Berliner Theatertreffen: Lina Beckmanns "Laios"-Solo im Programm
Bis zum 20. Mai werden beim Berliner Theatertreffen zehn "bemerkenswerte Inszenierungen" der deutschsprachigen Theaterszene präsentiert. Auch das Deutsche Schauspielhaus ist mit Lina Beckmann und "Laios" vertreten.
Es kommt nicht oft vor, dass, wie in diesem Jahr, vergleichsweise wenige kritische Stimmen zu hören sind, wenn die Liste der zehn "bemerkenswertesten Inszenierungen" vorgestellt wird; da verhält es sich nicht anders als etwa mit den Nominierungen für den Deutschen Buchpreis: Diskussionen immer inbegriffen.
Ist das also ein Manko? Die Hamburger Kritikerin Katrin Ullmann war zum dritten Mal in der siebenköpfigen Jury, die über die Auswahl entscheidet, und findet: "Es ist schon wirklich großes Schauspieler*innen-Theater. Was ich im Vorjahr vermisst habe, was dieses Jahr absolut stark wieder präsent ist und zu sehen ist. Und auch dieser Moment des Geschichtenerzählens ... es ist keine Neuerfindung des Theaters, was sich da jetzt zeigt, aber es sind die Sachen, die das Theater auch tragen, die uns Spaß und Lust darauf machen."
Theatertreffen mit Lina Beckmann: Einladung war erwartbar
Lina Beckmann erzählt in dem großartigen Solo "Laios", Teil 2 der am Hamburger Schauspielhaus herausgekommenen Antikenserie, von dem Vater des Ödipus. Diese Inszenierung von Karin Beier einzuladen, so Ullmann, sei für sie zwingend gewesen: "Ich habe den Abend mittlerweile zweimal gesehen und bin immer wieder aufs Neue verblüfft, wie vielschichtig der in Text und Spiel ist - dabei ist doch nur eine Person auf der Bühne, und es wird auch nur diese eine Geschichte erzählt. Den finde ich wirklich total herausragend." Die Inszenierung können Sie in der Mediathek des Berliner Theatertreffens auch sehen.
Die Einladung war erwartbar, ebenso wie die für Ulrich Rasche, Yael Ronen oder Johan Simons, alle gehören zu den gern gesehenen Gästen in Berlin. Simons zeigt dieses Mal einen bemerkenswerten "Macbeth" mit nur einer Schauspielerin und zwei Schauspielern, einer von ihnen ist Jens Harzer.
Frauenquote: Männer ziehen ein bisschen den Kürzeren
Anders als die Bühnen selbst, hat das Theatertreffen 2020 eine Frauenquote eingeführt und gerade bis 2025 verlängert: Die Hälfte der eingeladenen Inszenierungen müssen von Frauen stammen. Kein Problem, sagt Katrin Ullmann, ein ungewöhnlich starker Jahrgang sei das gewesen - nach dem Ende der Corona-Krise und dem viel diskutierten Publikumsschwund, aber: An den Häusern inszenieren immer noch mehr Regisseure als Regisseurinnen.
Die Hamburger Kritikerin findet: "Ich würde schon sagen, die Männer ziehen ein bisschen den Kürzeren, für sie gibt es einfach maximal fünf Positionen, insofern ist da im Moment das Nadelöhr enger für diese fünf männlichen Regie-Positionen - umgekehrt für die Frauen geöffneter. Aber letztlich, finde ich, geht es um die Sichtbarkeit, und die wird hergestellt durch die Quote. Dann tritt eben eine Arbeit, die ähnlich stark ist, von der männlichen Regie-Position, zurück. So ist es nun mal, es gibt nirgendwo Gerechtigkeit."
Theaterhaus Jena zeigt "Die Hundekot-Attacke" in Berlin
Geladen sind neben Yael Ronen und Karin Beier, Jette Steckel, Gisèle Vienne und Rieke Süskow. Süskow, 1990 in Berlin geboren, ist bereits zum zweiten Mal dabei, jetzt mit einer Wirtshausgroteske von Werner Schwab. Zum ersten Mal nach Berlin reisen darf das Kollektiv Wunderbaum. Es hat am Theaterhaus Jena "Die Hundekot-Attacke" herausgebracht. Es ist das Stück zum Skandal um Hannovers geschassten Ballettchef Marco Goecke.
Katrin Ullmann ist nach Jena gefahren, das musste sie einfach sehen: "Natürlich denkt man, wenn man die Auswahl sieht: Aha, jetzt auch noch die Ost-Quote erfüllt, auch noch ein kleines Haus, aber der Abend ist wirklich großartig."