Mann mit Kopfhörern © picture alliance / Andreas Berheide/Shotshop | Andreas Berheide Foto: Andreas Berheide
Mann mit Kopfhörern © picture alliance / Andreas Berheide/Shotshop | Andreas Berheide Foto: Andreas Berheide
Mann mit Kopfhörern © picture alliance / Andreas Berheide/Shotshop | Andreas Berheide Foto: Andreas Berheide
AUDIO: Top oder Flop? KI-Stimmen in der Hörbuchproduktion (3 Min)

Menschlicher Sprecher überflüssig? KI-Stimmen in der Hörbuchproduktion

Stand: 05.11.2024 10:54 Uhr

In nahezu allen künstlerischen Bereichen ist die Unruhe und Sorge vor dem Einsatz von KI groß - auch unter den Hörbuchsprechern. Ist die Sorge berechtigt? Eine Momentaufnahme.

von Stefanie Wittgenstein

Eine künstlichen Stimme liest ein Hörbuch vor. Klingt eigentlich schon ganz schön gut, denkt sich so mancher. Gar nicht mehr so abgehackt und monoton wie die früheren Computerstimmen. Beim längeren Hören merkt man zumindest im Moment noch: Das hat kein echter Mensch vorgelesen - kein professioneller Hörbuchsprecher, wie zum Beispiel Uve Teschner. Das ist eine ganz andere Liga.

Hörbuchsprecher wie er können mit ihrer Stimme unzählige Gefühle wiedergeben - die KI noch nicht. Aber was wird noch möglich sein? In die Glaskugel gucken kann niemand. Und deswegen ist die Unruhe in der Branche groß, sagt Uve Teschner: "Mir begegnet das Thema KI natürlich im Kollegenkreis öfter - vor allem im Synchron. Da sind auch die Sorgen groß, dass wir mal an den Punkt kommen, dass immer weniger echte Stimmen eingesetzt werden." Wenn zum Beispiel die Originalstimme von Dustin Hoffmann durch KI ins Deutsche umgewandelt und dann statt eines deutschen Synchronsprechers eingesetzt werden könnte. "Kollegen haben davon berichtet, dass es durchaus bei der einen oder anderen Doku vorgekommen ist, dass eine künstliche Stimme verwendet wurde", erzählt Teschner.

Weitere Informationen
Die Kombo zeigt den britischen Schauspieler Rowan Atkinson - alias Mr. Bean - (l., Archivfoto vom 26.03.2007) und seinen deutschen Kollegen sowie dessen Synchronstimme Lutz Mackensy (Archivfoto vom 05.12.2003). © picture-alliance/ dpa Foto: Peter Franken/Wolfgang Langenstrassen

Der Zauber der Synchronisation - eine Zeitreise

Synchronstimmen in Filmen und Serien sind mittlerweile selbstverständlich. Die Geschichte dahin ist bewegter, als man meinen würde. mehr

KI bei Hörbüchern im Nachteil

Für den Hörbuchmarkt ist eine solche Entwicklung im Moment nicht zu erkennen - zumindest nicht in Deutschland, sagt Colin Hauer, Geschäftsführer von Hörbuch Hamburg: "Das Schöne ist, dass wir in Deutschland auf so eine lange Tradition des gesprochenen Wortes zurückblicken können. Wir haben eine sehr diverse Radiolandschaft und wir haben eine Hörspielbegeisterung, wie es sie nirgendwo auf der Welt gibt."

Unser Anspruch sei hoch und wir haben eine riesige Auswahl. Andere Länder hätten bei weitem nicht die Menge an Hörbüchern - also helfe man dort jetzt mit KI nach, erklärt Hauer: "Die Texte, die ich da bislang gehört habe, die haben mich jetzt in der Länge nicht überzeugt, das muss ich ganz klar sagen." Künstlich erzeugte Stimmen hätten sicher ihre Berechtigungen, sagt der Chef von Hörbuch Hamburg. Bei Sachtexten oder im medizinischen Bereich, wo Menschen ihre eigene Stimme verloren hätten. Bei Hörbüchern sieht er die KI aber deutlich im Nachteil: "Eine Sache, die KI ganz klar nicht kann, ist, Geschichten so zum Leben zu erwecken, wie das eine menschliche Stimme kann und ein ausgebildeter Sprecher. Also gerade dieses Reindenken in den Text, das Verstehen, das Interpretieren, dass man eigene Gefühle hineinbringt und dem ganzen Text auch eine Seele verleiht."

