Nackte DDR-Urlauber fahren beim traditionellen Dixi-Treffen in einem offenen Auto am Strand von Prerow entlang. © NDR Foto: Hans Parczyck

FKK-Kultur in der DDR: Nackt und frei am Strand

Stand: 29.06.2024 00:00 Uhr

In der DDR gehörte FKK zum Sommerurlaub dazu. Von Ahrenshoop bis Zinnowitz war Nacktbaden für viele ein Stück Freiheit. Dagegen konnte auch die Staatsführung nichts ausrichten.

Sommer, Sonne, nackt am Strand - in der DDR gehörte das für viele zusammen. Ob an der mecklenburgischen Ostseeküste oder am sächsischen Baggersee, im Arbeiter- und Bauernstaat erfreute sich die Freikörperkultur, kurz FKK, großer Beliebtheit. Seit den 1970er-Jahren gehörte der hüllenlose Badespaß an fast allen Stränden im Land dazu. 1982 gab es 40 offizielle Nacktbadestellen, 1988 waren es schon 60. Doch die meisten DDR-Bürger brauchten keinen offiziellen FKK-Strand, um sich streifenfrei zu bräunen: Nur wenige störten sich an nackten Sonnenanbetern auf dem Nachbarhandtuch, auch wenn sie selbst lieber einen Badeanzug trugen.

"Vorwiegend makellose Sitten" am FKK-Strand

Dabei war das Nacktbaden an real-sozialistischen Gewässern nicht im Sinne der prüden DDR-Obrigkeit. So betonten offizielle Veröffentlichungen in diesem Zusammenhang gern mal die "vorwiegend makellosen Sitten", die an den FKK-Stränden vorherrschten - so als wäre nacktes Baden an sich eher ein Beweis für unsittliches Verhalten.

In den frühen Jahren der DDR hatte das FKK-Vergnügen noch für erheblichen Unmut in der Nomenklatur des Arbeiter- und Bauernstaates gesorgt. Kulturminister und FKK-Gegner Johannes R. Becher forderte 1954 gar: "Schont die Augen der Nation!" Zu diesem Zeitpunkt tobte eine Auseinandersetzung zwischen FKK-Anhängern und DDR-Führung, die im Sommer 1954 das Nackbaden offiziell verboten hatte.

FKK: Kulturkampf um die Badehose

Ein Schild mit der Aufschrift "Freikörperkultur verboten" am Strand von Warnemünde im Jahr 1953. © Bundesarchiv / CC-BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de)
FKK-Gegner forderte: "Schont die Augen der Nation!". Ab 1954 war Nacktbaden verboten.

Zu Beginn der 1950er-Jahre badete an den Ostseestränden besonders die intellektuelle Elite nackt. Autoren, Künstler, Filmemacher und auch Politiker trafen sich in der Künstlerkolonie Ahrenshoop. Als die Sommerurlauber 1954 in ihr elitäres Ferienparadies am Ostseestrand kamen, staunten sie über die Bekanntmachung, dass ab sofort das Nacktbaden an der gesamten Ostseeküste untersagt sei. Es folgte ein Sturm der Entrüstung, die geistige Elite traktierte die Staatsführung mit Eingaben und Protestschreiben. Auch Politiker schlossen sich an. So gab die DDR-Obrigkeit schnell nach - in der Künstlerkolonie blieb FKK geduldet.

Weniger tolerant war das Regime gegenüber den werktätigen Nacktbadenden. Am Strand von Prerow auf dem Darß, an dem sich schon zu dieser Zeit der legendäre FKK-Campingplatz befand, wurde das FKK-Verbot durchgesetzt. Doch auch hier hielt das Verbot nur zwei Jahre. Nach Protesten von Bürgern und Intellektuellen musste die DDR-Obrigkeit 1956 zurückrudern. Nun galt die neue "Anordnung zur Regelung des Freibadwesens", nach der hüllenloses Baden an gekennzeichneten Stränden erlaubt war.

FKK wird zum Massenphänomen

Nachdem der Freikörperkultur von offizieller Seite nun nichts mehr im Weg stand, breitete sie sich schnell in der DDR aus. Ob es daran lag, dass die DDR-Bürger sich so ein Stück Freiheit im Privaten zurückeroberten, oder ob es schlicht zu wenig modische Badekleidung gab, darüber gehen die Interpretationen auseinander. Fest steht: Urlaub am FKK-Strand war spätestens ab den Siebzigern ein Massenphänomen in der DDR.

Urlauber am FKK-Strand von Hohenwieschendorf in der Wismarer Bucht, August 1984. © Bundesarchiv / CC-BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de) Foto: Bernd Settnik
Hüllenloses Badevergnügen für Groß und Klein gehörte an DDR-Stränden dazu.

Ärger um die angemessene Menge Stoff am Strand gab es erst wieder nach der Wende 1989: Als West-Urlauber in großer Zahl die ostdeutschen Strände erkundeten, wunderten sie sich über die vielen Nackten. Zwar gab es auch in Westdeutschland eine große FKK-Bewegung, doch die Nackbadenden blieben an den ausdrücklich gekennzeichneten Badestränden - meist irgendwo hinter dem Hundestrand gelegen - für sich oder trafen sich gar auf den Geländen von FKK-Vereinen, die den neugierigen Blicken der Öffentlichkeit durch einen Sichtschutz entzogen waren.

"Höschenkrieg" zwischen Ost und West

Ein buntes Durcheinander von Nackten und "Textilen" an den Stränden waren die Wessis nicht gewohnt. Die Lokalzeitungen berichteten vom "Höschenkrieg an der Ostsee" und für ein paar Sommer waren die Schilder, die beide Strandbereiche voneinander trennten, durchaus ernst gemeint.

Mittlerweile sind getrennte Strände für Nackte und Bekleidete auch an den mecklenburgischen Ostsee-Stränden Normalität - Bereiche, in denen man sich mit oder ohne Hüllen nebeneinander sonnt, gibt es immer weniger.

Kurze Geschichte der FKK-Bewegung

Die Freikörperkultur entstand in Europa und den USA um 1900 im Zusammenhang mit der Lebensreform-Bewegung. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, die Körper insbesondere der Menschen in den Städten von Zwängen wie steifer Kleidung und Korsett zu befreien und durch gesunde Betätigung in der freien Natur gesund zu halten.

FKK heute: Lust am öffentlichen Nacktsein nimmt ab

Überhaupt ist die Zahl der FKK-Anhänger seit einiger Zeit rückläufig, FKK-Vereine verlieren nach und nach ihre Mitglieder. "Naturismus hat nicht mehr den gleichen Stellenwert wie vor einigen Jahrzehnten", stellte auch der Deutsche Verband für Freikörperkultur (DFK) bereits vor einigen Jahren fest. Eine YouGov-Umfrage in Kooperation mit Statista aus dem Jahr 2021 bestätigt einen Trend zu einem gewissen "Unbehagen": 36 Prozent der Befragten fühlen sich an einem FKK-Strand oder in einer Sauna "eher unwohl". Besonders Jüngere zeigen sich offenbar nicht gern nackt. Allerdings sind die Deutschen im internationalen Vergleich immer noch vorn dabei.

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Unsere Geschichte | 30.07.2022 | 12:00 Uhr

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