Stand: 30.06.2017 04:00 Uhr

25 Jahre Handy: Simsen als Volkssport

Vor 25 Jahren ahnte wahrscheinlich niemand, wie sehr das Handy unseren Alltag verändern würde. Vorher gab es zwar schon Autotelefone und Mobiltelefone, die man in einem Koffer mit sich herum schleppen konnte, aber das Handy, wie wir es heute kennen gibt es erst seit dem Sommer 1992. Und seitdem hat sich viel verändert.

Der Anfang: Ein halbes Kilo schwer

Das Motorola International 3200, genannt: der Knochen, war das erste richtige Handy. 33 Zentimeter hoch und ein halbes Kilo schwer. Es passte zwar noch nicht in die Hosentasche, aber es war das erste Mobiltelefon, in dem Akku und die gesamte Technik im Handapparat untergebracht waren. Möglich wurde das durch die Einführung der engmaschigen D1- und D2- Netze vor 25 Jahren. Die Akkus wurden kleiner, da die neuen Geräte nur noch eine schwache Sendeleistung benötigten. Deutschland war damals technisch führend.

Rudy Krolopp, der Designer des ersten Handys, hält ein Motorola International 3200 (rechts) in die Kamera. Links ein DynaTAC 8000X. © picture alliance/AP Images Foto: CHRISTOF STACHE
So sahen sie aus, die ersten Handys. Rechts: Das Motorola International 3200.

Seitdem hat das Handy unsere Gesellschaft verändert, sagt der Jugendforscher Peter Martin Thomas von der Sinus-Akademie: "Es hat sich am meisten geändert, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr ohne Überwachung ihrer Eltern sein können. Das heißt, wenn Jugendliche verreisen, bleiben sie immer über das Mobiltelefon für ihre Eltern erreichbar. Wir haben oft das Bild, dass Jugendliche das Handy nicht loslassen können. Aus meiner Beobachtung habe ich oft das Bild, dass Eltern ihre Kinder nicht loslassen können und sie über das Handy, wenn sie im Schullandheim sind, unter Kontrolle halten oder zumindest in Kontakt bleiben wollen."

Liebes-Aus per SMS

Die ersten Veränderungen kommen schnell. Drei Jahre nach der Einführung der D-Netze wird die SMS eingeführt: Das Simsen entwickelt sich zu einem regelrechten Volkssport. Da nur 160 Zeichen erlaubt sind, entwickeln sich Abkürzungen, die meist nur bestimmte Gruppen verstehen, wie das bei Jugendlichen beliebte LOL, Laughing out loud, also: "echt witzig". Die Älteren beweisen dann, dass man per SMS auch Liebesbeziehungen beenden kann.

Und dann wird es laut: Es kommt der persönliche Klingelton. Seit Anfang des neuen Jahrtausends kann man Klingeltöne kaufen und auf dem eigenen Handy installieren. Bald sind viele so genervt von dem Krach, dass Handys an einigen Orten verboten werden.

Mit der Kamera kam der Narzissmus

Und dann - vor zehn Jahren - kam das iPhone von Apple. Kleine Software-Programme, sogenannte Apps, erlauben die Kommunikation über das Internet. Fotos können verschickt und Videos auf dem Bildschirm angesehen werden. Andere Handy-Anbieter machen das bald nach.

Die Folge: Die sozialen Netzwerke werden mit Selfies überschwemmt. Eine neue Form der Selbstverliebtheit, so die Cyber-Psychologin Catarina Katzer: Wir sehen das an Studien seit dem Jahr 2000, dass der Narzissmus deutlich zugenommen hat. Auch die digitale Empathie-Fähigkeit leidet deutlich. Daran kann man schon erkennen, dass die Konzentration auf uns weg von dem sozialen Miteinander von der Gesellschaft eine ganz große Rolle spielt."

Aber vielen Jugendlichen geht die Abhängigkeit vom Handy inzwischen zu weit. Sie fühlen sich unwohl, sagt der Jugendforscher Peter Martin Thomas: "Wenn wir das vergleichen mit unserer ersten Studie, dann beobachten wir erste Anzeichen einer digitalen Sättigung. Das ist auf der Geräteebene. Es sind alle ganz gut ausgestattet mit Mobiltelefonen und anderen Geräten. Und es ist die Ebene, dass man sich mal wünschen würde, ohne soziale Medien zu sein. Also mal abzuschalten, sich zu treffen mit Freunden und keiner hat das Handy an. Aber das ist gar nicht einfach, weil man ja auch immer Angst hat etwas zu verpassen."

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 29.06.2017 | 15:55 Uhr

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