Göttingen: Collagen erzählen Geschichten von Long-Covid-Kranken
Am vergangenen Freitag sind in der Göttinger Aula am Wilhelmspatz die Ergebnisse der DEFEAT Corona Studie vorgestellt worden. Der Künstler Christian Bröhenhorst hat aus den Geschichten der Teilnehmenden an der Studie 16 Collagen geschaffen.
"Sofort ins Auge gestoßen ist mir diese Aufziehpuppe", sagt Rosa Mordea und blickt auf das Bild mit dem Titel "Chronische Müdigkeit". Darauf zu sehen ist eine Person, die den Kopf hängen lässt und hinten im Rücken einen Schlüssel hat.
"Wenn man sie aufzieht, dann kriegt sie wieder genug Energie und Kraft, um durch die Stadt zu laufen", beschreibt Rosa Mordea die Collage und fügt hinzu: "Da steht: Nach zwei Stunden kann ich mich schon nicht mehr konzentrieren - bei mir ist das etwa eine halbe Stunde. Aber es ist nicht so, dass ich müde bin, sondern ich bin total erschöpft. Meine Muskeln sind erschöpft. Ich kriege dann so einen Nebel im Kopf und kann mich dann nicht mehr konzentrieren."
Bei der Arbeit mit dem Coronavirus infiziert
Die 32-Jährige ist Ärztin. Auf der Arbeit infizierte sie sich mit dem Coronavirus. Seitdem leidet sie an den Spätfolgen der Infektion. Laufen fällt ihr schwer, deshalb sitzt sie im Rollstuhl. Das ist eines der Post- beziehungsweise Long-Covid-Folgen. Über diese neuen Krankheitsbilder ist noch nichts ausreichend bekannt. Alexandra Jablonka ist eine der Forscherinnen, die sich im Rahmen der DEFEAT Corona Studie mit dem Thema beschäftigen. Klar ist bis jetzt, dass ganz unterschiedliche Symptome auftreten können. "Zum Beispiel Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen zusammen mit Fatigue, Brainfog - das scheint so ein Cluster zu sein, wie wir es nennen", sagt Jablonka. "Und das geht vielleicht mit Lungenproblemen, Kurzatmigkeit, Herzproblemen, Herzklopfen einher, aber es sind wahrscheinlich unterschiedliche Erkrankungsgruppen."
Collagen aus den Geschichten der Studien-Teilnehmenden
Der Künstler Christian Bröhenhorst hat die Interviews mit Teilnehmenden der Studie begleitet. Aus deren Geschichten sind so 16 Collagen entstanden, die jetzt in der Göttinger Aula am Wilhelmsplatz ausgestellt werden. Rosa Mordea sieht die Bilder zum ersten Mal und findet sie gelungen: "Das ist ziemlich gut gemacht, weil so ein Schlagwort wie Atmen auch etwas wie Atemnot suggeriert. Ja, das haut erst mal rein, dass man sich da selbst wiederfindet."
Kunst als Ausdruck für die Wissenschaft
Die qualitativen Interviews mit Long-Covid-Patientinnen und -Patienten, die den Bildern zu Grunde liegen, hat der Wissenschaftler Sascha Roder durchgeführt. Kunst und Wissenschaft - das ist für ihn kein Gegensatz. "Wir versuchen das, was wir an Forschung betreiben, in einer anderen Art und Weise auszudrücken - und da kann Kunst ein fantastisches Hilfsmittel sein", sagt er.
Mehr Aufmerksamkeit für Post- und Long-Covid schaffen
Die Bilder werden für die kommenden drei Wochen in der Universitätsmedizin Göttingen ausgestellt. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. Rosa Mordea wünscht sich, dass dieses Projekt dazu beiträgt, mehr Aufmerksamkeit für das Thema Post- und Long-Covid zu schaffen: "Wenn man überlegt, dass es mittlerweile in Deutschland zwei bis drei Millionen Betroffene gibt und nach wie vor nicht genügend Geld gegeben wurde, um wirklich in die Forschung reinzugehen, dann ist das einfach traurig."