Verkaufsstart für Böller und Raketen: Feuerwerk - ja oder nein?
Erstmals seit drei Jahren darf seit Donnerstag (29.12.) wieder Silvester-Feuerwerk verkauft werden. Während die Pyrotechnik-Branche aufatmet, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe den Verkaufsstart. Sie fordert erneut ein endgültiges Verbot für Böller und Raketen.
Wenn Klaus Gotzen über den Verkaufsstart von Böllern und Raketen spricht, dann ist ihm die Erleichterung mit jedem Wort anzumerken: "Wir sind zuversichtlich, dass alles so läuft wie vor Corona", sagt der Geschäftsführer des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI).
Die vergangenen beiden Jahre waren hart für seine Branche. Wegen des Verkaufsverbots während der Pandemie gerieten die Hersteller hierzulande in die schwerste Krise ihrer Geschichte. Viele Unternehmen standen kurz vor der Insolvenz, da 90 Prozent der Umsätze an den Tagen rund um den Jahreswechsel erzielt werden. Nur die Corona-Hilfen und Corona-Kredite hätten das verhindert, sagt Gotzen.
Kein Werksverkauf bei Weco in Kiel
Der wirtschaftliche Schaden ist dennoch riesig. Selbst die Weco Feuerwerk GmbH, Europas Marktführer, musste seinen größten Standort in Sachsen schließen. Das Unternehmen konzentriert sich nun auf den Hauptsitz in Eitorf (Nordrhein-Westfalen) und die Außenstelle in Kiel. Den Werksverkauf bei Weco in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt wird es dieses Mal aber nicht geben. Er wurde abgesagt. "Dafür reicht das Personal einfach nicht aus", sagt Pressesprecher Oliver Gerstmeier. "Vor allem im zweiten Verbotsjahr haben sich viele beruflich neu aufgestellt."
Trotz der Verluste und des wirtschaftlichen Schadens glaubt Weco weiterhin an eine Zukunft von privatem Feuerwerk in Deutschland, wie Gerstmeier sagt: "Deshalb freuen wir uns auch darauf, dass endlich wieder Feuerwerk verkauft werden darf. Schließlich arbeitet die Branche genau darauf das ganze Jahr hin."
Deutsche Umwelthilfe: "Knallerei ist nicht mehr zeitgemäß"
Ganz anders blickt dagegen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf den Verkaufsstart. Sie hatte ein endgültiges Verbot von Silvester-Feuerwerk gefordert. "Wir bedauern es sehr, dass der Politik der Mut gefehlt hat, das Verkaufsverbot fortzusetzen", sagt Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er befürchtet nun, dass wieder wie vor Corona geknallt und gezündelt werde. "Dabei ist diese ungeregelte Knallerei einfach nicht mehr zeitgemäß."
Das sehen offenbar viele Menschen in Deutschland ähnlich, wie eine repräsentative Umfrage der Verbraucherzentrale Brandenburg zeigt. Demnach stimmten 53 Prozent der deutschlandweit Befragten für ein Feuerwerksverbot - dagegen waren 39 Prozent.
Verband: "Der Schwarzmarkt profitiert von einem Verbot"
Aus Sicht des VPI wäre das endgültige Verbot ein kultureller und emotionaler Verlust, wie Geschäftsführer Glotzen NDR Schleswig-Holstein sagt: "Immer noch freuen sich viele Menschen darauf, dass das neue Jahr farbenfroh und farbenprächtig begrüßt werden kann."
Darüber hinaus hätten die vergangenen Jahre gezeigt: Ein Verbot sei kontraproduktiv - besonders im Hinblick auf illegale Feuerwerkskörper, sogenannte Polen-Böller, meint Glotzen weiter. "Dann besorgen sich die Leute ihre Böller oder Raketen woanders - ob im Ausland oder auf dem Schwarzmarkt. Das ist doch ein gefährlicher Trend."
Ob der Handel mit verbotenem Feuerwerk aus dem Ausland zugenommen hat, ist nicht sicher. Allerdings gab es in den vergangenen Wochen mehrere Razzien in Deutschland und den Niederlanden. Dabei stellte die Polizei rund 250 Tonnen illegale Feuerwerkskörper sicher. Zudem warnte der Zoll erst kürzlich wieder vor dem Geschäft mit illegalen Böllern.
Nachhaltigkeit: Hier hat die Pyrotechnik-Branche Nachholbedarf
"Nichtsdestotrotz überwiegen negative Argumente eindeutig", sagt DUH-Geschäftsführer Resch: "Wir reden hier über unzählige Verbrennungen, Augenverletzungen, verängstigte Tiere, Sachschäden an Fahrzeugen und Gebäuden - ganz zu Schweigen von den enormen Müllmengen und der Belastung für die Umwelt."
Was das Thema Nachhaltigkeit angeht, hat die Pyrotechnik-Branche tatsächlich Nachholbedarf. Das weiß auch Glotzen: "Der Plastikanteil bei Feuerwerksartikeln muss reduziert werden. Schon jetzt bestehen sie zu 90 Prozent aus Altpapier. Dennoch: Solche Entwicklungen geschehen nicht von heute auf morgen", sagt der VPI-Geschäftsführer.
Deutsche Umwelthilfe: "Drohnen sind Alternativen zu Feuerwerk"
Das sei Augenwischerei, entgegnet Resch. "Dass die Feuerwerksartikel jetzt weniger Plastik enthalten, löst nicht die anderen Probleme - im Bezug auf Feinstaub oder Verletzung." Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe geht sogar weiter und meint: "Ganz im Gegenteil: Wir sollten in Zukunft komplett auf Feuerwerk verzichten. Es gibt auch schon Alternativen. Stichwort: leuchtende Drohnen."
Solche Alternativen werden zum Beispiel auch schonbei der Kieler Woche eingesetzt, weltweit eines der größten Segelevents. Seit 2021 sorgen dort Drohnen für ein buntes Abschlussfeuerwerk - und somit für eine geringere Feinstaubbelastung durch weniger Raketen und andere Pyrotechnik.
Doch in der diesjährigen Silvesternacht werden Drohnen wohl in vielen Städten, Gemeinden und Kommunen keine ernste Alternative sein.