Trotz Sanktionen: Russisches Holz im Verkauf?

Stand: 07.02.2025 13:24 Uhr

Recherchen von Markt liefern Anhaltspunkte, wonach auch jetzt russisches Holz in deutschen Baumärkten und Holzgroßhandlungen steht - trotz der Sanktionen der EU.

von Thomas Eckert, Wiebke Neelsen

Seit Juli 2022, kurz nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, ist der Import von Holz aus Russland in die EU und somit auch nach Deutschland verboten. Doch Russland war der zweitgrößte Holzlieferant der Welt.

Wie plausibel sind die Steigerungen anderer Holzexport-Länder?

Rund 137.000 Tonnen - so viel Holz hat das waldarme Kasachstan im Jahr 2023 in die EU exportiert. Zwei Jahre zuvor waren es mit 771 Tonnen sehr viel weniger. Das entspricht einer Steigerung um gigantische 18.000 Prozent innerhalb von zwei Jahren, so das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat).
Auch die türkischen Holz-Importe haben stark zugelegt. Zugleich sind im selben Zeitraum die russischen Importe in die EU um 99 Prozent eingebrochen - es waren ursprünglich gut 13,5 Millionen Tonnen im Jahr 2021. Besitzen Kasachstan und die Türkei plötzlich so viel mehr Holz?

Untersuchung auf Herkunft von Hölzern im Labor

Markt hat stichprobenartig Holz in Baumärkten und Großhandlungen eingekauft - und diese Hölzer im Labor auf ihre Herkunft untersuchen lassen. "Holz besteht aus Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, davon gibt es verschiedene natürliche Varianten, die in Regionen unterschiedlich vorkommen, das nennt man Isotope. Deshalb können wir das als Musterabgleich nehmen, um Herkünfte nachzuweisen", erklärt Markus Boner vom Labor agroisolab.

Sibirische Lärche sei bei der Kundschaft sehr begehrt

Eingeschickt hat Markt 19 Birken- und Lärchenproben. Insbesondere sibirische Lärche sei bei der Kundschaft sehr begehrt, weiß Johannes Zahnen. Er ist Tischler, Umweltingenieur und Holzhandels-Experte beim WWF. Im Holzgroßhandel und in Baumärkten gibt es die beliebte Holzart auch jetzt zu kaufen. Deklariert etwa als "Lärche" zum Teil mit, aber auch ohne Herkunftsangabe. In einem Fall war als Herkunft "kanadisch" genannt. Bei den Birken-Multiplex-Platten fanden sich nur auf einer eine Herkunftsangabe.

Händler verweisen auf "Lagerbestände"

Die Laboruntersuchung bringt Klarheit: Acht von elf Lärchenproben weisen Isotopenmuster auf, die typisch für russisches Holz sind. Darunter auch die beim Berliner Baustoff- und Holzgroßhändler Holz Possling gekaufte "kanadische Lärche". Bei den Birkenproben war ebenfalls eine russische Birkensperrholzplatte dabei. Die betreffenden Händler, wie etwa die großen Baumarktketten Bauhaus und Globus, verweisen auf "Lagerbestände".

Bauhaus schreibt unter anderem auf Anfrage von Markt: Es handle sich "bei der Multiplexplatte Birke um ein Produkt, welches aus Polen stammt. Der Produzent wurde … im Jahr 2023 nach dem PEFC-Standard zertifiziert, sodass eine falsche Herkunftsangabe praktisch ausgeschlossen ist." und weiter: Beim "Lärchenholzprodukt handelt es sich … um … Altware, die sich seit März 2022 im Bestand des örtlichen BAUHAUS Fachcentrums befindet."

Von der Baumarktkette Globus heißt es, das Lärchenholz wurde "nachweislich bereits vor Inkrafttreten der Sanktionen gegen Russland von unserem Lieferanten importiert."

Der Hamburger Holzgroßhändler A&J schreibt, man habe "in Corona … Partien zu Sonderkonditionen aufkaufen …können." Dann sei "nach Corona der Gartenholz-Markt eingebrochen. Der Abverkauf der Ware gestaltet sich also schleppend. Das ist der Grund warum wir noch Ware aus Russland/sibirische Lärche verkaufen.“

Holz Junge verweist darauf, man sei "seit vielen Jahren bereits kein Importeur mehr – sprich : sämtliche von uns gehandelte Ware wird über EU ansässige Importhäuser und / oder Makler bezogen. Wir – die Holz-Junge GmbH sind damit kein Marktteilnehmer, der Ware erstmal in dem EU Markt in Verkehr bringt. ... Darüber hinaus sind wir auch durch unsere PEFC und FSC Zertifizierung angehalten, die Bezugsquellen und Lieferwege unserer Lieferanten zu bewerten und verantwortlich zu beurteilen." Der Bestand an sibirischer Lärche erkläre sich dadurch: "Weniger schnell umschlagende Holzquerschnitte oder Längen sind teils bis heute noch in unserem Lager aus sibirischer Lärche, die wir ganz klar auch so deklarieren.

Holz Possling hat auf die Bitte von Markt um Stellungnahme nicht reagiert.

Holzgroßhändler kritisieren Verwerfungen im Holzhandel

Sowohl A&J als auch Holz Junge kritisieren in ihren Stellungnahmen Verzerrungen auf dem Holzmarkt. A&J schreibt: "Es ist eine Enttäuschung für uns als fairer Marktteilnehmer. Es gibt hier diverse Sachverhalte wie der Markt umgangen wird, also Holz falsch tituliert, Ware aus Drittstaaten werden eingeführt, umgelabelte Ware, etc.!" Auch Holz Junge stellt fest: "Dass trotz des bestehenden Importverbots anfangs weiterhin durch sehr wenige Marktteilnehmer Holz aus Russland in den Handel gelangte, ist ein Thema, das von allen seriösen Markteilnehmern mit großer Aufmerksamkeit und Besorgnis verfolgt wird. Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeglicher Umdeklarierung oder illegalen Handelspraktiken über Drittländer und beziehen unser Holz ausschließlich aus sicheren und überprüften Quellen innerhalb der EU."

EU-Waldrichtlinie EUDR soll Lieferwege nachvollziehbar machen

Im Dezember dieses Jahres soll die neue EU-Waldrichtlinie EUDR in Kraft treten – dann ein Jahr später als ursprünglich geplant. Ziel ist es künftig Importfirmen in die Verantwortung zu nehmen. Sie müssen dann dokumentieren, wo Waren wie Kaffee, Leder, Soja, Fleisch, Kautschuk oder Holz herkommen. Beginnend bei der Quelle, also beim Anbau, muss nachgewiesen werden, dass für das Produkt kein Baum gefällt wurde.

Hinweis der Redaktion: Die zitierten Auszüge aus den Stellungnahmen der Unternehmen in diesem Text haben wir im Nachhinein ergänzt.

 

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Dieses Thema im Programm:

Markt | 03.02.2025 | 20:15 Uhr

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