Tiere in der Literatur: Von Paddington bis Moby Dick
Tiere spielen in der Literatur eine riesige Rolle: Schon in den ältesten bekannten Mythen tauchen sie auf, die Weltliteratur greift immer wieder auf sie zurück und Kinderbücher sind ohne sie kaum vorstellbar. Eine kurze Reise durch die Tierwelt der Literaturgeschichte.
Wahrscheinlich kommt der Wiedehopf in nicht vielen Büchern vor. Der griechische Dramatiker Aristophanes machte den Vogel mit der lustigen Federhaube in seinem Stück "Die Vögel" sogar zum König - und das schon im Jahr 414 vor Christus. Überhaupt scheint der griechische Dichter eine Vorliebe für Tiere gehabt zu haben: Er schrieb auch Komödien über Frösche und Wespen.
1912: Das Jahr der Insekten in der Literatur
Bei Aristophanes sind Insekten noch unterrepräsentiert. Das ändert sich in der Literatur im Jahr 1912. Bei der Biene Maja haben die meisten wahrscheinlich die kulleräugige Comicversion der späten 70er-Jahre vor Augen und Karel Gott im Ohr. Doch der Roman "Die Biene Maja und ihre Abenteuer" wurde bereits 1912 vom Ahrensburger Waldemar Bonsels veröffentlicht.
Im selben Jahr erscheint auch Franz Kafkas "Die Verwandlung:
"Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt." Erster Satz aus "Die Verwandlung"
Und Joachim Ringelnatz schickt diese beiden auf die Reise:
"In Hamburg lebten zwei Ameisen,
die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
da taten ihnen die Beine weh,
und da verzichteten sie weise,
denn auf den letzten Teil der Reise."
Joachim Ringelnatz - "Die Ameisen" - -
Bären und Hasen - Lieblinge der Kinderbuchliteratur
Tiere spielten schon immer eine große Rolle in Märchen, Fabeln und Geschichten: Von der Arche Noah über mythische Tiere wie Pegasus bis zu den Bremer Stadtmusikanten. Einige Tiere scheinen Autorinnen und Autoren mehr inspiriert zu haben als andere. Hasen und Kaninchen findet man etwa bei "Alice im Wunderland", "Unten am Fluss" und "Bambi".
Auch Bären sind gerne gesehen: "Balu" in Kiplings "Dschungelbuch", "Pu, der Bär", der Marmeladenbrot-Liebhaber "Paddington" oder "Käpt’n Blaubär" von Walter Moers - um nur einige zu nennen.
Marc-Uwe Klings kommunistisches Känguru
Nur wenige Kängurus sind so berühmt wie das von Marc-Uwe Kling aus den Känguru-Chroniken.
"Ding-dong. Es klingelt. Ich gehe zur Tür, öffne und stehe einem Känguru gegenüber. Ich blinzele, gucke hinter mich, schaue die Treppe runter, dann die Treppe raus, gucke geradeaus. Das Känguru ist immer noch da. "Hallo", sagt das Känguru. "Hallo", sage ich. "Äh, ich bin gerade gegenüber eingezogen, wollte mir Eierkuchen backen und da ist mir aufgefallen, dass ich vergessen habe, Eier zu kaufen". Szene aus "Die Känguru-Chroniken"
Das kommunistische Känguru ist kommerziell sehr erfolgreich geworden. Die Bücher wurden mehrere Millionen Mal verkauft. Vom Erfolg der Hörbuchfassung ganz zu schweigen.
"Wer mit einem Känguru befreundet ist, hat wahrscheinlich auch eine Giraffe als Nachbarn. Oder war es ein Pinguin? Ach verdammt, ich kann mir diese Sprüche immer so verdammt schlecht merken. Oscar Wilde" Zitat aus "Die Känguru-Chroniken"
Wilhelm Busch: Wegbereiter des Comics
Tiere funktionieren in der Literatur ganz besonders gut in Verbindung mit einer bildlichen Abbildung. Wie die zahlreichen Walt-Disney-Zeichentrickfilme berühmter Bücher zeigen. Einer der Vorreiter dieser Form war sicher Wilhelm Busch. Er erfand nicht nur den Affen Fipps und die frechen Hunde Plisch und Plum, sondern auch einen Unglücksraben:
((…) Jetzt aber naht sich das Malheur,
Denn dies Getränke ist Likör.
Es duftet süß.-Hans Huckebein
Taucht seinen Schnabel froh hinein.
Und lässt mit stillvergnügten Sinnen
Den ersten Schluck hinunterrinnen. (…))
"Hans Huckebein - Der Unglücksrabe"
Busch ebnete so den Weg für viele nachfolgende Comic-Tiere: Struppi, Garfield, Donald Duck und all die anderen.
"Farm der Tiere" und "Moby Dick": Klassiker der Weltliteratur
Dass Bücher mit oder über Tiere aber nicht nur Kindern vorbehalten sind, sondern auch zu Klassikern der Weltliteratur werden können, zeigen George Orwells "Farm der Tiere", Selma Lagerlöfs "Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson" und das wahrscheinlich größte literarische Tier:
"Da bläst er. Da bläst er. Ein Buckel wie ein Schneeberg. Er ist es - Moby Dick. Der Ruf wurde von den drei Männern in den Toppen fast gleichzeitig aufgenommen. Die Leute unten stürzten zu den Banden, um den berüchtigten Wal zu sehen, hinter dem sie so lange her gewesen waren."
"Moby Dick" - der weiße Pottwal, der fanatisch von Kapitän Ahab gejagt wird. Der Roman von Herman Melville gelangte erst nach dem Tod seines Autors zu Ruhm und diente als Vorlage für zahlreiche Hörspiele und Filme - darunter auch die legendäre Verfilmung mit Gregory Peck von 1956. Auch mehrere Metal-Bands ließen sich von "Moby Dick" inspirieren, und es wurde auch eine Oper über den weißen Wal geschrieben:
Es gibt unzählige Tiere in der Literatur: große, kleine, wilde, zahme, sprechende… Mit Fell, Federn oder Schuppen - wer sucht, findet garantiert ein literarisches Lieblingstier. Das wahrscheinlich exotischste literarische Tier kriecht durch Max Kruses Kinderbuch-Klassiker "Urmel aus dem Eis": Wawa - ein Waran mit Sprachfehler, der in einer Muschel lebt.