Macht der Fotografie: Wie der Blickwinkel unsere Wahrnehmung bestimmt
Die Fotografin Barbara Probst zeigt in ihren Bildern, wie leicht unsere Wahrnehmung zu beinflussen ist. Eine Schau im Sprengel Museum Hannover zeigt nun ihr Werk.
Drei Jungen stehen in einem weißen Raum im Kreis, ihre Rücken zueinander gedreht, den Blick nach außen gerichtet. Drei Kameras haben diesen Moment zeitgleich, aber von unterschiedlichen Positionen aus aufgenommen. Entstanden sind drei Fotos derselben Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Auf jedem Bild ist ein anderer Junge in der Mitte zu sehen. Aufgrund der Standpunkte der Kameras unterscheidet sich unsere Wahrnehmung der Situation.
"Ich fand am Anfang immer das rechte Bild mit dem Jungen in Denkerpose so bemerkenswert", erklärt Kurator Stefan Gronert, "weil der Junge taucht auf den zwei anderen Bildern auch auf, dort sieht man aber diese Denkerpose nicht und denkt, das ist ein ganz anderer Junge, eine ganz andere Haltung. Die Fotografie scheint uns hier zu versprechen, die Wirklichkeit dokumentarisch und unverfälscht wiederzugeben. Aber Barbara Probst zeigt hier in den Bildern, dass das tatsächlich gar nicht der Fall ist."
Barbara Probst umrundet Körper und Situationen
Alle Fotos, die zu einem Werk gehören, sind durch wiederkehrende Details miteinander verbunden. Mal mutet das wie ein Stilleben an, wie bei einer Flasche unter einem Tisch neben Zitrone und einer Kanne aus verschiedenen Blickrichtungen. Models in rotem, blauem und hellgrauem Mantel in drei Fotos erinnern an die Modefotografie. "Exposure #1" aus dem Jahr 2000 sieht dagegen wie ein Storyboard aus. Zu sehen ist ein Mensch im Laufen auf einem Dach. Zwölf Fotos: in der Totalen, Halbnahen, von vorn und hinten.
Als studierte Bildhauerin umrunde Barbara Probst Körper auch, meint Stefan Gronert: "Sie überlegt sich vieles, wie eine Filmemacherin und macht dazu Skizzen, gibt ganz klare Anweisungen, wo die Leute sich zu positionieren haben. Das ist eine sehr konzeptuelle Form von inszenierter Fotografie. Die Bilder tun ja so, als wenn es Dokumentar- oder Moment-Fotografien wären."
Ein Moment - viele Perspektiven
Zudem gibt es eine politische Dimension, sagt der Direktor des Sprengel Museums Hannover, Reinhardt Spieler. Sie zeige uns eine Wirklichkeit, die aus total unterschiedlichen Perspektiven gesehen werden könne, die man ansonsten so erst einmal nicht zusammenbekomme. Könnte uns das auch beim Auflösen verhärteter Standpunkte bei ein- und demselbem Thema im politischen Diskurs helfen? "Das braucht Denkarbeit" sagt Reinhardt Spieler, "um die verschiedenen Perspektiven zusammenzusetzen, um zu sehen, das ist alles eine Möglichkeit der Wahrnehmung. Das ist für mich ein extrem starkes Zeichen von Demokratie, verschiedene Perspektiven ernst zu nehmen, sie als gleichwertig erstmal ins Feld zu führen und sich reinzuversetzen."
Ein Moment hat viele Perspektiven, das zeigt "Barbara Probst Subjective Evidence" sehr eindringlich. Es ist zugleich die Aufforderung, sich in Zeiten der Überflutung durch das Visuelle in Ruhe einzulassen auf ein Foto. Sehr anregend ist es, die unterschiedlichen Blickwinkel zu einem Ganzen zusammenzufügen, wie der Ausstellungstitel andeutet: "Subjective Evidence" heißt übersetzt "subjektiver Beweis".
Macht der Fotografie: Wie der Blickwinkel unsere Wahrnehmung bestimmt
Die Fotografin Barbara Probst zeigt in ihren Bildern, wie leicht unsere Wahrnehmung zu beeinflussen ist. Eine Schau im Sprengel Museum Hannover zeigt nun ihr Werk.
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Sprengel Museum Hannover
Kurt-Schwitters-Platz
30169 Hannover