Brunsbüttel: Eine Stadt zwischen Industrie und Hafen-Romantik
Erst seit 1970 trägt die Stadt Brunsbüttel ihren Namen. Das Stadtrecht bekommt die Gemeinde Brunsbüttelkoog bereits am 15. Januar 1949. Die Serie "Schleswig-Holstein früher und heute" vergleicht alte und neue Fotos.
Der Hafen und Schleswig-Holsteins größter Industriepark prägen Brunsbüttel im Kreis Dithmarschen, sowohl im Stadtbild als auch in der Bevölkerung. Das war nicht immer so. Denn bis Ende des 19. Jahrhunderts hatte Brunsbüttel mehrere Sturmfluten nur knapp überstanden, Armut prägte die Gegend. Den wirtschaftlichen und damit auch sozialen Wendepunkt bildete der Bau des Nord-Ostsee-Kanals (NOK). Nach sechs Jahren Bauzeit wurde er 1895 als "Kaiser-Wilhelm-Kanal" eingeweiht. Mit ihm kam der Aufschwung nach Brunsbüttel, das damals noch Brunsbüttelkoog hieß und eine Gemeinde war. Das Stadtrecht bekommt Brunsbüttelkoog am 15. Januar 1949. Erst am 1. Januar 1970 ändert sich der Name der Stadt aufgrund einer Gebietsreform und einiger Eingemeindungen.
Prächtige Farben am Markt: Die Telefonzelle ist inzwischen abgebaut, und auch die wenigsten Autos im alten Bild dürften heute (2020) noch durch Brunsbüttels Straßen fahren.
Viele Menschen der Region bauten am NOK mit
Ute Hansen ist Stadtarchivarin in Brunsbüttel. Beruflich setzt sie sich täglich mit der Geschichte der Dithmarscher Hafenstadt auseinander. Auch bei ihrer Arbeit spielt der Nord-Ostsee-Kanal eine zentrale Rolle. Denn nicht zuletzt seit der Ausstrahlung einer NDR Dokumentation über den Bau des Kanals bekommt sie Such-Anfragen von Menschen aus der ganzen Region. "Von vielen hier haben Urgroßvater oder weitere Verwandte am Bau mitgeholfen", erklärt die Stadtarchivarin.
Wenn die Recherche bei Erzählungen endet
Dann beginnt für sie die Suche. In Dokumenten der Familienangehörigen, Unterlagen des Stadtarchivs und Chroniken versucht Ute Hansen dann herauszufinden, wo die Angehörigen am Bau beteiligt waren. Oft, aber nicht immer erfolgreich. "Manchmal gibt es die Informationen nur aus Erzählungen, die Recherche ist dann für mich besonders schwierig", sagt Hansen.
1954 wurde das Freibad Ulitzhörn gebaut. Im selben Jahr entstand das alte Foto, das Dusche und Sprungturm zeigt. Beides wurde inzwischen saniert (Stand: 2020).
Vom Freibad Ulitzhörn auf die Elbe schauen
Aber nicht nur Menschen aus der Region zeigen Interesse. Heute lockt gerade die Mischung aus Industrie und Hafen viele Touristen nach Brunsbüttel. Badegäste können im Freibad Ulitzhörn von der Liegewiese auf die großen Schiffe auf der Elbe schauen. Und auch die kleinen Segelboote kommen in Brunsbüttel auf ihre Kosten. Die Skipper können im "Alten Hafen" festmachen, wo schon seit 1925 Sportboote anlegen.
Der Blick vom "Alten Hafen" auf das Schöpfwerk hat sich seit Ende der 1960er-Jahre kaum verändert. Und auch der Zweck ist 2020 derselbe geblieben: Brunsbüttel vor Hochwasser zu schützen.
Braake teilt Brunsbüttel in zwei Hälften
Wer zum Shoppen in die Stadt kommt, landet schnell in der Koogstraße, der knapp einen Kilometer langen Haupteinkaufsstraße. Fußgänger, Rad- und Autofahrer sind dort unterwegs - und sie alle müssen über eine kleine Brücke, die die Braake überquert.
Nichts deutet darauf hin, dass der Fluss kein gewöhnlicher Fluss ist. Die Braake (Plattdeutsch für Bruch) entstand mit der Weihnachtsflut 1717. In der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember brach der Elbdeich. Heute ist die Braake ein ruhiges Gewässer, sie wird durch ein Schöpfwerk in die Elbe geleitet.
Heute herrscht hier deutlich mehr Verkehr als 1937, auch wenn davon auf dem Foto von 2020 nicht viel zu sehen ist. Die Koogstraße ist die Haupteinkaufsstraße in Brunsbüttel und besonders am Wochenende gut besucht.
1.000 Menschen müssen 1973 umziehen
Die Industrie prägt das Stadtbild vor allem südlich des Nord-Ostsee-Kanals. Im 2.000 Hektar großen "ChemCoast Park" haben sich inzwischen 14 Unternehmen angesiedelt, darunter Chemieindustrie, Mineralölwirtschaft, Energieerzeuger und Logistiker.
Vor allem der 134 Meter hohe Kamin des heutigen Chemiekonzerns Covestro sticht hervor. Er entstand 1973, als der Chemiepark im ehemaligen Dorf Ostermoor gebaut wurde. Die etwa 1.000 Bewohner mussten umgesiedelt werden.