Prinz Harrys Autobiografie "Spare": Wie reagieren die Briten?
Nachdem die pikantesten Details wegen des verfrühten Verkaufs von "Spare" in Spanien schon durchgesickert sind und Harry mehrere TV-Interviews gegeben hat, zeigen sich viele Briten empört.
Seit Dienstag ist die Autobiografie von Prinz Harry, offiziell in den britischen Buchhandlungen zu kaufen. Einige Bahnhofs- und Flughafen-Buchhandlungen in London hatten extra eine Stunde länger geöffnet, damit die Ungeduldigen sich ihr Exemplar von Harrys Autobiografie schon um Mitternacht sichern konnten.
Wie am Dienstagabend bekannt wurde, ist es nach Angaben des Verlages Penguin Random House in Großbritannien bereits das am meistverkaufte Sachbuch aller Zeiten. Es wurde im Vereinigten Königreich allein mehr als 400.000 Mal in gedruckter oder digitaler Form sowie als Audiobook verkauft.
Obwohl viele pikante Details schon vorab durchsickerten, steht das Buch ganz oben auf der Liste der Vorbestellungen: "Ich will das Buch jetzt unbedingt lesen und habe alle Sympathien für die beiden", so die Meinung eines Harry-Fans.
Viele Briten finden Harrys Aussagen peinlich und lächerlich
Doch das sehen längst nicht alle Briten so. Als Harry am Sonntagabend beim Fernsehsender ITV seine Vorwürfe gegen den Palast wiederholte, seine eigene Familie, vor allem sein Bruder William und Stiefmutter Camilla hätten die Presse mit negativen Geschichten über ihn und seine Frau Meghan gefüttert, waren die Einschaltquoten beim parallel laufenden Krimi in der BBC deutlich höher. Bei Twitter überwiegen hämische Kommentare. "Harry hat die britische Monarchie in eine Seifenoper wie die Kardashians verwandelt, das ist so peinlich." heißt es da. Und: "Wir mussten während des Interviews die Pausetaste drücken, um uns auszuschütten vor Lachen, als Harry sagte, die Versöhnungsgespräche mit seiner Familie könnten nur im Privaten geführt werden."
Autobiografie "Reserve": Harry kennt offenbar keine Ironie
Quintessenz: Harry kennt offenbar keine Ironie. Passanten in Windsor meinen, Harry plaudere in dem Buch viel zu viele intime Dinge aus, die man lieber nicht gewusst hätte: "Hätte er für sich behalten sollen. Muss nicht das ganze Land, die ganze Welt wissen." Erster Sex mit siebzehn im Feld hinter der Kneipe, angefrorene Genitalien nach Antarktis-Expedition, Drogenexperimente und niedergeschlagen vom eigenen Bruder.
Journalist Tom Bower, Autor des Buchs "Revenge" über den Dauerkrach bei den Windsors, und nicht gerade im Team Harry verortet, ist schockiert und liegt damit ganz auf der Linie der britischen Boulevardpresse: "Das ist heuchlerisch, zügellos, unehrlich von Harry. Er ist eine Schande. Wir können froh sein, dass er nur der Ersatz war und nicht der Thronfolger, er wäre ein furchtbarer König." In den Zeitungen ist zu lesen, hinter den Palastmauern sei man erschüttert angesichts der Ereignisse.
Familienkrise oder Krise der Monarchie?
Darüber hinaus hüllt der Palast sich in huldvolles Schweigen, die beste Strategie, meint Verfassungsrechtler Robert Hazell: "Es gibt gar keinen Grund für das Königshaus, auf diese Vorwürfe einzugehen. Es wäre eher gefährlich, sich in eine 'Aussage gegen Aussage'-Auseinandersetzung zu begeben. Die Königsfamilie hat Interesse an der Zustimmung für sie als Institution. Das ist zu trennen von den Befindlichkeiten einzelner Familienmitglieder. Sie hat schon viele Krisen überstanden - und das hier ist eine Familienkrise, keine Krise der Monarchie."
Entzauberung der Monarchie hat stattgefunden
Andere sind weniger optimistisch, dass die Anwürfe und Nähkästchen-Plaudereien einfach an der Monarchie vorbeirauschen, zumal König Charles erst seit ein paar Monaten im Amt ist. Russell Myers, Royal Editor des Daily Mirror: "Sie müssen die Dinge angehen und zwar schnell. Der Vorhang ist hochgegangen, alles ist öffentlich, die Entzauberung hat stattgefunden. Die Öffentlichkeit muss ihr Verhältnis zur Monarchie neu justieren. Und der Spuk ist nicht vorbei. Solange sie damit Geld verdienen können, werden Meghan und Harry weitermachen", befürchtet Myers. Gesprächsstoff bieten Harrys Memoiren in jedem Fall und bleiben letztlich ein Angriff auf die Monarchie.