Weihnachtsmann mit Geschenke-Sack und Engel auf einem Pferd, Holzstich um 1850, spätere Kolorierung, Illustration zu dem Gedicht "Der Weihnachtsaufzug" aus: Robert Reinick, Märchen-, Lieder- und Geschichtenbuch, 14. Auflage, Bielefeld und Leipzig, 1905 © picture-alliance / akg-images

Wer ist der Weihnachtsmann und wer hat ihn erfunden?

Stand: 24.12.2023 05:00 Uhr

Wenn der Weihnachtsmann kommt - in Deutschland an Heiligabend, andernorts erst am Morgen des 25. Dezember -, hat er Geschenke dabei. Doch warum ist das so und wie ist die Symbol-Figur überhaupt entstanden?

von Felix Klabe

Die Figur des Weihnachtsmanns dürfte wohl zu den charmantesten Lügen der Welt gehören. Da soll es also jemanden geben, der von weit her kommt und es schafft, dass Geschenke für Abermillionen Menschen nahezu zur selben Zeit unterm Weihnachtsbaum liegen. Realistisch ist das nicht. Aber den Verstand eines Erwachsenen einmal kurz beiseite geschoben: Sinnstiftend ist dieses Bild schon - und zwar nicht nur für Kinder, die zwischen Freude und Ehrfurcht am Heiligen Abend durch Schlüssellöcher schauen, um vielleicht doch einen Blick auf den unbekannten Geschenkebringer zu erhaschen. Sondern auch für diejenigen, die eigentlich nicht mehr an ihn glauben.

Der Weihnachtsmann - ein Symbol fürs Schenken

Denn hinter dem Weihnachtsmann - oder Santa Claus, wie er etwa in den USA heißt - steckt im Kern deutlich mehr als massenhafter Konsum, der alle Jahre wieder diskutiert wird. Seine Figur führt zurück auf eine jahrhundertelange Tradition, die eng mit dem Schenken verknüpft ist. Und weil der Akt des Gebens - da dürften sich Experten einig sein - auch Kommunikation bedeutet, kann erst einmal nichts Schlechtes daran sein.

Dennoch: Die Kritik an den Auswüchsen des Festes - mancherorts stehen Schoko-Weihnachtsmänner schon im Spätsommer im Regal - und am Weihnachtsmann als Symbol dafür ist mittlerweile so fest mit dem dicken, alten, freundlichen Mann verbunden wie sein weißer Rauschebart, seine buschigen Augenbrauen, sein rotes Gewand, seine mit Fell besetzte Mütze.

Hat Coca-Cola Santa Claus erfunden?

Das ist der Weihnachtsmann heute. Eine Figur, an deren Aussehen und Kommerzialisierung der US-Getränkekonzern Coca-Cola maßgeblichen Anteil hat. Denn die Brause-Experten griffen sich den runden, wehrlosen Mann im Jahr 1931 - zu diesem Zeitpunkt hatte die Welt die finsterste Wirtschaftskrise der Geschichte nicht einmal hinter sich - als Gesicht einer erfolgreichen Werbekampagne. Doch erfunden hat das Unternehmen den Weihnachtsmann nicht.

Ursprungsfigur: Der barmherzige und Heilige Nikolaus

Fresco des Heiligen Nikolaus © picture alliance /GODONG Foto: Pascal Deloche
Weihnachtsmann-Vorgänger ist der Heilige Nikolaus - hier in der Vorstellung eines mittelalterlichen Malers.