Weitere Informationen
Die Autorin Alina Bronsky © Christine Fenzl

Fabian Busch liest "Pi mal Daumen" von Alina Bronsky

"Pi mal Daumen" ist ein raffinierter, tragikomischer Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft, leichtfüßig und mit Humor erzählt. mehr

KI kann vieles, aber bisher keine Sprecher ersetzen

KI könne sicher manchen Arbeitsprozess in Zukunft vereinfachen, aber auf absehbare Zeit keine Sprecherinnen und Sprecher ersetzen, da sei sich der Hamburger Verlag seiner Tradition und auch Verantwortung bewusst. Das sei erstmal gut zu hören, sagt Uve Teschner. "Insofern wäre mein Aufruf an die Kollegen und Kolleginnen, die das vielleicht auch negativer sehen als ich, mit dafür Sorge zu tragen, dass eine Regelung vom Europäischen Gerichtshof oder durch eine Kommission entwickelt wird, mit der es möglich ist, KI einzusetzen, aber Sorge zu tragen, dass wir nicht die Sachen hergeben, die wir lieben und die uns als Menschen ausmachen", meint der Sprecher abschließend.

Weitere Informationen
Die Schriftstellerin Nina George © Helmut Henkensiefken/FinePic München Foto: Helmut Henkensiefken

Bestsellerautorin Nina George: "KI beruht auf Diebstahl"

Im Gespräch warnt eine von Deutschlands international erfolgreichsten Autorinnen vor dem Verlust der Freiheit durch Künstliche Intelligenz. mehr

Ein Mund, vor dem graphische Zeichen schweben © Screenshot NDR
6 Min

Zukunft der Kino-Branche - Werden Synchronsprecher durch KI ersetzt?

Die Einführung von "Künstlicher Intelligenz" könnte in verschiedenen Branchen ganze Berufsgruppen überflüssig machen. Zwei Synchronsprecherinnen bangen um ihre Zukunft. 6 Min

Ein Mann mit Brille spricht in ein Studio-Mikrofon - Der Schauspieler und Synchronsprecher Sascha Rotermund im Studio von NDR Kultur © NDR

Cumberbatch-Synchronsprecher Sascha Rotermund über den Drachen Smaug

Der Synchronsprecher erzählt von der Bedeutung der Stimme, spricht über Smaug und Benedict Cumberbatch - und wie es ist, als Synchronsprecher erkannt zu werden. mehr

Susanne Sternberg © picture alliance / AAPimages / Timm

Susanne Sternberg - Die "Stranger Things"-Übersetzerin aus Quickborn

Susanne Sternberg ist Schauspielerin, Synchronsprecherin und Dialogbuchautorin. Im Interview erzählt sie, wie sie den "Stranger Things"-Job bekommen hat. mehr

Sascha Rotermund © picture alliance / ZB | Britta Pedersen Foto: Britta Pedersen
26 Min

"Die Stimme hat verschiedene Temperaturen": Sascha Rotermund im Gespräch

Schauspieler Sascha Rotermund über die Stimme als Beruf und über die Sinnlichkeit, sich ausschließlich aufs Hören zu konzentrieren. 26 Min

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Kulturjournal | 05.11.2024 | 19:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Romane

Ein Latte Macchiato, eine Brille und eine Kerze liegen auf einem Buch © picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

Neue Bücher 2024: Die interessantesten Neuerscheinungen

Unter anderem gibt es Neues von Martina Hefter, Frank Schätzing, Markus Thielemann, Isabel Bogdan oder Lucy Fricke. mehr

Logo vom NDR Kultur Podcast "eat.READ.sleep" © NDR Foto: Sinje Hasheider

eat.READ.sleep. Bücher für dich

Lieblingsbücher, Neuerscheinungen, Bestseller – wir geben Tipps und Orientierung. Außerdem: Interviews mit Büchermenschen, Fun Facts und eine literarische Vorspeise. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur sucht Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Mohammad Rasoulof © Screenshot

Europäischer Filmpreis: Rasoulof, Eidinger und Rogowski nominiert

Das in Hamburg produzierte Drama "Die Saat des Heiligen Feigenbaums" von Mohammad Rasoulof ist als bester Film nominiert. Eidinger und Rogowski haben Chancen als bester Schauspieler. mehr