Eine Unterwasser-Aufnahme zeigt eine Person in Taucherausrüstung in der Nähe einer Seegraswiese. © NDR Foto: Jörn Zahlmann

Klimaretter: Wo das Seegras in SH zurückkehrt - und wo nicht

Stand: 03.03.2025 08:13 Uhr

GEOMAR-Forschende beobachten, dass dort, wo weniger gedüngt wird, das Seegras in der Ostsee besser wächst. Der Bauernverband sieht große Fortschritte - und will Einträge weiter reduzieren.

von Jörn Zahlmann

Es könnte der Beginn einer intensiven Landwirtschaft unter Wasser sein: Seit rund einem Jahr experimentiert ein GEOMAR-Forschungsteam in der Kieler Förde mit Seegras-Samen. Taucherinnen und Taucher haben die Samen mit verschiedenen Techniken in den Meeresboden gespritzt. Jetzt konnten sie beobachten, dass die Pflanzen auf vielen Versuchsfeldern tatsächlich anwachsen.

Ein Geomar-Taucheinsatz mit Schlauchboot in der Kieler Förde. © NDR Foto: Jörn Zahlmann
Mit dem Schlachboot fährt das GEOMAR-Team zum Tauchgang auf den Spuren des Seegrases in der Kieler Förde.

Das sei ein großer Hoffnungsschimmer, denn in den vergangenen Jahrzehnten seien rund 60 Prozent aller Seegras-Flächen an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste verloren gegangen, schätzt das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Dafür machen die Forschenden auch die Landwirtschaft verantwortlich. Denn: Nährstoffeinträge durch Düngung förderten das Algenwachstum und trübten das Ostsee ein - Gift für das lichthungrige Seegras. Für die Geomar-Forschenden funktionieren die Seegraswiesen wie Moore: Sie speichern langfristig große Mengen Kohlenstoff und sind Lebensraum für etliche Tier- und Pflanzenarten.

Seegras-Bestände in der Flensburger Förde eingebrochen

"Wir haben Orte, wie zum Beispiel die Flensburger Förde. Dort sind Bestände zusammengebrochen. Wir haben dort eine Reduktion um circa 80 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Hier in der Kieler Förde haben wir dagegen Zuwächse um über 50 Prozent", sagt Philipp Schubert. Der GEOMAR-Meeresbiologe kartiert seit mehr als zehn Jahren die Seegras-Bestände an der Ostsee, um Veränderungen sichtbar zu machen.

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Nährstoffbericht bestätigt GEOMAR-Forschung

Aber warum wird der Meeresboden in Kieler Förde grüner und in der Flensburger Förde karger? "Der einzige Grund, den wir dafür sehen, ist, dass wir hier ein urbanes Setting haben, zwar mit vielen Menschen, aber relativ saubere Umgebung, wenig Nährstoffeinträge - und in der Flensburger Förde, dort haben wir eine intensive Landwirtschaft, die sich auch in den letzten Jahren noch intensiviert hat. Dort sind hohe Nährstoffeinträge zu verzeichnen." Der Nährstoffbericht des Landes Schleswig-Holstein von 2020 stützt Schuberts These. Die Kreise Schleswig-Flensburg und Nordfriesland hatten demnach die höchsten organischen Düngemengen je Hektar.

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Bauernverband: Dünger-Absatz seit 2015 deutlich verringert

Der Bauernverband in Schleswig-Holstein verweist unter anderem auf die Gewässer-Randstreifen, die flächendeckend eingerichtet wurden. Diese schützten mittlerweile nahezu überall die Fließgewässer vor der Einwaschung von Nährstoffen wie Phosphat und Stickstoff. Und: Innovationen in der Ausbringtechnik würden den Einsatz von Dünger effizienter machen.

2015 seien noch 218.000 Tonnen Stickstoff und knapp 40.000 Tonnen Phosphat in Schleswig-Holstein abgesetzt worden. Seitdem seien der Stickstoff-Eintrag um fast 51 Prozent und der von Phosphat um gut 70 Prozent zurückgegangen, heißt es vom Bauernverband. Die "Zielvereinbarung Ostseeschutz" sei ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Sicher ist: Über die Zukunft des Seegrases in der Ostsee entscheiden Landwirtschaft und Forschung - über und unter Wasser.

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