Seinen Ursprung hat er vielmehr in der Figur des Heiligen Nikolaus. Ihm zu Ehren werden Kinder ab dem 14. Jahrhundert immer zum 6. Dezember beschenkt. Doch warum ausgerechnet er? In der Figur des Heiligen Nikolaus sind zwei historische Personen verschmolzen. Zum einen Nikolaus von Myra: Er lebte im dritten Jahrhundert und war Bischof einer Stadt in der heutigen Türkei. Die andere historische Person, die in der Figur aufgeht, ist Nikolaus von Sion aus dem sechsten Jahrhundert, der in einem Ort in der Nähe von Myra lebte. Die Legenden über das Leben der beiden Männer verwoben sich zu der Figur des Heiligen Nikolaus von Myra, der den tradierten Erzählungen zufolge zahlreiche Wunder vollbracht haben soll: So half er zum Beispiel in Not geratenen Seeleuten und besänftigte einen Sturm, erweckte Tote zum Leben und "rettete drei junge Frauen vor der Prostitution, indem er deren Vater des Nachts Goldstücke durch Fenster warf", wie Nils Neumann, Bibelwissenschaftler und Professor an der Leibniz Universität Hannover erklärt. Mit dieser selbstlosen Tat war der Mythos des barmherzigen Helfers und Beschützers geboren, der unerkannt in der Nacht Kinder beschenkt.

Luther etabliert sein Christkind

Nürnberger Christkind © dpa
Die Nikolaus-Alternative: Luther verbannte den alten Bischof und setzte auf das Christkind.

Doch dann kam Martin Luther, der Reformator, der nicht viel von der Verehrung Heiliger hielt. Der propagierte: Weg vom Kult um einzelne Personen, zurück zum Glauben, zu Jesus. Zwar gibt es den Nikolaus-Brauch zum 6. Dezember noch bis heute, in den Niederlande ist das übrigens Sinterklaas. Der große Geschenkebringer aber sollte mit der Reformation im 16. Jahrhundert ein anderer werden. So etablierte sich im Hause Luther um das Jahr 1530 der "Heilige Christ" als Gabenbringer, der mit geweihten Bischöfen nichts zu tun haben sollte. Mit ihm fiel die Bescherung nach Luthers Wunsch fortan nicht mehr auf den Beginn des Monats, sondern auf das Weihnachtsfest. Ob es sich bei dem "Heiligen Christ" um den kleinen Jesus oder um eine engelsähnliche Figur handeln sollte, ist bei Historikern umstritten. Nach Jahrzehnten jedenfalls war aus ihm das Christkind geworden. Und das trägt bekanntermaßen weiße Gewänder und Flügel auf dem Rücken. Pikanterweise ist Luthers protestantisches Sinnbild heutzutage mehr in südlicheren, katholischen Regionen Deutschlands zu finden.

Der Weihnachtsmann wird weltlich

Der Weihnachtsmann in einem Schlitten mit Rentier. © picture alliance/Kaisa Siren/Kaisa Siren/dpa Foto: Kaisa Siren
Der Weihnachtsmann mit Rentier und Schlitten: Derart ausgestattet gibt es ihn - vermutlich erstmals gezeichnet - in einem Buch des US-Dichters William Gilley aus dem Jahr 1821.

Mit den Jahrhunderten wuchs der Brauch des Schenkens zur Weihnachtszeit in den Familien und wirkt als pädagogisches Instrument: Wer artig ist, wird beschenkt. Wer nicht, bekommt eine Rute, die ursprünglich Knecht Ruprecht, der Begleiter des Heiligen Nikolaus, bei sich hatte. Die Figur des Weihnachtsmannes ist am Ende die Vermischung vieler Brauchtümer, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend vom Christkind und vom ursprünglichen Heiligen Nikolaus löst und immer weltlicher wird.

So illustrierte ein Unbekannter acht Bilder zum Gedicht "Old Santeclaus with Much Delight", die unter anderem einen Mann im roten Mantel zeigen - erstmals auf einem Rentierschlitten. Veröffentlicht wird es 1821 in "The Children's Friend: A New-Year's Present, to the Little Ones from Five to Twelve", einem kleinen Büchlein des US-Dichters William B. Gilley. Zwei Jahre später beschreibt Clement Clarke Moore den bärtigen Weihnachtsmann seinem berühmten Gedicht "The Night Before Christmas". Der deutsche Dichter Hoffmann von Fallersleben wiederum beschreibt in seinem Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" die anstehende Bescherung. Sein Weihnachtsmann bringt den Kindern allerlei Dinge, die man 1835, in der Zeit zwischen Julirevolution und Deutscher Revolution, offenbar gut gebrauchen kann: Säbel, Gewehr, eine Fahne.

