Als die Mauer fiel: Geschichten von der Grenze
Rund 1.400 Kilometer war die innerdeutsche Grenze lang. Kein Bundesland verband die DDR mit einem derart langen Abschnitt wie Niedersachsen. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls ist der NDR in Niedersachsen auf Spurensuche entlang der damaligen Grenze gegangen. Jeden Grenzort verbindet mit dem 9. November 1989 eine eigene Geschichte und noch viel mehr die Menschen, die dort lebten. Die einen konnten ihre Familien wieder in die Arme schließen oder hatten zumindest Hoffnung, dass es in Kürze weit sein würde. Für die anderen bedeutete die Grenzöffnung das Ende eines Regimes, das sie fast das Leben gekostet hätte.
Eine Mauer trennt Zicherie und Böckwitz
Die benachbarten Orte Zicherie (Landkreis Gifhorn) und Böckwitz (Altmarkkreis Salzwedel, Sachsen-Anhalt) etwa trennt seit 1952 zunächst ein Stacheldraht, später wird die Grenze ausgebaut. Für die Menschen in Westdeutschland bekommt das Schicksal der Bewohner Symbolcharakter: Familien werden über Nacht getrennt. Nach dem Bau der Berliner Mauer wird dort 1961 erstmals ein Mensch von Grenzsoldaten erschossen, ein westdeutscher Journalist. Nur wenige Tage nach Öffnung der Grenze beginnt der Abriss der Mauer zwischen Zicherie und Böckwitz. Heute erinnert ein Grenzmuseum an diese Ereignisse.
Wandern am Grenzstreifen: Westharz und Ostharz
In einem Wander- und Erholungsgebiet wie dem Harz wirkt der Grenzstreifen mit seinen Wachtürmen und Stacheldrahtzäunen besonders befremdlich. Dort, wo einst zahlreiche Menschen versuchen, in den Westen zu flüchten, erinnern heute am ehemaligen Grenzübergang zwischen Hohegeiß (Landkreis Goslar) und Sorge (Landkreis Harz, Sachsen-Anhalt) ein Grenzmuseum und das "Grüne Band" an die Zeit vor der Wende.
Barnitzer blicken aufs zweimal eingezäunte Rüterberg
Auch die unmittelbar an der Elbe liegenden Orte Barnitz (Landkreis Lüchow-Dannenberg) und Rüterberg (Landkreis Ludwigslust-Parchim, Mecklenburg-Vorpommern) sind durch den Eisernen Vorhang getrennt. Die Bewohner von Rüterberg leben unter besonders kuriosen Bedingungen: Wegen der Lage, die an eine Insel erinnert, wird der Ort zweifach eingezäunt - und das nicht nur Richtung Westen. Selbst wer Richtung Osten will, muss einen Passierschein vorlegen.
Durchs "Lübener Loch" nach Reddigau
Durch den Wittinger Ortsteil Lüben (Landkreis Gifhorn) und das nahe gelegene Reddigau (Altmarkkreis Salzwedel, Sachsen-Anhalt) zieht sich ebenfalls jahrzehntelang die Grenze. Auch wenn die Orte eher unbekannt sind, verbindet sie zumindest in der Region eine gemeinsame Geschichte aus der Zeit nach dem Mauerfall. Weil sich der Abriss des Zauns hinzieht und der nächste Grenzübergang weit scheint, lotsten die Lübener Pfingsten 1990 Schützenfest-Gäste aus Reddigau durch ein Loch im Zaun. Das "Lübener Loch".
Geschichten und Schicksale bei Hallo Niedersachsen
Bis zum 9. November erzählt der NDR jeden Sonntag im Regionalmagazin Hallo Niedersachsen das Schicksal von Menschen aus den Grenzorten:
- 6. Oktober: Zicherie-Böckwitz - Das Hochzeitsfoto
- 13. Oktober: Hohegeiß und Sorge - Die missglückte Flucht
- 20. Oktober: Die Grenzdörfer Barnitz und Rüterberg
- 27. Oktober: Zicherie-Böckwitz - Eine Stunde Wiedersehen
- 3. November: Das Lübener Loch