Leistungssport (Geschichte)
Förderung später nur noch für ausgewählte Sportarten
Waren die Motive, sich einem derart hohen Leistungsdruck und hohem Trainings- und Wettkampfaufwand zu unterziehen, vor allem in der Anfangszeit noch Ehre und Ruhm, wandelte sich dies trotz zahlreicher verbaler Bekundungen im Laufe der Zeit: Da für den Staat zunehmend nur noch internationale Medaillen, besonders bei Olympischen Spielen, zählten, wurden Sportarten aus der Förderung gestrichen, somit die Mittel auf die erfolgsträchtigen Sportarten konzentriert. Zusätzlich wurden Anreize für die Sportler in Form eines zumeist inoffiziellen Prämiensystems oder in sonstiger materieller (Hilfe beim Hausbau, bei der Beschaffung von Konsumgütern wie Autos), aber auch ideeller Unterstützung (Beschaffung eines gewünschten Arbeitsplatzes oder Studiums) geschaffen. So erhielt beispielsweise ein Olympiasieger 1988 35.000 Mark, davon einen geringen Teil in Forumschecks.
Ab 1968 eigene DDR-Nationalmannschaft für Olympia
Durch all das bedingt, erreichte die DDR bald Weltniveau im Spitzensport. Die ersten Aufsehen erregenden internationalen Erfolge bei Olympischen Spielen gelangen noch innerhalb einer gemeinsamen deutschen Olympiamannschaft (1956, 1960, 1964), deren Zusammenstellung oftmals große innerdeutsche Probleme bereitete.
Damals verstärkte sich die Konzentration auf die medaillenintensivsten Olympischen Sportarten enorm. Selbst einige bis dahin international ausgesprochen erfolgreiche Sportarten, die jedoch kein großes internationales Aufsehen und Interesse erreichten, wie Wasserball, Asphaltkegeln, Radball, Eishockey, Kanuslalom, Hockey, fielen dieser Strategie zum Opfer. Das Ergebnis davon im Zusammenhang mit der wissenschaftlich durchgeführten Trainingsforschung und -entwicklung war, dass die DDR zwischen 1970 und 1980 in einem großen Teil der Olympischen Sportarten das Weltniveau bestimmte. Andererseits wurden Träume und Anstrengungen vieler in den nicht staatsgeförderten Sportarten missachtet.
Suchen nach Mitteln der Leistungssteigerung
Allerdings hatte dies auch eine Schattenseite: Als in den 70er-Jahren andere Nationen aufholten, vor allem aber die Leistungen kaum mehr durch höhere Trainingsquantität und -qualität zu steigern waren, mussten neue Möglichkeiten der Leistungssteigerung gefunden werden: Ganze Gruppen von Medizinern, Biochemikern, Biomechanikern, Physiologen, Trainingsmethodikern und Physikern beschäftigten sich verstärkt mit der Leistungssteigerung mit (fast) allen Mitteln.
Neben der Entwicklung neuer technischer Möglichkeiten (Strömungskanäle in Leipziger Schwimmhalle, Unterdruckkammer in Kienbaum, Kunststoffmatten für die Skispringer) setzte nun auch der Übergang von allgemeiner Stimulanz (viele Sportler unterschiedlicher Nationalität hingen vor, während oder zwischen Wettkämpfen am Tropf von Glukose- und Elektrolytlösungen) zur gezielten Beeinflussung von Stoffwechsel und Hormonregulation und damit zum zielgerichteten Doping ein, zunächst auf der Grundlage des Wissens um die Proteinsynthese, da ja ein Sportler kaum zehn Schnitzel, ein Kilo Quark täglich essen und zusätzlich drei Liter Milch trinken konnte.
Doping
War bis Anfang der 80er-Jahre die Entwicklung primär durch den Trainingsprozess gelenkt, kamen nun Medikamente und deren missbräuchlicher Einsatz hinzu, indem durch diese nicht mehr nur der Leistungsverfall gestoppt oder Belastungen ausgeglichen werden sollten, sondern gezielt an der Leistungserhöhung gearbeitet wurde. Auch dies geschah planmäßig, von Partei und Regierung gewollt und gefördert und vielfach unkontrolliert. Das war selbstverständlich in der Öffentlichkeit ein Tabu, wenngleich man sich beispielsweise über die tiefen Stimmen der Schwimmerinnen durchaus wunderte. Hinzu kam, dass DDR-Sportler bei den einsetzenden Dopingkontrollen aufgrund von Voranalysen im Zentralinstitut für Sportmedizin in Kreischa vor jedem Auslandswettkampf in der Regel nicht auffielen, bis auf eine Ausnahme, als nämlich die Kugelstoßerin Ilona Slupianek 1977 in Helsinki positiv getestet wurde.
Somit konnte im Zusammenhang mit allen anderen Maßnahmen, vor allem durch intensives, wissenschaftlich begleitetes Training, gerade das Doping in den 80er-Jahren dazu beitragen, dass der DDR-Sport Weltniveau behielt. Insgesamt war das Sportverständnis des DDR-Staates fixiert auf Sportartenkonzepte und Wettkampfprinzipien, wodurch sich die Bedingungen für den Breitensport immer weiter verschlechterten.
Quelle: www.mdr.de/damals
- Teil 1: Außenpolitische Bedeutung des Sports zeitig erkannt
- Teil 2: Verlagerung des Klassenkampfes in die Sportstätten
- Teil 3: DDR-Nationalmannschaft mit Weltniveau