Der aktuell wohl wichtigste Grund sind Warnstreiks in der Logistikbranche und in Lagerhäusern. Bereits seit sechs Monaten laufen Tarifverhandlungen zwischen dem Handel und den Gewerkschaften. Anfang der Woche stoppte der Handelsverband Deutschland HDE für die Arbeitgeberseite die Gespräche mit den Gewerkschaften auf Landesebene und forderte ein Gespräch mit der ver.di-Bundesebene. Wie lange sich die Tarifrunde noch zieht, ist unklar. Besonders betroffen sind kleine und mittelgroße Filialen, weil sie kaum Lagerfläche haben und deshalb leere Regale nicht einfach auffüllen können, wenn kein Warennachschub kommt. Ein weiterer Aspekt des Tarifstreiks: Teilweise verderben auch frische Waren, weil sie wegen der Streiks nicht rechtzeitig im Geschäft ankommen.
Laut Handelsverband HDE ist der Höhepunkt dieser Konflikte überschritten - wie etwa zwischen Edeka und Coca-Cola, Edeka und Mars oder zwischen Rewe und Kellogg's und Ritter Sport. Besonders stark war die Branche nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine unter Druck, weil sich Rohstoffe nochmals schlagartig verteuerten, die bereits während der Corona-Pandemie im Preis gestiegen waren, und die Hersteller neue Preise aushandeln wollten. Die Handelskonzerne wollen die Preise dagegen nicht zu stark erhöhen, um nicht die Kunden zum Beispiel an Discounter zu verlieren. Infolgedessen fehlten kurzzeitig Waren, bis sie wieder geliefert wurden. Es kann auch sein, dass Waren aus dem Sortiment verschwinden, also ausgelistet werden oder Hersteller von sich aus Händler nicht mehr beliefern, weil sich Handel und Hersteller nicht einig werden können. Aktuell sind jedoch die Warnstreiks in der Tarifrunde der wichtigste Grund für Regallücken.
Wohl eher nicht. Der Handel sei wie auch schon in den vergangenen sechs Monaten in der Lage, die Versorgung sicherzustellen, so der Handelsverband HDE. Die Knappheit von Waren im ersten Corona-Lockdown 2020 war nach Angaben des Handelsverbandes darauf zurückzuführen, dass der Handel nicht darauf vorbereitet war. Streiks und längere Preisverhandlungen hingegen haben die Händler in ihren Kalkulationen berücksichtigt.
Fast alle Experten und Branchenkenner sind sich einig: Das Preisniveau von vor Corona kehrt nicht zurück. Manche Markenhersteller haben sogar bereits weitere Preiserhöhungen angekündigt - wie etwa Procter & Gamble oder Unilever - auch auf die Gefahr hin, Kunden an billigere Eigenmarken der Discounter und somit Marktanteile zu verlieren. Laut GfK sind die Marktanteile der Markenprodukte zuletzt gesunken und die der Eigenmarken gestiegen. Von diesen gibt es mittlerweile mehr und sie haben auch gut 20 Prozent mehr Umsatz gemacht. Der Kampf "Marke gegen Discounter" geht also weiter.