Argerich und Capuçon spielen Beethoven, Schumann und Franck
In dieser Live-Aufnahme vom diesjährigen Osterfestival in Aix-en-Provence spielen die Pianistin Martha Argerich und der Geiger Renaud Capuçon Sonaten von Robert Schumann, Ludwig van Beethoven und César Franck.
Wie finden Kammermusik-Partner zueinander? Oft steckt eine eher unromantische Geschichte dahinter, manchmal ist sie aber auch fast kitschig, wie diese: ein 16-Jähriger sitzt in einem Jugendorchester, ganz hinten in der zweiten Geige, vorn die große Pianistin, 35 Jahre älter. Wie oft fügt es sich, dass aus einer solchen Konstellation ein gleichberechtigtes Duo entsteht? Renaud Capuçon zeigt sich in der Erinnerung an dieses Erlebnis auch Jahrzehnte später noch demütig im Gespräch im Beiheft, betont in unterschiedlichsten Facetten sein Glück. Martha Argerich könnte seine Mutter sein. Ihre Virtuosität, ihr faszinierendes, ausdifferenziertes Spiel, ihre einzigartige Klanggestaltung, die Selbstverständlichkeit, mit der sie die Bühne betritt und für sich einnimmt - all das nötigt Bewunderung ab, je älter sie wird, umso mehr.
Martha Argerichs Dominanz
Wer Martha Argerich und Renaud Capuçon im Konzert live erlebt hat, weiß es: Sie ist die dominante Persönlichkeit in diesem Duo, und es ist Renaud Capuçon hoch anzurechnen, dass er diese Dominanz auf wundervolle Weise im Beiheft auf den Punkt bringt. Da geht es um die hochromantische Franck-Sonate: In dieser Sonate fordere sie ihn jedes Mal heraus, erzählt er. Das wisse sie natürlich nicht! Sie tue es ja auch nicht mit Absicht, sondern einfach dadurch, dass sie da ist.
Renaud Capuçon fehlt es an Brillanz und Witz
Auch diese Aufnahme ist ein Live-Mitschnitt, und das Konzert-Erlebnis vermittelt sich unmittelbar: Martha Argerich ist unprätentiös im Auftritt. Sie schaut, sie hört, sie fühlt, sie zeigt sich immer temperamentvoll, geradeheraus in ihren Reaktionen und vollkommen entspannt im Musikmachen. Renaud Capuçon spielt gut, aber in diese Höhen kommt er nicht mit, sein Ton ist weniger variabel, ihm fehlt es an Steigerungsmöglichkeiten, an Brillanz und Witz.
Es ist vielleicht ein bisschen gemein, das Duo Capuçon-Argerich mit dem Duo Gidon Kremer-Martha Argerich zu vergleichen, aber es gibt nun einmal auch eine Kreutzer-Sonate von diesen beiden aus den 1990er-Jahren - zweien, bei denen sich die Frage nach Dominanz einfach nicht stellt.
Unbedingtes Vertrauen
Renaud Capuçon sagt, Martha Argerich locke Dinge aus ihm heraus wie sonst niemand - er hebt mehrfach das unbedingte Vertrauen, die Freundschaft zwischen den beiden hervor, die Unkompliziertheit ihres Verhältnisses zueinander. Das darf man feiern.
Beethoven - Schumann - Franck
- Label:
- Deutsche Grammophon