"Schreiben ist mein Zuhause": Autorin Caroline Wahl im Gespräch
Nach dem Roman "22 Bahnen" hat Caroline Wahl dieses Jahr einen Fortsetzungsroman geschrieben: "Windstärke 17". Sie schreibt auch hin und wieder mal in ein Tagebuch. Auf die Idee hat sie die Schriftstellerin Elke Heidenreich gebracht. Wie es dazu kam, erzählt die junge Autorin im Interview.
Mit zwei Romanen ist sie furios ins Schriftstellerinnenleben gestartet: Im vergangenen Jahr erschien "22 Bahnen", das Buch wurde gleich ein Bestseller, eine Verfilmung ist in Planung. Diesen Mai folgte dann "Windstärke 17" - wieder vom Feuilleton hochgelobt. Caroline Wahl, noch keine 30 Jahre alt, 1995 in Mainz geboren, in der Nähe von Heidelberg aufgewachsen, lebt heute in Rostock. Selbstbewusst steht sie zu ihrem Erfolg: "Ich finde diese Bescheidenheit, die immer erwartet wird von uns jungen SchriftstellerInnen doof", sagt Wahl. Preisgekrönt ist die Autorin bereits mit vielen Auszeichnungen. Den Erfolg will sie genießen, und der Gedanke, den "Deutschen Buchpreis" auch noch zu bekommen, das würde sie nicht nur freuen, sondern das könnte sie sich mit einem Augenzwinkern auch durchaus vorstellen. Vom Umgang mit Erfolg, vom Schreiben im Wohnwagen, von knallbunten Farben und ihrer Lieblingsfarbe Pink erzählt Caroline Wahl in NDR Kultur à la carte. Einen Auszug aus dem Gespräch lesen Sie hier.
Wie würden Sie den Satz fortsetzen: Schreiben ist für mich ...
Caroline Wahl: ... zu Hause. Das habe ich jetzt herausgefunden. Deswegen bin ich auch so dankbar. Ich war die letzten Jahre so umtriebig, bin immer umgezogen, habe eine Stelle gesucht, die zu mir passt. Beim Schreiben merke ich, dass ich ein Stück zu Hause gefunden habe, was ortsunabhängig ist. Das gibt mir ein Gefühl von einem gewissen Angekommen sein. Deswegen ist es sehr schön.
Schreiben Sie täglich?
Wahl: Das weiß man vorher nicht, dass da auch viel Organisations-Kram mitschwingt. Ich bin Schriftstellerin, aber ich schreibe auch viele Mails und muss viel organisieren. Zum Beispiel muss ich auch mal Interviews schriftlich beantworten. Dafür fällt viel Zeit weg. Aber ich versuche, jeden Tag ein bisschen was zu schreiben, zu konzipieren oder zu recherchieren.
Wie ist es mit Tagebuchschreiben? Ich bin über einen Instagram-Post gestolpert, wo Sie schreiben, dass Elke Heidenreich Sie gezwungen habe zu schreiben. Da habe ich mich gefragt, wie geht das?
Wahl: Sie hat mich nicht gezwungen. Wir hatten ein Interview zusammen, da ging es zuerst ums Signieren. Sie war ganz geschockt, weil ich mit einem langweiligen Kugelschreiber signiere, sie macht das immer mit einem Füller. Für sie ist das was Schöneres und Ernsteres. Dann sagte sie, dass sie jeden Abend mit ihrem Füller in ihr Tagebuch schreibt. Ich habe das früher gemacht, mache das aber jetzt nicht mehr, ich lasse das schleifen. Sie meinte, ich müsse das machen, das sei ganz wichtig. Die Gedanken, die man am Tag habe, könne man auch fürs Schreiben nutzen. Da dachte ich, ich kann das jetzt nicht nicht machen, wenn Sie mir das so ans Herz gelegt hat. Drei Tage später habe ich in Stuttgart ein kleines Büchlein von einer Lesung geschenkt bekommen. Das war ein Zeichen und dann habe ich wieder angefangen, aber auch wieder ein bisschen schleifen lassen. Ich möchte mich auch nicht so unter Druck setzen, dass man jeden Tag was reinschreibt. Aber ich habe es immer dabei.
Wenn Sie jetzt zurückdenken an das Tagebuchschreiben heute und das Tagebuchschreiben früher - das war wahrscheinlich anders, oder?
Wahl: Ja. Angefangen hat es wirklich, dass man erzählt, was in der Grundschule passiert ist, wer böse oder lieb war und was schön war. Jetzt ist es so, dass das Tagebuchschreiben Bezug zu meinem Schreiben hat. Ich schreibe Sachen rein, die mir gerade für mein Buch einfallen oder Beobachtungen, bei denen man das Gefühl hat, man möchte sie in Worte fassen. Es ist auf jeden Fall ein anderes Tagebuchschreiben, kein selbstbezogenes Schreiben, würde ich sagen.
Ist das Tagebuch dann auch geheim?
Wahl: Ja, es war auf jeden Fall geheim. Es war ein absolutes No-Go, wenn jemand reingeguckt hat. Ich glaube, meine Mutter hat sogar mal reingeschaut, da gab es einen riesigen Streit. Tagebuch ist was sehr Privates. Das finde ich auch jetzt noch. Das Tagebuch gehört nur einem selbst.
Das Gespräch führte Katja Weise.