Sprengel Museum Hannover: Meisterwerke der Moderne erleben
Am Nordufer des Maschsees in Hannover liegt ein Tempel der Kunst - das Sprengel Museum. Es gilt als eines der bedeutendsten Zentren moderner Kunst in Deutschland und genießt internationales Ansehen.
Weltweit bietet das Sprengel Museum die größten Sammlungen von Max Ernst und Kurt Schwitters, die zweitgrößte Paul-Klee-Sammlung und immerhin 400 Werke von Pablo Picasso. Insgesamt umfasst die Sammlung mehr als 40.000 Werke.
Künstler der Gegenwart und Klassischen Moderne vertreten
Auch die Kunst nach 1960 ist ausführlich vertreten, unter anderem mit Bruce Nauman, Gerhard Richter und Georg Baselitz. Die 2002 verstorbene Künstlerin Niki de Saint Phalle, die der Stadt Hannover und dem Sprengel Museum einen Großteil ihrer Werke vermachte, ist mit zahlreichen Arbeiten vertreten.
In der untersten Etage ist die "Klassische Moderne" zu sehen. Meisterwerke der Kunstgeschichte von Kandinsky und Franz Marc hängen hier genauso wie August Macke und der Farbenkünstler Emil Nolde. Die Bilder sind nicht nur für Kunstkenner ein Genuss.
Eindrücke der Großstadt und neue Reize
Bemerkenswert und einer der wertvollsten Schätze der Sammlung ist das Meisterwerk von Umberto Boccioni, "Lärm der Straße dringt ins Haus" von 1911, ein Schlüsselwerk des italienischen Futurismus. Erstmalig versuchten die Künstler zu dieser Zeit, alles gleichzeitig im Bild einzufangen: den Lärm der Großstadt und die Reizüberflutung durch Sinneseindrücke. Zeit, Ort, Form, Farbe und Ton laufen simultan in nur einem einzigen Bild zusammen. Im Werk Boccionis befindet sich im Zentrum des Bildes das Ohr einer Frau, durch das der Lärm der Großstadt dringt. Die sogenannten Bildsprachen waren in der klassischen Moderne unabkömmliches Ausdrucksmittel.
Erste begehbare Collage der Kunstgeschichte
Auch der Künstler Kurt Schwitters, ein Sohn der Stadt Hannover, fand seine eigene Form des Ausdrucks und beeinflusste damit nachhaltig die Kunstszene. Mit seinem "Merzbau", der ersten begehbaren Collage der Kunstgeschichte, hebelte er alle herkömmlichen Sichtweisen aus: Schwitters stellte die übliche Architektur in Frage und veranlasste die Menschen, alles mit anderen Augen zu sehen. Statt eines Raumes mit vier glatten Wänden baute er einen fantasievoll verwinkelten Raum mit Nischen, Ecken, Kanten und Spiegeln, um den Geist lebendig zu halten. Das Original wurde im Zweiten Weltkrieg in Schwitters Haus in Hannover zerstört, das Museum zeigt einen Nachbau.
Bei vielen Besuchern löst Schwitters Atelier Staunen und die Frage aus: Warum sehen Räume eigentlich immer so langweilig aus?
Mehr Platz im Erweiterungsbau
Die Frage, wie Räume aussehen sollen, musste das Sprengel Museum auch für sich selbst beantworten: 2015 erhielt es einen 75 Meter langen und 14 Meter hohen Erweiterungsbau, der die Ausstellungsfläche um 1.400 auf rund 6.650 Quadratmeter vergrößert. Den alten und den neuen Gebäudeteil verbindet eine zweigeschossige Halle mit einer großen spiralförmigen Rampe, die im unteren Teil zur Treppe wird.
Aus verglasten Loggien des sonst fensterlosen neuen Gebäudes können Besucher auf den benachbarten Maschsee blicken. Die dunkle Beton-Fassade führte in Hannover zu heftigen Diskussionen über die äußere Gestaltung des Anbaus. Er steht optisch im Kontrast zur weißen Hülle des alten, 1979 eröffneten Museumsgebäudes.
Telefonführungen "Bei Anruf Kultur"
Für bewegungseingeschränkte Menschen und Blinde bietet das Haus Führungen am Telefon an. Der akustische Rundgang "Bei Anruf Kultur" ermöglicht einen Museumsbesuch von zu Hause aus. Dabei begleiten professionelle Guides durch Kunstsammlungen und machen die Werke erlebbar. Das Angebot wurde vom Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg entwickelt und hat sich mittlerweile bundesweit etabliert.
Das Sprengel Museum Hannover ist Kulturpartner von NDR Kultur.