Sicherheitsbedenken im Ostseeraum: Schweden stoppt Pläne für Windparks
Schweden will auf fast alle geplanten Windparks in der Ostsee verzichten. Der Grund sind nach Angaben der schwedischen Regierung Folgen für die Verteidigungsfähigkeit des Landes, die von Offshore-Windparks ausgehen.
Wegen möglicher Folgen für die Verteidigungsfähigkeit des Landes will Schweden die Planungen für zahlreiche Windparks in der Ostsee auf Eis legen. Die schwedische Regierung hat am Montag über 14 Projekte entschieden. Davon wurde nur eines genehmigt, für die übrigen 13 Windparks werde es keine Baugenehmigung geben, hieß es. Für zehn weitere Projekte steht ein Beschluss noch aus. Drei der Offshore-Anlagen hätten nahe der Seegrenze zu Deutschland gebaut werden sollen.
Jonson: Anlagen erschweren militärische Aufklärung
Die Windparks waren laut schwedischen Medien vor den Åland-Inseln im Norden entlang der gesamten Ostküste Schwedens bis zum Öresund geplant. Die Anlagen hätten jedoch "inakzeptable Auswirkungen auf die Verteidigungsinteressen", sagte Verteidigungsminister Pål Jonson auf einer Pressekonferenz. Das neue NATO-Mitglied befürchtet, dass die Windturbinen Radaranlagen stören könnten, die zum Orten von Schiffen, Flugzeugen und Drohnen benötigt werden. Auch U-Boote könnten wegen der Windkraftanlagen schwer entdeckt werden, so Jonson. Außerdem würde sich die Vorwarn-Zeit für einen Raketenangriff von zwei Minuten auf nur eine Minute halbieren.
Sicherheitsbedenken im Ostseeraum nehmen zu
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat sich die Sicherheitslage in der Ostsee verschärft. So kam es im vergangenen Jahr etwa vermehrt zu Einsätzen von NATO-Jets im sogenannten "Air Policing", also der Polizeiarbeit der NATO in der Luft. In den meisten Fällen fingen NATO-Jets russische Militärflugzeuge ab, die sich unangekündigt und ohne die Übermittlung von Positionsdaten über der Ostsee bewegten. Die russische Exklave Kaliningrad als wichtige Marine- und Raketen-Basis ist nur rund 300 Kilometer von der schwedischen Küste entfernt. Das sei der Grund dafür, dass Offshore-Windkraft in der Ostsee militärisch betrachtet schwierig sei, so Jonson.
Genehmigungsverfahren in Schweden
In vielen Ländern geben Regierungen gewisse Gebiete für die Nutzung als Offshore-Windpark frei und im Anschluss konkurrieren Firmen um Exklusivrechte. In Schweden läuft das Genehmigungsverfahren für die Anlangen anders ab: Dort stellen Unternehmen einen Antrag auf ein Gebiet ihrer Wahl und bekommen dann eine Genehmigung oder eben nicht. Ob es auch deshalb zu mehr Absagen kommt, ist unklar.
Pistorius: Ostseeraum bedeutend für Sicherheit Europas
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte erst kürzlich die Bedeutung des Ostseeraumes für die Sicherheit Europas hervorgehoben. Dies sei mit der fortlaufenden Aggression Russlands gegen die Ukraine in unmittelbarer Nachbarschaft noch deutlicher geworden. Deshalb übernehme die deutsche Marine mit einem neuen Hauptquartier in Rostock Aufgaben der Nato, die dadurch ihre Verteidigungsbereitschaft in der Ostsee-Region stärken will. Deutschland, das in dem Nato-Bündnis die größte Marine in der Ostsee stellt, übernahm die regionale Führungsrolle zum ersten Oktober.