Vor 120 Jahren: "Lili Marleen"-Sängerin Lale Andersen wird geboren
"Lili Marleen" macht Lale Andersen weltweit berühmt. 1942 verstummt das Lied über den Abschied eines Soldaten, weil die Nationalisten es verbieten. Vor 120 Jahren kommt die Sängerin in Bremerhaven zur Welt.
Lale Andersen kommt als Liese-Lotte Bunnenberg 1905 in Lehe bei Bremerhaven zur Welt. Schon als Kind singt sie gerne und verbringt viel Zeit am Theater mit Künstlerinnen und Künstlern. Bereits mit 17 heiratet sie den Maler Paul Ernst Wilke. Nach sieben Jahren Ehe verlässt die junge Frau ihren Mann und die drei Kinder, um in Berlin, München und Zürich ihr Glück als Schauspielerin und Sängerin zu suchen. Sie bekommt erste Engagements, tritt dabei oft im Matrosenanzug als "kühle Blonde mit dem rauchigen Timbre aus dem Norden" auf. Und sie sucht nach einem passenden Alter Ego: Aus Liese-Lotte Bunnenberg wird Lale Andersen. 1933 lernt sie den jüdischen Komponisten und späteren NDR Musikchef Rolf Liebermann kennen und lieben. Doch das Leben als Schauspielerin und Sängerin ist hart und das Auskommen dürftig.
Norbert Schultze vertont Gedicht von Hans Leip
Als Lale Andersen zum ersten Mal "Lili Marleen" singt, ahnt sie noch nicht, wie das Lied ihr zukünftiges Leben verändert. Die Melodie zum Gedicht von Hans Leip stammt vom Berliner Komponisten Norbert Schultze. Dieser nimmt das Lied 1938 zusammen mit Lale Andersen in Berlin auf, zunächst mit eher mäßigem Erfolg - es werden nur 700 Schallplatten verkauft. Ein Jahr später wird das Lied neu abgemischt, mit einem Orchester. Im Hintergrund ist dabei ein Soldatenchor und ein dezenter Marschrhythmus zu hören. "Lili Marleen" wird zum "Symbol für Heimweh, Trennung und Sehnsucht […], vor allem für Hoffnung auf Wiedersehen" - so beschreibt Schultze das Lied.
"Lili Marleen": Vom Ladenhüter zum Verkaufsschlager
1941 kommt für das schwer verkäufliche Produkt die Wende. Damals geht dem Leiter des deutschen Besatzungssenders in Belgrad die Musik aus. Als der beauftragte Unteroffizier mit Platten von der Radio-Verkehrs AG aus Wien zurückkommt, hat er "Lili Marleen" mit im Gepäck. Jeden Abend um kurz vor zehn Uhr beendet der Radiosender das tägliche Programm mit dem Musikstück. Kein anderes Lied erreicht damals so viele Menschen wie "Lili Marleen", das die Frontsoldaten in Europa und Nordafrika mit ihren Frauen und Bräuten in der Heimat verbindet.
Kein anderes Lied wird im 20. Jahrhundert außerdem in so viele Sprachen übersetzt. Die hohe Popularität sorgt allein in der deutschen Originalfassung des Soldatenliedes für einen Umsatz von rund zwei Millionen Platten. "Lili Marleen" ist der erste Millionenseller der deutschen Schallplattengeschichte. Die in die USA emigrierte Marlene Dietrich singt das Lied in den späten Kriegsjahren und danach sogar für US-Soldaten.
Lale Andersen: Auftrittsverbot und Hausarrest
Doch fürs deutsche Publikum verstummt "Lili Marleen" im September 1942 plötzlich. Lale Andersen fällt bei den nationalsozialistischen Machthabern in Ungnade und damit auch das Lied. Sie fangen Briefe von Lale Andersen an Schweizer Juden ab. Darüber hinaus weigert sie sich, sich von Rolf Liebermann zu trennen. Einer Einweisung ins Konzentrationslager entkommt sie nur knapp - durch eine Falschmeldung der BBC. Der britische Rundfunksender vermeldet ihre angebliche Verhaftung, was die Nationalsozialisten zum Dementi nötigt. So entgeht Lale Andersen einer Verhaftung. Die Sängerin bekommt Auftrittsverbot und neun Monate Hausarrest.
Nach Kriegsende: Rückkehr auf die Bühne

Nach Kriegsende darf Lale Andersen wieder auf der Bühne stehen. Sie tourt international; arbeitet bei europäischen und amerikanischen Sendern. Vor alliierten Soldaten singt sie im besetzten Nachkriegsdeutschland Chansons und Seemannslieder. Als Texterin veröffentlicht sie unter ihrem Pseudonym Nicola Wilke eigene Werke wie "Blaue Nacht am Hafen" und "Grüß mir das Meer". 1949 heiratet sie erneut, diesmal den Komponisten und Maler Artur Beul, der auch Lieder für sie schreibt.
Lale Andersen beim Grand Prix in Frankreich
1958 versucht Lale Andersen erstmals beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest teilzunehmen. Ohne Erfolg. Drei Jahre später gewinnt sie mit "Einmal sehen wir uns wieder" dann den Vorentscheid in Bad Homburg und vertritt Deutschland 1961 beim Grand Prix in Cannes. An ihre früheren Erfolge kann die Sängerin damit nicht anknüpfen. Mit nur drei Punkten landet sie auf Platz 13 von insgesamt 16 Teilnehmern.
"Goodbye Memories": Auf Abschiedstour durch Deutschland
In den 1960er-Jahren spielt Lale Andersen in kleineren Film-Rollen wie Jürgen Rolands "Einer fehlt beim Kurkonzert". Außerdem tritt sie in zahlreichen Fernsehsendungen und großen Shows auf. Im April 1967 geht die Norddeutsche mit ihrem Programm "Goodbye Memories" auf große Abschiedstour durch Deutschland. Im Jahr 1972 veröffentlicht die Sängerin ihre Autobiografie "Der Himmel hat viele Farben - Leben mit einem Lied". Am 29. August desselben Jahres stirbt Lale Andersen in einer Wiener Privatklinik an einer Krebserkrankung. Sie wird 67 Jahre alt. Ihre Urne wird auf dem Dünenfriedhof in ihrer Wahlheimat Langeoog beigesetzt.
Das schönste Lied des Zweiten Weltkriegs - so hat Dwight D. Eisenhower "Lili Marleen" bezeichnet - bleibt über Lale Andersens Tod hinaus unvergessen. Auf ihrer Trauerfeier ist das Lied übrigens nicht zu hören. Das hatte Lale Andersen so verfügt.
