Deutscher Buchpreis: Das waren die Bücher auf der Shortlist
Im Frankfurter Römer ist am 16. Oktober der Deutsche Buchpreis an Tonio Schachinger verliehen worden. Nominiert waren auch Terezia Mora, Necati Öziri, Anne Rabe, Sylvie Schenk und Ulrike Sterblich.
Sechs Romane standen auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Der Preis ging an Tonio Schachinger Worum geht es in den nominierten Werken?
Terézia Mora: "Muna oder die Hälfte des Lebens"
In "Muna oder die Hälfte des Lebens" schreibt Terézia Mora aus der Ich-Perspektive. Ihre Erzählerin heißt Muna, zu Beginn des Romans ist sie 17 Jahre alt und begegnet dem älteren Magnus. Jahre später treffen sich Muna und Magnus wieder und werden ein Paar. Doch die Beziehung, die die beiden führen, ist toxisch. Immer wieder wird der Ich-Erzählerin Gewalt von ihrem Partner angetan. Terézia Mora lässt die Lesenden hautnah an Munas Gefühls - und Gedankenwelt teilhaben. Ein Buch, das nachhallt, meint die Jury für den Deutschen Buchpreis.
Necati Öziri: "Vatermal"
Arda, Sohn türkischer Einwanderer, wird sterben, denn er leidet an einer Autoimmunerkrankung. Im Krankenhaus schreibt er Briefe an seinen Vater, den er nie kennengelernt hat. Er lässt sein Leben Revue passieren und beschreibt, wie es war, ohne Vater aufzuwachsen, unter schwierigen sozialen Umständen; allein mit Mutter und Schwester, in einem Alltag voller Rassismus. "Vatermal" ist Necati Öziris Romandebüt. Gelobt wird von der Jury für den Deutschen Buchpreis der besondere Erzähl-Sound des Buchs: "Wütend, schlagfertig, witzig und zart".
Anne Rabe: "Die Möglichkeit von Glück"
"Die Möglichkeit von Glück" ist Anne Rabes erster Roman und autofiktional erzählt. Wie ihre Hauptfigur Stine ist Anne Rabe 1986 in Wismar geboren. Erinnerungen an ihre ersten drei Lebensjahre in der DDR hat Stine nicht mehr. Aber sie und ihr Bruder erleben hautnah, was die DDR und die Wende in ihrer Familie angerichtet haben. Und Stine stellt viele Fragen, auf die ihre Angehörigen mit Schweigen reagieren, sodass sie schließlich selbst beginnt, die Familiengeschichte auszuarbeiten. Eine hochemotionale Familiengeschichte und eine scharfe Analyse.
Tonio Schachinger: "Echtzeitalter"
Der Schauplatz von "Echtzeitalter" ist ein elitäres, österreichisches Internat. Hier geht Till zur Schule. Er kann mit seinem snobistischen Umfeld und den verknöcherten Strukturen nichts anfangen. Viel lieber möchte er Profi-Gamer werden. Nach dem Tod seines Vaters findet er Zuflucht im Spiel "Age of Empires" und gehört bald zu den besten Spielern weltweit. Kurz vor dem Abschluss kommt dann aber doch noch einmal alles anders. "Stilistisch brillant" findet die Jury des Deutschen Buchpreises Tonio Schachingers "Coming-of-age"-Roman.
Sylvie Schenk: "Maman"
"Maman" ist eine autofiktionale Spurensuche. Sylvie Schenk, geboren in Frankreich, aber seit Jahrzehnten in Deutschland lebend, versucht das Leben und die Traumata ihrer Mutter zu rekonstruieren. Ihre Großmutter starb bei der Geburt der Mutter, sie selbst wurde als Kind weitgehend sich selbst überlassen. Sylvie Schenks Texte verbinden Fakten und Fiktion und erinnern oft an Annie Ernaux, mit dem Unterschied, dass Schenk oft an der Wahrheit zweifelt. "Ein stiller Text voller Wucht."
Ulrike Sterblich: "Drifter"
Wenzel und Killer sind die Hauptfiguren in dieser rasanten Geschichte. Der eine ist eher der Verlierer-Typ (Wenzel), der andere macht eine steile Karriere (Killer) und ist ein echter Draufgänger. Doch Killer hat einen Unfall, wird vom Blitz getroffen. Daraufhin verschiebt sich seine Wirklichkeit. Und dann gibt es da noch die rätselhafte Frau in dem goldenen Kleid, die Frohsinn und Partys ins Leben der Jungs bringt. "Drifter" hat eine gewisse Ziellosigkeit, die man aushalten muss, gleicht aber erzählerisch einer Konfetti-Kanone. "Eine meisterhafte Geschichte über das große Nichts."
Deutscher Buchpreis 2022 ging an Kim de l'Horizon
Im vergangenen Jahr bekam Kim de l'Horizon für "Blutbuch" den Deutschen Buchpreis. In dem Roman sucht eine non-binäre Person nach einer eigenen Sprache. Das Buch ist eine von Märchen inspirierte, in Nahaufnahmen realisierte Befragung der Kindheit, die die Erzählfigur Kim, mittlerweile erwachsen geworden und offen queer lebend, vornimmt.