Weg mit dem Bischofs-Look im 19. Jahrhundert

"Santa Claus in Camp" von Thomas Nast, 1862 © picture alliance/Liszt Collection
"Santa Claus in Camp": Bei der Zeichnung von Thomas Nast von 1862 ist der Geschenkebringer mit Bart, Zipfelmütze und Mantel ausgestattet.

Weitere Texte zum Weihnachtsmann und auch Karikaturen tauchen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf - in Zeitungen und auch in Heinrich Hoffmanns Kinderbuch "Struwwelpeter". Mittlerweile hat der dicke Mann das kirchliche Gewand des Heiligen Nikolaus abgelegt, genauso wie die Mitra, die klassische Bischofsmütze, und den Bischofsstab. Sie wurden ersetzt durch Mantel und Zipfelmütze. Aus dem Heiligen Nikolaus, der ja zumindest von Reformator Luther in die Versenkung geschickt wurde, wird langsam der Weihnachtsmann. So zeichnet Karikaturist Thomas Nast, aus der Pfalz in die heutigen USA ausgewandert, im Jahr 1862 ebenfalls einen dicken, bärtigen Mann, der Unions-Soldaten aus dem Norden mit Geschenken versorgt. Jahre später ist Darstellung des Weihnachtsmanns der heutigen Figur schon verdammt nah.

Geschenke als "konkrete Hilfe zum Überleben"

Mit der Coca-Cola-Kampagne 1931 setzt sich der Siegeszug des Weihnachtsmanns auf der Welt fort und in Zeiten steigenden Wohlstand ändert sich das Schenken der Menschen zunehmend von einem Akt des einseitigen Gebens in ein gegenseitiges "Beglücken". In der Bibel selbst gebe es keine direkten Hinweise auf das gegenseitige Schenken, wie wir es heute im weihnachtlichen Kontext kennen, sagt Bibelwissenschaftler Neumann. So sei das Geben gerade in der frühchristlichen Zeit, also in den ersten Jahrhunderten, eher als "konkrete Hilfe zum Überleben" zu verstehen statt als "Ausdruck individualisierter Zuneigung, der Steigerung von Lebensfreude oder Hoffnung auf ein erfreuliches Miteinander". Also weniger ein gegenseitiges Schenken

Auch die Präsente der Heiligen Drei Könige zur Geburt Christi seien eher als ein Schenken in eine Richtung zu betrachten. Ihre Gaben ehren den neu geborenen Jesus als König.

Weihnachten: Das große Schenken

Diese "individualisierte Zuneigung" ist für viele vermutlich die große Herausforderung beim Schenken zum Fest. Etwas zu überreichen, das gefällt, das Freude macht, das natürlich auch gewisse Erwartungen erfüllt, fällt nicht allen leicht. Ebenso wenig sicherlich die passende Reaktion auf ein Geschenk, das vielleicht nicht eigenen Geschmack trifft. So oder so: Es bleibt an diesen Tagen immer auch die Möglichkeit, die Schuld auf den Weihnachtsmann zu schieben. Auch dafür ist er da.

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'Tritt ein, lieber Nikolaus!'. - Holzstich, um 1900, spätere Kolorierung, nach dem Gemälde von Paul Descelles (franz., 22.3.1851-1915). © picture alliance / akg-images

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"Knecht Ruprechts Ankunft": Holzstich nach Zeichnung von Ludwig Richter (1803-1884). Spätere Kolorierung. Aus: Knecht Ruprecht. Eine Weihnachtszeitung von Johann Traugott, mit Bildern von Ludwig Richter. Leipzig (J.T. Löschke) 1852. © picture alliance / akg-images

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 24.12.2021 | 16:20 Uhr

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