Wie die Stadt Marne zur Karnevalshochburg wurde
1956 zog zum ersten Mal ein Rosenmontagszug durch Marne im Kreis Dithmarschen. Seitdem hat die Stadt das Karnevalsfieber gepackt - und lockt mittlerweile jedes Jahr mehr als 20.000 Interessierte an.
Rund 50 buntbemalte Karnevalswagen ziehen am Rosenmontag immer an den Menschenmengen vorbei durch die Marner Innenstadt (Kreis Dithmarschen). Damit alle sicher feiern können, werden die Wagen am Tag selbst von Polizei und Ordungsamt geprüft, und vorab durch die Marner Karnevalsgesellschaft. Präsident Heiko Claußen macht das nun schon seit 2006: "Denkt daran: Bogenwurf! Also nicht gezielt auf Personen werfen, auch nicht irgendwelche Schilder beschädigen mit den harten Bonsche."
"Alle haben geile Laune"
Mit einer Checkliste läuft er am Wochenende vor Karneval durch Scheunen in und um Marne, begutachtet Wagenaufbauten und Traktoren, belehrt die Verantwortlichen. Wichtige Vorbereitungen für den größten Karnevalszug Norddeutschlands und sein persönliches Highlight: "Wenn ich durch die durch die Fahrzeugkolonne laufe, bevor das eigentlich richtig losgeht: Du guckst nur in freundliche Gesichter, die haben alle geile Laune."
Von der Geschäftsidee zur Tradition
Anfang des 20. Jahrhunderts kam durch Rheinländer beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals der Karneval nach Schleswig-Holstein, wurde in Kiel der erste Karnevalsverein gegründet. Der Grund für den Start des ausgelassenen jecken Treibens in Marne Jahrzehnte später: eine buchstäbliche Schnapsidee. Mitte der 50er-Jahre setzen sich findige Geschäftsleute zusammen und überlegen, wie sie ihr Wintergeschäft beleben können. Gastwirt Otto Bublitz, damaliger Besitzer des "Holsteinischen Hauses", schlägt Karnevalsveranstaltungen vor, Umzüge und Prunksitzungen, natürlich bei ihm im Lokal. Und die Marner ziehen mit, organisieren nach rheinischem Vorbild ihren eigenen Karneval.
Einiges übernehmen sie - wie die Uniformen, Prinzenpaar, Tanzgarde, das Parlament des Narrenreiches, den sogenannten Elferrat. Anderes passen die Marner an ihre Region an. Statt "Alaaf" oder "Helau" rufen sie auf Plattdeutsch "Marn hol fast". Und beim Rosenmontagszug verteilen sie auch lokale Produkte wie Kohl oder Kartoffeln.
"Marn hol fast" - Marne hält zusammen
Für die jüngeren Generationen gehört der Marne Karneval selbstverständlich zum Stadtleben dazu. Auch Heiko Claußen hat schon als Jugendlicher immer den Rosenmontagszug besucht. Vom Zuschauer zum Karnevalist wurde er aber erst durch seine Frau. Er erzählt: "Sie hat mich 1992 mit zur Prunksitzung geschleppt und da war ich ganz begeistert davon, was sie da so machen. Und ich kriegte an dem Abend gleich den ersten Job: Ich durfte dann am nächsten Rosenmontag als Rathauswache das Rathaus bewachen." Seitdem engagiert er sich in der Marner Karnevalsgesellschaft, war seit 2006 sogar Präsident. Dieses Amt hat er inzwischen abgegeben, aber er wird mit dem Karneval trotzdem weitermachen.
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Ähnlich geht es auch Hans-Joachim "Hufi" Huffnagel. Er gründete in den 60er-Jahren die Marner Karnevalsgesellschaft mit, war Prinz und im Elferrat, moderierte mehr als zehn Jahre als Sitzungspräsident die Prunksitzung in Marne. Auch heute lässt der Karneval ihn nicht los. "Das liegt wohl im Blut. Ich bin hängengeblieben damals, weil mir das einfach Spaß gemacht hat - macht es immer noch", sagt er.
"Karneval ist halt Fröhlichkeit. Wir haben genug Mist auf der Welt aktuell und da mal ein paar Stunden einfach mal richtig feiern." Heiko Claußen, Präsident der Marner Karnevalsgesellschaft
Wenig Politik, dafür bunte Filmfiguren
Der Spaß und der Zusammenhalt untereinander, das gemeinsame Planen, Gestalten und Feiern der fünften Jahreszeit mitten in Dithmarschen steht für die Marner im Vordergrund. Politische Themen wie zum Beispiel in Köln, Düsseldorf oder Mainz findet man beim Marner Rosenmontagszug eher selten, sagt Heiko Claußen: "Das kommt immer mal wieder vor, dass da auf die internationale oder auch auf die nationale Politik Bezug genommen wird, aber das ist weniger als im Rheinland."
2025 fuhren die Wagen beim Rosenmontagszug unter anderem mit den Mottos "Sesamstraße", "Minions" und "Shaun das Schaf" durch Marne. Bunt und aufwändig gestaltet zeigen sie, warum Marne zur norddeutschen Karnevalshochburg wurde, mit rheinischem Frohsinn, närrischer Freude - und Dithmarscher Akzent.
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