Stand: 26.06.2020 09:27 Uhr

Morbus Menière: Was hilft gegen den Drehschwindel?

Senior fasst sich mit beiden Händen an die Schläfe © fotolia.com Foto: BillionPhotos.com
Morbus Menière kann einen heftigen Drehschwindel auslösen, der zu Übelkeit und Erbrechen führt.

Wer immer wieder Drehschwindelattacken erleidet, die sogar zu Übelkeit und Erbrechen führen können, könnte von der Menière'schen Krankheit(Morbus Menière) betroffen sein. Sie ist nicht einfach zu diagnostizieren, da sie mit anderen Erkrankungen einhergehen kann, die ähnliche Symptome verursachen, und weil ihre typischen Symptome auch andere Ursachen haben können. Auf 100.000 Einwohner kommen etwa 100 bis 150 Fälle von Morbus Menière.

Symptome von Morbus Menière

Folgende Symptome können auf Morbus Menière hinweisen:

  • Drehschwindel von mehreren Stunden bis Tagen
  • Tinnitus (Ohrgeräusch)
  • Hörminderung primär im Tieftonbereich
  • Augenzittern (Nystagmus) in der Akutphase
  • einige Patienten haben auch ein Druckgefühl auf dem Ohr.

Die Menièr‘sche Erkrankung spielt sich im Innenohr ab: Aus noch ungeklärter Ursache kommt es in dessen flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen zu einem Stau und plötzlichen Anschwellen, was zu einer Hörminderung, Ohrgeräuschen und im Bereich des Gleichgewichtsorgans zu Drehschwindel und einer Gleichgewichtsstörungen führen kann.

So wird Morbus Menière diagnostiziert

Auch wenn Schwindel ein wesentliches Symptom bei Morbus Menière ist, kann dieser ebenso durch hirnbedingte Erkrankungen wie Schlaganfall, besondere Migräneformen oder andere Nervenerkrankungen ausgelöst werden. Um solche Ursachen auszuschließen, werden Patienten mit Verdacht auf Morbus Menière einer Reihe von Tests unterzogen. Mit Warm- und Kaltwasserspülungen wird das Gleichgewichtsorgan gereizt und ein Schwindel provoziert. Ein Augenzittern zeigt, dass das Gleichgewichtsorgan funktioniert. Reagiert es auf beiden Seiten unterschiedlich, deutet dies auf einen Morbus Menière hin.

Akutphase: Therapie mit Kortison

Tritt ein Morbus Menière akut auf, wird sofort eine Standardtherapie mit Kortison eingeleitet. Es kann als Tablette, Infusion oder am besten durch das geschlossene Trommelfell hindurch verabreicht werden. Auf diesem Weg lassen sich Nebenwirkungen vermeiden und eine hohe Dosis im Innenohr erreichen, um die in der Akutphase gestörten Sinneszellen zu stabilisieren. Für eine Langzeittherapie ist Kortison aufgrund seiner Nebenwirkungen allerdings nicht geeignet.

Medikamente oder Operation können langfristig helfen

Auf längere Sicht kann der Wirkstoff Betahistin den Stoffwechsel im Innenohr verbessern und die Beschwerden lindern. Doch nicht immer schlägt diese Therapie an. Erleiden die Betroffenen selbst unter hoher Dosierung ohne Vorwarnung so schwere Menière-Attacken, dass sie nicht mehr in der Lage sind, Auto zu fahren oder zu arbeiten, kann eine Operation helfen. In der Regel genügt ein schonender, die Funktion erhaltender Eingriff, sodass die Betroffenen hinterher sowohl hören, als auch über einen intakten Gleichgewichtssinn verfügen. Bei der sogenannten Sakkotomie wird der für die Druckregulation im Innenohr zuständige endolymphatische Sack entlastet, sodass die überschüssige Flüssigkeit (Endolymphe) aus dem Innenohr besser abtransportiert werden kann. Allerdings besteht bei diesem Verfahren ein geringes Verletzungsrisiko, das zu schweren Folgen für die Funktionsfähigkeit beider Organe führen kann. Und nur bei zwei von drei Betroffenen bringt es eine dauerhafte Linderung der Symptome.

Bei Taubheit kann ein drastischer Eingriff helfen

Bei extremen Drehschwindelattacken und einseitiger Taubheit kann ein anderer, drastischerer Eingriff helfen: Um das gestörte Gleichgewichtsorgan komplett auszuschalten und so den Drehschwindel zu beseitigen, bohrt der Operateur ein winziges Loch in die dünne Knochenlamelle zwischen dem Endolymphraum und dem Perilymphraum des Innenohrs, sodass sich die darin enthaltenen Flüssigkeiten vermischen. Für die Funktion des Innenohrs müssen die Salzkonzentrationen in diesen beiden Räumen unterschiedlich sein, sodass das gestörte Organ durch diesen Eingriff zuverlässig ausgeschaltet wird. Damit enden die Drehschwindelattacken, allerdings geht auch das Hörvermögen auf dieser Seite verloren. Deshalb darf diese Operation nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Seite bereits ertaubt ist. Der fehlende Gleichgewichtssinn wird in den darauf folgenden Monaten durch das Organ der gesunden Seite übernommen. In einem zweiten Schritt wird dann das Hörvermögen durch eine elektronische Innenohrprothese (Cochlea-Implantat) ersetzt. Etwa jeder dritte Menière-Betroffene erkrankt im Laufe der Zeit allerdings auch auf der anderen Seite. Diese darf aber nicht ebenfalls ausgeschaltet werden.

Bevor sich ein Betroffener zu einem invasiven Eingriff entschließt, sollte er sich in jedem Fall eingehend beraten lassen und im Zweifel auch eine zweite Meinung einholen. Zudem sollten solche Operationen in Zentren durchgeführt werden, die über entsprechende Erfahrung verfügen.

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Experten zum Thema

Dr. Sylvia Brockhaus, Fachärztin HNO-Heilkunde, Allergologie und Laboratoriumsmedizin
Straßenbahnring 3
20251 Hamburg
www.hno-falkenried.de

Univ.-Prof. Dr. Martin Westhofen, Klinikdirektor
Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Plastische Kopf- und Halschirurgie
Universitätsklinikum Aachen, AöR
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
(0241) 80-89 360
www.ukaachen.de

Weitere Informationen
Kontakte und Informationen für Morbus Menière, KIMM e.V.
Bundesweite Selbsthilfeorganisation
www.kimm-ev.de

Informationen der Tinnitus-Liga über Morbus Menière
www.tinnitus-liga.de/pages

Dieses Thema im Programm:

Visite | 23.06.2020 | 20:15 Uhr

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