Charmebolzen und TV-Ekel: Vor 25 Jahren starb Diether Krebs

Stand: 30.12.2024 12:40 Uhr

Mit "Sketchup" kalauerte sich Diether Krebs in die Herzen der Zuschauer. Und er war "Schwiegersohn der Nation" sowie "Kommissar Dieter Herle". Er starb in der Nacht vom 4. auf den 5. Januar 2000 in Hamburg.

von Carina Werner

Ob Hallervorden, Hildebrandt, Hüsch oder Nuhr: Wer das deutsche Fernsehpublikum zum Lachen bringt, heißt in der Regel Dieter. Das gilt auch für Diether Krebs. Dabei ist an dem Schauspieler, Komiker und Kabarettisten nicht nur das "h" im Vornamen bemerkenswert, sondern auch vieles andere in seinem Werdegang und Werk.

Theater Oberhausen: Erste Rollen im Ruhrpott

Am 11. August 1947 wird Diether Krebs in Essen als Sohn eines Schreibwarenhändlers geboren. Schon als Jugendlicher brennt er für das Theater, schlüpft in Schultheatergruppen in immer neue Rollen. Bald will er mehr: Er bricht das Gymnasium ab und lernt an der renommierten Folkwang Hochschule in Essen die Schauspielkunst von der Pike auf. Sein erstes Engagement hat er am Theater in Oberhausen. Der junge, schlaksige Schauspieler gilt als "auffallend begabt und professionell" und macht sich in der Theaterszene rasch einen Namen.

Diether Krebs avanciert zum "Schwiegersohn der Nation"

Einem größeren Publikum wird Diether Krebs erst ein paar Jahre später bekannt: Nach zahlreichen Theater- und Fernsehrollen spielt er in den 1970ern in der Kultserie "Ein Herz und eine Seele" (WDR) den mauligen Gatten der Tochter Tetzlaff und avanciert so zum "Schwiegersohn der Nation". 1974, auf dem Höhepunkt des Serienerfolgs, schmeißt Diether Krebs die Rolle hin, weil die SPD darauf drängt, die politischen Spitzen zu entschärfen. In den Folgejahren brilliert er in zahlreichen Filmrollen, auch in ernsten, unter anderem 1980 in dem Film "Die Judenbuche" nach der Novelle von Annette von Droste-Hülshoff.

Liebe zum Komischen in "Rudis Tagesschau" und "Sketchup"

Meister der Entstellung: Diether Krebs. © picture-alliance / dpa Foto: Dieter Klar
Meister der Entstellung: Diether Krebs 1984 - mit Hasenzähnen und Nickelbrille.

Wenngleich Diether Krebs zu diesem Zeitpunkt bereits sein humoristisches Talent mehrfach unter Beweis gestellt hat, beginnt seine eigentliche Karriere als Komiker erst Anfang der 1980er-Jahre mit "Rudis Tagesshow". Ab 1981 spielt an der Seite von Rudi Carrell, der seinen jungen Kompagnon als "Sketchspieler von internationaler Klasse" rühmt. Ab 1984 geht Diether Krebs eigene Wege. In der Reihe "Sketchup" präsentiert er, lange vor der Comedy-Welle, Sketche pur: Zwei Personen kalauern zwei, drei Minuten auf eine effektvolle Schlusspointe hin. Die eine Person ist Diether Krebs, die andere ist zunächst die Schauspielerin und Sängerin Beatrice Richter. "Die Beziehung zu Diether war die intensivste, urknalligste, energetischste meines Lebens", erzählt sie später. Dennoch verlässt sie "Sketchup" bereits 1985. Ihre Nachfolgerin wird die junge Iris Berben.

Mit falschen Hasenzähnen, daumendicken Brillengläsern und angeklebten Bärten spielt Diether Krebs in seinen Sketchen Hunderte grotesk überzeichnete Typen: Loser und Maulhelden, Spießer und Chauvinisten, die über das Leben in der späten Bundesrepublik manch Bedauernswertes verraten.

