Der Kampf um die Hafenstraße in der Chronologie
Brennende Barrikaden, fliegende Molotow-Cocktails und Großeinsätze der Polizei: Die Hamburger Hafenstraße auf St. Pauli stand mit ihren Hausbesetzern fast 15 Jahre lang für den Widerstand gegen den Staat.
Was mit einer Besetzung in der Hafenstraße begann, entwickelte sich in den 1980er- und 1990-Jahren zu einem Politikum ersten Ranges mit hohem Symbolwert auch über Hamburgs Grenzen hinaus. Hausbesetzer wollten sich ihren Wohnraum sichern und griffen schließlich auch zu Gewalt. Erst 1995 konnte der Konflikt beigelegt werden. Eine Chronologie:
September/Oktober 1981: Jugendliche besetzen zunächst unbemerkt zwölf teilweise leer stehende Häuser in der Hafenstraße, die der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA gehören. Zuvor hatte die Stadt beschlossen, die maroden Altbauten abzureißen und die Fläche für profitablere Zwecke zu nutzen.
Frühjahr 1982: Die SAGA bemerkt die Besetzungen, es kommt zu ersten Auseinandersetzungen.
Juli 1982: In zwei der besetzten Häuser bricht Feuer aus, die Polizei geht von Brandstiftung aus.
27. September 1982: Erste polizeiliche Hausdurchsuchungen führen zu drei Festnahmen.
28. Oktober 1982: Die erste Hafenstraßen Demo zum Erhalt der Gebäude zieht durch Hamburg.
Ende 1982: In Verhandlungen zwischen Besetzern und dem Hamburger Senat wird eine "Winterfestmachung" der Gebäude zugesichert.
November 1983: Es werden dreijährige Mietverträge zwischen den Bewohnern und der SAGA abgeschlossen. "Die Bewohner kamen und unterschrieben den Vertrag mit 'B. Setzer' - und niemand hat's gemerkt", sagt der damalige Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) später.
Januar 1985: Anwohner errichten Barrikaden und setzen diese in Brand, um ihre Solidarität mit den RAF-Gefangenen zu demonstrieren.
Oktober 1985: Der Chef des Hamburger Verfassungsschutzes, Christian Lochte, behauptet, in der Hafenstraße hätten sich der RAF nahestehende Frauen versteckt.
20. Dezember 1986: Kurz vor Auslaufen der Mietverträge gehen 12.000 Menschen für den Erhalt der Gebäude auf die Straße. "Solidarität mit der Hafenstraße. Keine Räumung, kein Abriss. Schluss mit dem Polizeiterror", lautet die Parole. Im Zuge der Proteste kommt es zu massiven AUsschreitungen.
November 1987: Der Senat erklärt die Vertragsverhandlungen für gescheitert, erneut steht die Räumung bevor und die Lage droht zu eskalieren. Bürgermeister von Dohnanyi bürgt mit seinem Amt für die Durchsetzung eines neuen Pachtvertrags, sofern die Bewohner die Barrikaden binnen weniger Stunden beseitigen. Tausende Hamburger entfernen die Befestigungen und es kommt schließlich zur Unterzeichnung eines mühsam ausgehandelten Mietvertrags.
Mai 1988: Von Dohnanyi tritt überraschend zurück. Er begründet den Schritt mit der langen Zeit seiner politischen Aktivität - aber auch innerparteiliche Differenzen und die Diskrepanz zwischen dem politisch Wünschenswerten und Durchsetzbaren spielten bei seiner Entscheidung offenbar eine Rolle. Von Dohnanyis Nachfolger wird Henning Voscherau (SPD). Der Hafenstraßen-Kritiker will sich zunächst nicht von den Bewohnern provozieren lassen.
April 1993: Das Hamburgische Oberlandesgericht erklärt den Pachtvertrag wegen angeblicher Verfehlungen der Bewohner für gekündigt.
Februar 1994: Voscherau macht eine überraschende Kehrtwende: Er bietet den Hafenstraßen-Bewohnern an, auf Räumung und Abriss zu verzichten, wenn sie die Bebauung von angrenzenden Freiflächen akzeptieren.
April 1994: Ohne große Proteste beginnt der Bau von 55 Sozialwohnungen.
Dezember 1995: Die Stadt verkauft die Häuser für rund zwei Millionen Mark an die eigens zu diesem Zweck gegründete Genossenschaft "Alternativen am Elbufer".