"Was für ein Volk": Schweriner Ausstellung zeigt deutsch-deutsche Karikaturen
Die vielen Klischees und Vorurteile zwischen Ost- und Westdeutschen sind Thema einer großen Karikaturenausstellung im Schweriner Kulturforum Schleswig-Holstein-Haus.
Zwei ältere Herren bei Sommersonne am Ostseestrand: Im Sand haben sie schon mal einen Graben gezogen. Rechts steht der Ossi, nackt, und stellt fest: "Aber wir haben FKK erfunden". Links kontert der Wessi in Badehose: "Weil ihr nichts zum Anziehen hattet". Es ist eine vergleichsweise harmloses Zeichnung, mit der das Schweriner Schleswig-Holstein-Haus auf Plakaten für seine neue Ausstellung wirbt.
Der Deutsche mit seinen Macken
Zum Tag der Deutschen Einheit mit den zentralen Feierlichkeiten in Schwerin hatte das Kulturforum Cartoonisten aus ganz Deutschland aufgefordert, Entwürfe zum Thema "Was für ein Volk" einzusenden, erzählt Kuratorin Dörte Ahrens: "Ostdeutschland, Westdeutschland, Ossis, Wessis, der Deutsche, seine Macken, seine Klischees - wir wollten wissen: Was ist euch schon dazu eingefallen und was fällt euch aktuell dazu ein? Darauf haben sich wirklich viele Künstlerinnen und Künstler mit tollen Karikaturen beworben."
Mehr als 70 Cartoonisten aus West- und Ostdeutschland haben reagiert, darunter der Zeichner Mario Lars aus der Nähe von Schwerin. Sein Lieblingswerk: Ein Paar beim Sex. Er, schmächtig und lang niedergestreckt, fragt zaghaft: "Kann ich auch mal oben liegen?" Sie, feist und fett auf ihm sitzend: "Schnauze Ossi." "Ich versuche ja immer, große Themen in die kleinste gesellschaftliche Zelle zu bringen, also in die Familie", erklärt Lars. "Da will ich die Leute abholen. Das ist im Prinzip: Ostdeutschland und Westdeutschland treffen sich, vereinigen sich - und wie passiert diese Vereinigung?"
Karikaturist Mario Lars: "Ich finde, es hat sich nichts verändert"
Vor genau zehn Jahren hat Mario Lars die Karikatur gezeichnet. Wie ist sein Blick heute darauf? "Ich finde, es hat sich nichts verändert. Ich hätte es auch vor 30 Jahren so zeichnen können. Es ist bis heute so und funktioniert auch immer noch so. Die Erlebnisse ändern sich ja nicht mehr, die sind geprägt und bleiben so und die kann man im Nachhinein nicht mehr umschreiben."
Davon zeugen zahlreiche Karikaturen in dieser Schau. Es geht um Missverständnisse, bittere Wahrheiten, Vorurteile und Klischees, die mit spitzer Feder und viel schwarzem Humor aufgegriffen werden. In einer guten Karikatur kann sich der Betrachter leicht wiederfinden, glaubt Mario Lars: "Auch aktuelle Themen wie der Umgang mit dem Klimawandel, die Dauerprobleme mit der Bahn, der deutsche Bürokratismus oder Fragen der politischen Korrektheit spielen in den Zeichnungen eine Rolle. Zum Beispiel, wenn bei einem Kindergartenfasching eine Mutter erklärt, ihr Sohn ginge nicht als Indianer, sondern als "kulturelle Aneignung".
Mit einem Lachen in die Abgründe sehen - und überleben
Das Schweriner Kulturforum hat in der Vergangenheit schon mehrfach gute Erfahrungen mit Karikaturenausstellungen gemacht und sich deshalb jetzt zu dieser großen Schau mit rund 170 Exponaten entschlossen, erzählt die Leiterin Dörte Ahrens: "Es kommt ein Publikum, das interessiert und gesprächig ist und sonst vielleicht nicht unbedingt in Kunstausstellungen geht. Die Karikatur ist eine Kunstform, die die Menschen einfach erreicht. Das Positive ist ja, dass wir mit einem Lachen in die Abgründe sehen können. Und wir können die Abgründe überleben. Es gibt Probleme und wir können sie lösen."
Die Ausstellung ist mit einer Preisverleihung verbunden. Sowohl die Landeshauptstadt Schwerin als auch eine Fachjury werden jeweils eine Karikatur für künstlerische Qualität, Relevanz und Einfallsreichtum auszeichnen. Auch das Publikum ist aufgerufen, seine Lieblingszeichnung zu küren - dafür stehen in den Ausstellungsräumen Zettel und Wahlurnen bereit.
"Was für ein Volk": Schweriner Ausstellung zeigt deutsch-deutsche Karikaturen
Die vielen Klischees und Vorurteile zwischen Ost- und Westdeutschen sind Thema einer großen Karikaturenausstellung in Schwerin.
- Art:
- Ausstellung
- Datum:
- Ende:
- Ort:
-
Kulturforum Schleswig-Holstein-Haus
Puschkinstraße 12
19055 Schwerin
- Öffnungszeiten:
- Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr
Vom 2. bis 4. Oktober 10 bis 20 Uhr