Stand: 04.10.2018 10:40 Uhr

Leistungssport (Geschichte)

DTSB - Dachorganisation sämtlicher Sportverbände

Neben dieser staatlichen Behörde existierte nach wie vor der Sportausschuss, als dessen Nachfolger am 27./28. April 1957 der DTSB gegründet wurde, der gleichzeitig einige Funktionen des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport übernahm. Der DTSB war nun die Dachorganisation sämtlicher Sportverbände und Vertreter des DDR-Sports.

Klassenkampf wurde in die Sportstätten verlagert

Die Schwerpunktsetzung auf den Leistungssport erfolgte in erster Linie deshalb, weil vor allem Ulbricht und die SED-Führung dessen politische Bedeutung, insbesondere auch die außenpolitische Bedeutung, erkannten: Sport galt spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts als populär und schön, sprach die Menschen an, die sich nach einem Stückchen Freiheit sehnten, diente der Gesundheit, schuf Vorbilder - zumindest nachahmenswerte Eigenschaften für die Jugend - und bot Identifikationsmöglichkeiten an.

Nach außen konnte er für Aufsehen sorgen; gerade ein zunächst kaum beachteter und anerkannter neuer Staat konnte durch internationale sportliche Spitzenleistungen auch internationale Anerkennung erlangen. Letztlich erfolgte auch durch sportliche Leistungen die Einbindung der DDR in internationale Gremien. Gleichermaßen konnte der "Klassenkampf" während des "Kalten Krieges" in die Sportstätten verlagert werden

Einmaliges Leistungssport-System wird aufgebaut

Somit wurde ein konsequentes und auf dem Gebiet des Sports bis dahin unbekanntes und wahrscheinlich auch einmalig bleibendes nahezu perfektes System des Leistungssports aufgebaut, was auch durch die zentrale Planwirtschaft, durch die die benötigten Mittel problemloser für den Leistungssport abgezweigt werden konnten, unterstützt wurde.

Die systematische Sichtung begann teilweise schon im Kindergarten, spätestens jedoch in der Schule: Auf der Grundlage ausgeklügelter wissenschaftlich belegter Programme, die wie eine Messlatte angelegt wurden, wurden die Kinder als für bestimmte Sportarten besonders geeignet bzw. nicht geeignet eingestuft. Die Geeigneten wurden dann entweder zunächst in Betriebssportgemeinschaften (BSG) oder gleich in Leistungszentren (Trainingszentren - TZ) für die jeweilige Sportart delegiert. Dem konnten sich weder Kinder noch Eltern entziehen, schließlich lockte die Aussicht, zu den Auserwählten zu gehören, Weltklasseleistungen zu erzielen und damit ins - westliche - Ausland fahren zu dürfen.

Gezielte Förderung in Trainingszentren und KJS

Selbst auf der mittleren Ebene des Leistungssports, in den Trainingszentren, winkten Vergünstigungen: bessere medizinische Versorgung, Privilegien in Schule und Arbeitsstelle, gesellschaftliche und soziale Anerkennung (vor allem in kleineren Orten) und damit auch eine Vielzahl an hilfreichen Beziehungen. Der Weg von der Sichtung über die Leistungszentren setzte sich bei entsprechender Eignung in einer der 1952 geschaffenen Kinder- und Jugendsportschulen (KJS) fort.

Hier wurde alles dem Sport untergeordnet, um Spitzensportler heranzubilden. Brachte man die erforderliche Leistung, hatte man schon die nächste Stufe erklommen: Man trainierte und startete für einen Sportclub, über den man dann auch den Sprung in den Nationalkader schaffen konnte. War dieses System auch ausgesprochen durchgeplant, so existierte daneben mitunter dennoch einiger "Wildwuchs": Einige wenige Sportler durchliefen möglicherweise die ersten Stufen, Sichtung bis KJS, waren dann jedoch Mitglied einer BSG oder trainierten sich in einer BSG nach oben. Erreichten diese Sportler nationale oder gar internationale Spitzenleistungen, so war man bestrebt, sie in einen Sportclub zu delegieren, denn nur dort - so waren die Verantwortlichen der Meinung - konnten kontinuierlich Spitzenleistungen erreicht werden - abgesehen von der intensiveren Betreuung und Kontrolle, die dort möglich war.

Um dies zu erreichen, wurden Sportler aus Betriebssportgemeinschaften, auch wenn sie eigentlich die erforderlichen Leistungen brachten, kaum in den Nationalkader aufgenommen. Gleichzeitig fungierten viele BSG vor allem im Nachwuchsbereich als Zulieferer für die Leistungszentren, wofür sie mitunter von diesen auch Auflagen erhielten.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Der Tag | 04.10.2018 | 16:15 Uhr

Mehr Geschichte

Ebenezer Scrooge wird von Jacob Marleys Geist aufgesucht. Ausschnitt einer Original-Illustration von John Leech zu Charles Dickens' "A Christmas Carol". © picture alliance/Mary Evans Picture Library

"Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens erobert alle Herzen

Seit 1843 berührt die "Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens um den Geizhals Ebenezer Scrooge Groß und Klein - auch im Film. mehr

Norddeutsche Geschichte