Alsterpavillon: Kaffeehaus mit bewegter Geschichte
Der Alsterpavillon am Jungfernstieg, heute bekannt als "Alex", ist eine Hamburger Institution. Am 20. August 1799 eröffnet ein Franzose das Kaffeehaus. Im Lauf der Jahrhunderte wird es mehrfach um- und wiederaufgebaut.
Der Vicomte Augustin Lancelot de Quatrebarbes ist vor den Folgen der Französischen Revolution in die Hansestadt emigriert. Mit seiner Idee, eine Art Restaurant an Hamburgs Prachtboulevard zu errichten, tritt der findige Adlige an Johann Ernst Friedrich Westphalen heran, Senator und Präses der Handelskammer. Am 20. August 1799 ist es schließlich so weit: De Quatrebarbes eröffnet auf etwas mehr als 80 Quadratmetern Grundfläche Hamburgs neue Attraktion für mehr Savoir-vivre, mehr französische Lebensart. Zur Einweihung gibt es für die geladenen Gäste Champagner, Rotwein, Gegrilltes und Eis. Deshalb gilt der Alsterpavillon auch als Deutschlands erste Eisdiele.
Die Stadt Hamburg bestimmt die Geschicke des Pavillons
Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: De Quatrebarbes muss den Pavillon sofort wieder an die Stadt überschreiben und Pacht dafür zahlen. Darüber hinaus belegt ihn die Stadt mit zahlreichen Auflagen - verboten sind im Alsterpavillon das Rauchen sowie Karten- oder andere Glücksspiele. Trotzdem zieht das Café in exponierter Lage die Hamburger an. Zwei Jahre bleibt der Pavillon in den Händen von de Quatrebarbes, bis er ihn an den Schweizer Konditor Richard Ruben weitergibt.
Alsterpavillon wird häufig abgerissen und wiederaufgebaut
Seither durchlebt der Pavillon an der Alster eine wechselvolle Geschichte: Kein Gebäude in Hamburg wird öfter abgerissen und wieder aufgebaut. Die Hansestadt bekommt dafür sogar den Spitznamen "Freie und Abrissstadt". Die Pavillons gelten entweder als zu klein oder zu hässlich. Der Bau von de Quatrebarbes bleibt bis 1835 bestehen. Ein größerer Pavillon mit Veranda in klassizistischer Form entsteht an gleicher Stelle, er muss 1874 weichen.
Heinrich Heine schätzt den berühmten Pavillon an der Alster
Der Anziehungskraft des Pavillons tut das Auf und Ab keinen Abbruch: Wohlhabende Gäste aus dem hanseatischen Bildungsbürgertum strömen in die berühmte Hamburgensie. Und für die zahlreichen Passagiere der großen Überseedampfer ist der Besuch des Alsterpavillons ein Muss. Auch Prominente zieht das Gebäude an: Johannes Brahms zieht als Junge mit einem Klingelbeutel durch den Pavillon, um Trinkgelder für seinen dort musizierenden Vater einzusammeln. Und Heinrich Heine deklamiert hier frisch geschriebene Verse. "Hier lässt sich gut sitzen", lobt der Dichter das berühmte Kaffeehaus.
Hamburger Sülzeaufstand betrifft auch den Alsterpavillon
1914 wird bereits die fünfte Version des Gebäudes errichtet, das von weiteren Ereignissen in der Stadt erfasst wird. Als nach dem Ersten Weltkrieg eine Hungersnot herrscht, kommt es im Sommer 1919 zu Revolten. Arbeiter stürmen den Pavillon und plündern die Vorräte. Auch die Sülzeunruhen machen vor dem Alsterpavillon nicht Halt: Fabrikanten hatten angeblich Tierkadaver von Ratten und Katzen zu Sülze verarbeitet und verkauft. Aus diesem Grund werfen Aufständische vermögende Gäste in die Alster.
Alsterpavillon ist Treffpunkt der Hamburger Swing-Jugend
In den 30er- und 40er-Jahren gilt der Alsterpavillon als ein Treffpunkt der sogenannten Swing-Jugend. Die Musik der Tanzorchester und Big Bands ist bei den Nationalsozialisten verpönt, das Gebäude steht deshalb unter Beobachtung der Polizei. Mitglieder der Hitlerjugend verprügeln viele Swing-Begeisterte. Das vorläufige Aus für den Alsterpavillon kommt im Zweiten Weltkrieg - bei einem Luftangriff auf Hamburg im Juli 1942 wird das Gebäude zerstört.
Pavillon mit Flachdach - Wiederaufbau in den 50ern
Anfang der 50er-Jahre beginnt der Wiederaufbau, nach Plänen des Architekten Ferdinand Streb. 1953 eröffnet der neue, halbkreisförmige Pavillon mit Flachdach. Aber auch die sechste Variante des Pavillons ist nicht unumstritten und gilt deswegen als abrissgefährdet. Anfang der 90er-Jahre befindet sich das Gebäude in keinem guten Zustand, elf Millionen Mark kostet damals die Sanierung.
Stadt Hamburg schreibt Pachtvertrag für Pavillon neu aus
Heute herrscht im Alsterpavillon längst keine gediegene Kaffeehaus-Atmosphäre mehr. Seit 2001 firmiert das Gebäude unter dem Namen "Alex", Betreiber ist ein britisches Unternehmen, das über 40 deutsche Gastronomiebetriebe unterhält. Auf der Speisekarte stehen Burger, Salate, Pasta und natürlich hipper Aperol Spritz. Doch die Tage des jetzigen Betreibers sind vermutlich gezählt - die Stadt hat den Pachtvertrag für den Alsterpavillon neu ausgeschrieben, für ganze 40 Jahre. Ein Restaurant soll bleiben, aber es soll mehr Kultur geben.