TheaterGemeinde Hamburg: Seit 40 Jahren ein Herz für Kultur-Abos
Seit 1984 gibt es die TheaterGemeinde Hamburg. Dabei haben sich Kulturinteressierte zusammengeschlossen, um Abo-Konditionen für alle Theater und Orchester der Stadt zu ermöglichen.
Theater-Abos werden häufig eher als etwas veraltet und zu unflexibel abgetan. Dennoch freut sich die TheaterGemeinde Hamburg über 13.500 Mitglieder. Der gemeinnützige Verein verkauft in Bestzeiten um die 120.000 Tickets im Jahr - wodurch die Häuser Auslastung und Einnahmen generieren. Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer Josef Steinky.
Herr Steinky, warum sollte man Ihrer Meinung ein Abo für eine Kultureinrichtung haben?
Josef Steinky: Ich glaube, viele Menschen sind im Alltag sehr eingespannt. Dann verschiebt man die Entscheidung, ob man mal wieder ins Theater oder Konzert gehen möchte doch gerne. Gerade nach der Corona-Pandemie ist es oft so, dass man eher auf der Couch liegen bleibt. So ein Abonnement - das ist auch ein sanfter Druck. Ich höre das immer wieder von Abonnentinnen und Abonnenten, dass sie nichts machen würden, wenn sie dieses Abo nicht hätten.
Das ist für mich ein Argument: Wir machen etwas, wir zwingen uns selber auch ein bisschen dazu. Sie müssen ja nirgendwo hingehen, was ihnen keine Freunde macht. Ich höre das immer wieder, dass es etwas sehr Motivierendes hat. Außerdem glaube ich: Je länger man Abonnent ist, desto eher lässt man sich auch mal auf etwas Neues ein und schaut sich auch mal etwas anderes an. Dann geht man vielleicht mal nicht wie gewohnt in die Oper, sondern auch ins Tanztheater auf Kampnagel.
Was ist denn das Besondere an dem Abo der TheaterGemeinde?
Steinky: Unsere Abonnentinnen und Abonnenten sind in ihrem Abonnement nicht festgelegt auf ein Konzerthaus oder Theater, sondern sie können sich sehr viele Kultureinrichtungen in der ganzen Stadt vornehmen. Wir bieten an und unsere Abonnenten wählen selber aus - es gibt also keine festen Termine. Wir informieren sehr breit in einem monatlichen Magazin, da stellen wir vor, was Hamburg anbietet - auch redaktionell, nicht nur als Liste. Da lassen sich viele verführen, auch mal etwas neues auszuprobieren. Wir arbeiten auch eng mit der TheaterGemeinde Berlin zusammen - unsere Mitglieder können auch von den Angeboten dort profitieren, wenn sie mal Lust haben, in Berlin ins Theater zu gehen.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Kultureinrichtungen?
Steinky: Wir arbeiten im Prinzip mit allen Theatern, allen Häusern und allen Orchestern hier in der Stadt zusammen - und darüber hinaus im Musikbereich natürlich auch mit Ensembles, die zu Gast sind. Ohne eine sehr gute Zusammenarbeit wäre das alles nicht denkbar. Die TheaterGemeinde ist für ihre Abonnentinnen und Abonnenten da, aber im gleichen Maße auch für die Häuser der Stadt. Wir sind Mittler und wollen die Kunst ermöglichen und unterstützen. Gerade die Privattheater spiegeln uns häufig zurück, dass wir sehr wichtig für sie sind. Immerhin haben wir in unseren Bestzeiten um die 120.000 Tickets im Jahr verkauft, damit generieren die Häuser entsprechend Einnahmen und Auslastung.
Sie bieten verschiedene Abos an - aber können Sie wirklich gewährleisten, dass ich ein bestimmtes Theaterstück sehen kann?
Steinky: Es gibt natürlich immer Hypes - da sind bestimmte Inszenierungen dann wirklich ausverkauft, oder wenn es bestimmte Aufreger gibt. Die klingen in der Regel aber auch schnell wieder ab. Wir haben unsere Erfahrungen und können einschätzen, wie die Nachfrage sein wird - im Rahmen unserer Kontingente machen wir alles möglich. Darüber hinaus versuchen wir, wenn es größere Nachfragen gibt, neue Termine anzubieten oder nachzufragen, ob mehr möglich ist. Das funktioniert wiederum nur im Austausch mit den Kultureinrichtungen. Natürlich müssen wir aber auch manchmal passen - wir können keine Plätze dazu schnitzen, aber es gibt selten böses Blut.
Oftmals gelten Abos als nicht mehr zeitgemäß, weil sie zu unflexibel sind - wie entwickeln sich Ihre Abo-Zahlen?
Steinky: Ich kann das so nicht unterschreiben. Klar, ein Abonnement kauft man vielleicht nicht, wenn man 25 Jahre alt ist und noch studiert. Es ist eher etwas für eine gesetztere Zielgruppe, wenn die Kinder groß sind und der Hund nicht mehr so oft raus will. Wenn alles etwas entspannter geworden, man die Ruhe hat und auch weiß, dass man in der Stadt wohnen bleibt. Trotzdem glaube ich auch, dass alles was starr ist, kontraproduktiv ist.
Abonnement - das klingt auch erstmal danach, dass man sich festlegen muss und am Ende kommt man aus der "Abo-Falle" nicht mehr heraus. Genau das wollen wir nicht - bei uns muss man alles selber auswählen, das bringt wiederum den Nachteil mit sich, dass man sich selbst auch damit beschäftigen muss. Vor Corona hatten wir fast 17.000 Abonnenten - doch die Pandemie hat uns wie alle anderen Kulturanbieter der Stadt gebeutelt, wir sind jetzt bei 13.500 Mitgliedern. Es ist sehr schade, dass so viele nicht zurückgekommen sind. Trotzdem glaube ich nicht, dass flexible Abo-Modelle ein sterbendes Angebot sind.
Sie sind ein gemeinnütziger Verein. Was ist Ihre übergeordnete Motivation?
Steinky: Als die TheaterGemeinde vor 40 Jahren gegründet wurde, gab es so ein Angebot noch nicht - zunächst ging es also darum, überhaupt ein flexibles Abo-Modell anzubieten. Darüber hinaus sehen wir uns als Teil des Kulturangebotes der Stadt. Wenn die Abonnenten, die Häuser oder die Orchester dieser Stadt nichts mehr von uns wissen wollen, dann wären wir überflüssig. Es geht darum, Kultur zu ermöglichen und Menschen niedrigschwellig zu Kultur, zu Theatervorführungen, zu Konzerten - oder eben auch Museumsführungen, die wir manchmal anbieten, einzuladen.
Das Interview führte Anina Pommerenke.
Einschätzungen von Hamburger Theatern