erklärt einer Frau, die wissen will, ob sie ihre Heizung bald austauschen muss: "Wenn Sie eine funktionierende Heizung haben, können Sie die natürlich so lange nutzen, wie sie funktioniert." - "Ein gutes Gespräch" findet die Frau, die Müller angesprochen hat. Wen sie am 23. Februar wählen wird, sei für sie aber noch offen.
Erneuerbare Energien: Kommunen müssen profitieren
Letzter Termin des Tages: das IHK-Forum im Ozeaneum. Unternehmerinnen und Unternehmer können ihre Fragen an die Politik stellen, diskutieren. Es geht unter anderem um Bürokratie, Energiekosten, den Ausbau erneuerbarer Energien. Ein Mann aus dem Publikum fragt Müller direkt: "Sie haben gesagt, die Onshore- und Offshore-Anlagen sollen weiter ausgebaut werden. Finden Sie nicht, dass es langsam reicht?"
Müller sieht das anders. Sie verweist auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts, Strom aus erneuerbaren Energien sei danach langfristig günstiger als fossile Alternativen. Kommunen, die Windkraftstandorte sind, müssten aber stärker profitieren, meint sie: "Das heißt, niedrigere Netzentgelte und eine stärkere Beteiligung an den Einnahmen."
Die Grünen in MV: Kein einfacher Wahlkampf
Die Grünen haben es in Mecklenburg-Vorpommern schwer. In den Umfragen liegt die AfD vorne, die Grünen mit 9 Prozent deutlich dahinter. Im bundesweiten ARD DeutschlandTrend kommen sie aktuell auf 14 Prozent. Claudia Müller setzt auf direkte Begegnungen mit Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern. Und auf die Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie. Ob diese Botschaft bei den Wählerinnen und Wählern ankommt, entscheidet sich am 23. Februar.
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