Situationskomik gespickt mit kurzen, trockenen Sätzen

Diether Krebs spart nicht mit Stammtischkalauern ("Besser niederträchtig wie hochschwanger!"), führt aber auch in die Abgründe des Alltags, der Politik und der Liebe. Etwa in jenem legendären Elf-Sekunden-Sketch, in dem ein älteres Paar im Wohnzimmer sitzt. Sie schnurrt schwelgerisch: "Als ich aus dem Fenster sah, graute der Morgen." Er blickt kurz von seiner Zeitung auf und korrigiert: "Dem Morgen!" Diether Krebs gibt "Sketchup" nach gut zwei Jahren auf. Wieder sieht er seine Freiheit durch die Einflussnahme der politischen Parteien gefährdet.

1985 zieht Diether Krebs nach Hamburg

1985 zieht der Ruhrpott-Schauspieler der Liebe wegen nach Hamburg: Dort hat sich seine Ehefrau, Bettina Freifrau von Leoprechting-Krebs, als Übersetzerin am Thalia Theater verpflichtet. In Hamburg-Hohenfelde bezieht er eine Villa mit Frau und seinen zwei Söhnen. An deren Erziehung nimmt er wesentlich Anteil: "Mir ist wichtiger, dass meine Kinder keine Arschlöcher werden, als dass sie wissen, wie groß die Fläche unter der Parabel ist", so einer seiner legendären Sätze.

Auf den Sketchschauspieler lässt sich Diether Krebs nicht festnageln. Von 1978 bis 1986 mimt er in der Krimiserie "SOKO 5113" über 100 Mal den schnodderigen Kommissar Dieter Herle. Auch im "Tatort" ist er kurzzeitig zu sehen. 1990 startet er seine Sketchshow "Voll daneben". Anfang der 1990er-Jahre stürmt er - mit Nickelbrille und Rentierpullover "Ich bin der Martin, ne" ins Mikrofon nuschelnd - die deutschen Hitparaden.

In den 90er-Jahren bleiben die Erfolge aus

Szenenfoto aus "Sketchup" mit Diether Krebs und Beatrice Richter. © dpa / picture alliance
Komiker-Traumpaar: Mit Beatrice Richter brachte Diether Krebs die Nation mit "Sketchup" zum Lachen.

In den späten 1990ern wird es allmählich stiller um ihn. Produktionen wie die Comedy--Sendung "Der Dicke und der Belgier" können an die alten Erfolge nicht anknüpfen. Auch gesundheitlich geht es bergab. "Anderthalb Flaschen Sambuca, 32 Espressi und an guten Tagen noch drei Flaschen Wodka" gehen, wie Diether Krebs freimütig preisgibt, nicht spurlos an ihm vorüber. "Es gibt Morgen, an denen ich immer wieder erstaunt bin, dass ich noch schlechter aussehe als ich mich fühle", sagt er in einer privaten Videoaufzeichnung an seine Kinder, die in der Dokumentation "Dieter mit 'h' Krebs" zu sehen ist.

Rastloser Arbeiter bis in den Tod

Ende der 90er-Jahre erkrankt Diether Krebs unheilbar an Lungenkrebs. Dennoch arbeitet er rastlos weiter. Seine letzte große Rolle hat er 1999 in der zum Kult avancierten Gaunerkomödie "Bang Boom Bang". Er spielt den zwielichtigen wie sexistischen Spediteur Werner Kampmann und setzt noch einmal sein komödiantisches Können voll ein.

In der Nacht vom 4. auf den 5. Januar 2000 stirbt er im Alter von 52 Jahren in seinem Haus in Hamburg. Begraben wird er jedoch dort, wo er herkommt: im Ruhrpott, in Essen, auf dem dortigen Ostfriedhof. 

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