"Landleben": Kurzweiliger und kritischer Roman über Stadtflucht
Nina Polaks "Landleben" nimmt die Sehnsucht der Städter nach der Natur humorvoll aufs Korn. Ein scharfsinniger Roman über das Streben nach einem einfacheren Leben.
Ihren ersten Roman wollte die 1986 im niederländischen Haarlem geborene Nina Polak schon vor dem 18. Geburtstag schreiben. Sie hat damals auch mit der Arbeit daran begonnen, ihr Frühwerk dann aber doch keinem Verlag angeboten. Jetzt erscheint bei mare nach dem Roman "Zuhause ist ein großes Wort" ihr zweites Buch. Es hat den Titel "Landleben". Hier nimmt sie virtuos die Sehnsucht mancher Städter nach dem Leben in der Natur auf die Schippe.
Die Erkenntnis, dass Mist stinkt
Rivka und Esse heißen die beiden Frauen, die ein neues schönes Leben gemeinsam auf dem Land beginnen wollen. Schon während der ersten Zeit nach dem Kauf eines schmucken Häuschens mitten in der Landschaft stellt sich heraus, dass Mist stinkt, das Wetter sich oft widrig zeigt und noch dazu ein Pilgerweg direkt über ihr Grundstück führt. Also sind unentwegt fremde Wanderer dort zu erwarten. Rivka ist schockiert.
"Esse, wir haben uns ein Haus am Pieterpad gekauft." Es sollte eine ernste Mitteilung werden, aber als sie die Worte aus ihrem eigenen Mund hört und Esses perplex-belustigtes Gesicht sah, brachen sie beide in Lachen aus. Wenn sie von Esse eins gelernt hatte, dann war es das: den unablässigen Strom an Beschwerden, die nun einmal in ihr aufbrodelten, ab und zu mit etwas Abstand zu betrachten. Erblich war sie mit einer Karawane von Kümmernissen belastet, die sie ein Leben lang begleiten würde, aber dank Esse konnte sie inzwischen mehr Milde dafür aufbringen und dem ganzen Chaos ab und zu auch etwas Komisches abgewinnen. Leseprobe
Störfaktor Perfektion - oder: die Rivalin
Es ist eine glückliche Beziehung zwischen den beiden hier auf dem Lande, mit Marmeladengläsern am Straßenrand und freundlichen Nachbarn. Aber das Idyll wird gestört durch eine Frau, die in jeder Hinsicht perfekt wirkt: Schön, erfolgreich und gut integriert in das Dorfleben.
Sie ist Imkerin, Psychiaterin und als Autorin von Bestseller-Ratgebern etwa zum Thema Angst regelmäßig in Talkshows zu sehen. Rivka schreibt eher literarische Bücher, die nicht so leicht verkäuflich sind. Für sie ist Eva Alta ein rotes Tuch, Anlass für Verärgerung:
Man nahm irgendeine Geschichte - beziehungsweise hochfrisierte Meinung -, brachte sie so zu Papier, dass eine Botschaft heraussprang, die gleichermaßen hochtrabend wie leicht verdaulich war, und ließ diese Botschaft dann zwischen zwei Buchdeckel gebunden zu Tausenden über den Ladentisch wandern, als Fast Food für eine Öffentlichkeit, die nach Sinn lechzte, nach einem Weltbild, aber zu faul war, um wirklich mal ein Buch zu lesen, eines, das einem Aufmerksamkeit und Mitdenken abverlangte. Leseprobe
"Landleben": Souverän, komisch und empathisch
Eva Alta hat offenkundig bald ein Auge auf Rivkas geliebte Esse geworfen und die Beziehung bekommt Risse. Diese Geschichte ist so alt wie die Menschheit. Sie heißt: Stress unter Leuten, die sich lieben. Wie Nina Polak sie allerdings erzählt, ist souverän, voller Komik, anteilnehmend und doch kühl in der Forderung, dass die Personen in diesem Drama sich nach Schicksalsschlägen auch wieder berappeln sollten. Es vermittelt einen beherzten Zugriff auf die Herausforderungen des Lebens.
Die Übersetzung läßt an manchen Stellen das Original durchschimmern. Etwa wenn jemand raus "auf" den See schwimmt, "Fleischkroketten" isst oder der Plural von Kohl hier "Kohle" heißt und nicht Kohlköpfe. Möge gedeihen, was hier auf den Feldern, Äckern und Beeten wächst und dieser hinreißend geschriebene Roman viele Leserinnen und Leser finden.
Landleben
- Seitenzahl:
- 256 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Übersetzt von Stefanie Ochel
- Verlag:
- Mare Verlag
- Veröffentlichungsdatum:
- 20. März 2025
- Bestellnummer:
- 978-3-86648-690-4
- Preis:
- 24 €
Schlagwörter zu diesem Artikel
Romane
