Lina Beckmann: Schauspielerin mit gewaltiger Bühnenpräsenz
Seit 2013 ist Lina Beckmann am Hamburger Schauspielhaus und hat sich schnell in die Herzen des Publikums gespielt. Im April 2022 gab sie ihr Debüt als Melly Böwe beim Rostocker Polizeiruf 110.
Bereits dreimal ist sie schon von der Fachzeitschrift "Theater Heute" zur Schauspielerin des Jahres gekürt worden: 2011, damals noch als Ensemblemitglied am Schauspiel Köln, dann im August 2022 für ihre Darstellung in "Richard the Kid & the King" am Hamburger Schauspielhaus. Nur zwei Jahre später ist sie nun erneut als Schauspielerin des Jahres geadelt worden. Darauf reagiert sie demütig: "Ich bin demütig, dass es so gut läuft bei mir", sagt sie im Gespräch mit NDR Kultur.
Über die Hälfte der Kritiker von "Theater Heute" hatte Beckmann erneut zur Schauspielerin des Jahres gewählt. Diese überwältigende Mehrheit erspielte sie sich vor allem in der "Anthropolis"-Serie von Intendantin Karin Beier - allen voran mit dem Solo "Laios", wo sie als Erzählerin, Sphinx, Laios, Chrysippos, Iokaste, Pythia, thebanischer Bürgerchor und Ödipus auf der Bühne stand.
Lina Beckmann: Spiel mit Strahlkraft und Intensität
Besser als Eva Mattes kann man das, was die Schauspielerin Lina Beckmann ausmacht, kaum zusammenfassen: "Sie spricht mit dem Publikum, als wäre sie die Kassiererin in dem Laden um die Ecke, und gleichzeitig springt sie einen an mit ihrer Strahlkraft und Intensität." Nie wirkt sie abgehoben, immer ist sie ganz da und: Sie kann fast alles spielen. Den Fürsten Myschkin in Dostojewskis "Idiot", einen Roboter in der Ayckbourn-Komödie "Ab jetzt" oder zusammen mit Julia Wieninger das streitlustige Schwesternpaar in Ibsens "John Gabriel Borkman".
"Man lässt sich so sehr auf das ein, was man da gerade macht, und sucht so sehr darin, dass ich mir gar nicht so sehr Gedanken mache, was ich suche ich oder was mich interessiert", sagt Beckmann über ihre Arbeit. "Ich gehe einfach so aus Neugier auch an die Regie oder die Geschichte, an das ganze Stück heran. Dass das schönerweise dann so facettenreich ist, ist ja ein Riesengeschenk, was mir vom Theater da gemacht wird." Bescheiden ist Lina Beckmann also auch. Aber vielleicht lernt man das, wenn man mit vier Geschwistern aufwächst, von denen drei übrigens ebenfalls am Theater sind.
Lina Beckmanns Kindheit in der "Villa Kunterbunt"
Von ihrer Kindheit im Ruhrgebiet schwärmt die 1981 in Hagen geborene, große, rotblonde Schauspielerin immer wieder. Wild und kreativ sei es zugegangen in der "Villa Kunterbunt" der Familie. Die Schule hingegen war für Lina Beckmann ein notwendiges Übel. Wohl fühlte sie sich dort erst, als sie bei einer Schulaufführung spielen durfte: "Ich habe nie etwas gehabt, bei dem ein Lehrer oder ein Kollege oder was weiß ich wer gesagt hat: Du, das ist aber toll, das kannst du besonders gut. Oder dass ich in mir gemerkt habe: Oh, Mathematik flutscht aber! Wirklich nur beim Theaterspielen war es so, dass man auf einmal nicht die verträumte Suse da in der Ecke war, sondern etwas konnte, das man gut konnte, und was mir aber auch Spaß gemacht hat."
Und dieser Spaß überträgt sich. Das Spiel von Lina Beckmann zeichnet sich durch große Präsenz aus, selbst, wenn sie nicht im Zentrum des Geschehens steht. Als Sonja in Tschechows "Onkel Wanja" stiehlt sie Charly Hübner, der die Titelfigur spielt, fast die Schau. Die beiden sind oft zusammen auf der Bühne zu erleben, kein Wunder, sind sie doch auch privat ein Paar. Lina Beckmann genießt vor allem das gemeinsame Proben: "Das stärkt einen oft auch. Beim 'Idiot' war ich oft sehr erschöpft während der Vorstellung. Das ist so irrsinnig anstrengend. Wenn der kurz nur während der Pause mir den Rücken streichelt oder mir ein Wasser gibt, das ist irgendwie sehr schön."
Bauchspielerin mit direktem Zugang zu den Figuren
Auch in Karin Beiers Inszenierung "Schiff der Träume", haben sie zusammen gespielt. Als sprachlich überforderte Servicekraft As(ch)trid Kleist hat Lina Beckmann die Lacher von der ersten Minute an auf ihrer Seite. Lina Beckmann kann klein und ganz groß spielen; mit instinktsicher gesetzten Hasplern den Saal zum Lachen bringen oder - wie in Karin Beiers Eröffnungsmarathon "Die Rasenden" - zum Weinen, wenn sie ihren Schmerz über ein verlorenes Kind hinausschreit. Sie ist eine Bauchspielerin, mit einem direkten Zugang zu ihren Figuren. Stellt sich der mal nicht sofort ein, ist sie "über dieses Gefühl so wütend, dass ich so lange suche, bis ich etwas mit der Figur anfangen kann, weil ich es so schade fände, wenn mir das durch die Lappen geht. Aber das passiert natürlich immer wieder. Das ist auch Theater, dass man denkt, ich hab's nicht erwischt oder ich konnte nichts finden." Bisher hat sie jedoch, zum Glück, fast immer etwas gefunden.
Lina Beckmann: Neue Ermittlerin beim Rostocker Polizeiruf 110
Seit April 2022 hatBeckmann auch eine Rolle im Rostocker Polizeiruf 110. Sie tritt in die Fußstapfen von Charly Hübner, der fast zwölf Jahre lang in 24 Folgen Kommissar Bukow gespielt hat, und spielt künftig die Rolle der Ermittlerin Melly Böwe. Fortan wird diese gemeinsam mit Katrin König (Anneke Kim Sarnau) ermitteln. "Ich bin sehr aufgeregt und so irrsinnig gespannt auf diese Aufgabe!! Als man mich fragte, war ich schon überrascht und vielleicht auch etwas erschrocken, aber ich freue mich riesig", sagte Beckmann über ihre neue Fernsehrolle. Ihren ersten Fall haben Böwe und König in "Seine Familie kann man sich nicht aussuchen" gelöst.