Ein Fotograf fotografiert in der Kunsthalle ein Bild ab. © picture alliance/dpa | Bernd Wüstneck Foto: Bernd Wüstneck
Ein Fotograf fotografiert in der Kunsthalle ein Bild ab. © picture alliance/dpa | Bernd Wüstneck Foto: Bernd Wüstneck
Ein Fotograf fotografiert in der Kunsthalle ein Bild ab. © picture alliance/dpa | Bernd Wüstneck Foto: Bernd Wüstneck
AUDIO: "Der große Schwof": Kunsthalle Rostock zeigt DDR-Feier-Launen (4 Min)

"Der große Schwof": Kunsthalle Rostock zeigt, wie die DDR feierte

Stand: 10.06.2024 08:27 Uhr

Die Foto-Ausstellung "Der große Schwof" richtet den Blick zurück auf Feste und auf die Art und Weise diese zu feiern in der DDR. Im Fokus stehen vor allem die 1980er-Jahre.

von Hannes Opel

Ein Kneipenabend zur Jahreswende in den späten 1970er-Jahren in Beyern, in der tiefsten brandenburgischen Provinz, mitten in der DDR. Am Tresen stehen drei Männer, im Hintergrund verschwimmt die Menschenmenge. Im Mittelpunkt des Bildes steht ein junger Volkspolizist in Uniform, seinen Oberkörper hat er auf dem Tresen abgelegt, alles an ihm wirkt schwer, vor allem sein Blick, gezeichnet vom vorangeschrittenen Abend.

Während er mit offenem Mund vermutlich das nächste Bier bestellt, reicht ein Mann links von ihm ein ebensolches über seinen Kopf hinweg rüber zum dritten Protagonisten des Bildes. Eine Luftbrücke aus Bier von links nach rechts über den betäubten Kopf des Staates hinweg. Festgehalten hat die Szene Thomas Kläber in seiner Fotoserie "Dorfdisco in Beyern". Zu sehen ist sie nun zusammen mit Bildern von 30 weiteren Fotografen aus dem Osten in der Kunsthalle Rostock.

Bilder von preisgekrönten Chronisten des DDR-Alltags

Petra Göllnitz, Kuratorin, steht bei einem Presserundgang in der Ausstellung "Der große Schwof - Feste feiern im Osten" in der Kunsthalle vor Fotografien von Barbara Metselaar Berthold. © picture alliance/dpa | Bernd Wüstneck Foto: Bernd Wüstneck
Kuratorin Petra Göllnitz steht in der Ausstellung "Der große Schwof" vor Fotografien von Barbara Metselaar Berthold.

Die Ausstellung "Der große Schwof" wurde von der Kulturwissenschaftlerin Petra Göllnitz kuratiert. Feste und Feiern hatten in der DDR eine besondere Bedeutung, erklärt sie: "Natürlich hatten die Feste auch ein ganz wichtiges Ventil, denn unter diesen wirklich doch recht strengen Restriktionen war es natürlich eine ganz wichtige Funktion unter sich zu sein, unter sich feiern zu können. Alkohol spielte da leider auch eine große Rolle. Im Leben gibt es viele Feiern. Es geht bei der Taufe los und endet bei der Beerdigung. Dazwischen gibt es aber tausend andere schöne Gründe, warum man feiert. Und genau das habe ich aufgedröselt."

Aufgedröselt in über 300 Fotografien aus den Archiven preisgekrönter Chronisten des DDR-Alltags. Als ehemalige Bildredakteurin der Zeitschrift "Magazin" und später des "stern" verfügte Göllnitz dafür über beste Kontakte. Die Feier in all ihren ostdeutschen Facetten stand dabei im Fokus: "Wir haben einmal den Staat mit den verordneten Festen, ganz böse, ganz kurz und sehr ironisch dargestellt. Und wir haben andererseits die Rebellen, die Aufrührer, die, die sich nichts mehr gefallen lassen wollten oder die, die weggehen wollten, beziehungsweise die, die sich schon längst vom Staat abgewendet haben."

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Schonungslose Blicke hinter die grauen Ost-Fassaden

Die Bilder beeindrucken durch den schonungslosen Blick hinter die grauen Ost-Fassaden der 1980er-Jahre. Momente des Kontrollverlustes in einem von Kontrolle durchdrungenem System, das seinem Ende entgegen geht. Die Großstadt wird dabei der Provinz gegenübergestellt. Seien es Ute Mahlers Fotoserie "Striptease im Osten", Dorfmodeschauen und Kleingärtenfeste fotografiert von Harald Hauswald, Thomas Kläber, oder auch die Wucht der Ausreisepartys in der Hauptstadt festgehalten von Barbara Metselaar Berthold.

Viel Alkohol, viel Zigarettenrauch, viel FKK. Feiern ohne morgen und ohne zu wissen, ob man sich je wieder sieht. Aus dieser Eindringlichkeit kann auch die Nachwende-Generation einiges über die eigenen Eltern lernen, glaubt Göllnitz: "Sie lernen, dass wir genauso waren, wie sie jetzt sind. Dass wir die gleich schlimmen, guten, witzigen, kuriosen und humorvollen Dinge getan haben, die sie jetzt auch tun. Und vor allen Dingen hatten wir immer auch viel Spaß. Also, wir waren jetzt nicht geknechtet, eingekerkert, traurig und uns selbst überlassen, sondern wir wussten uns zu helfen und haben immer gelernt zu improvisieren."

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Die Foto-Ausstellung in der Rostocker Kunsthalle gibt kuriose, witzige aber auch durchaus ernste Einblicke.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Kunsthalle Rostock
Hamburger Straße 40
18069 Rostock
Hinweis:
Tel. Kasse: +49 (0) 381 440 405-15
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