Maritimes Hauptquartier in Rostock: Experten weisen Kritik aus Russland zurück

Stand: 23.10.2024 14:30 Uhr

In Rostock entsteht ein neues maritimes Hauptquartier zur Sicherung der Ostseeregion. Experten weisen die russische Kritik zurück, es verstoße gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der NATO-Truppen in Ostdeutschland verbiete. NDR MV mit einem Faktencheck.

Aus Russland kommt scharfe Kritik am neuen maritimen Hauptquartier, das in rostock entstehen und die Ostseesicherheit stärken soll: Der Standort verstoße gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der eine Stationierung von NATO-Truppen in Ostdeutschland verbiete, hieß es aus Moskau. Die Kritik aus Russland wurde unter anderem von Juri Hempel geäußert, einem Abgeordneten im Staatsrat der von Russland annektierten Krim und Mitglied der Putin-Partei "Einiges Russland". Tatsächlich handelt es sich bei der Einrichtung jedoch nicht um ein NATO-Hauptquartier. Laut Sebastian Bruns, Experte für maritime Sicherheit und Strategie an der Universität Kiel, wird dieses häufig missverstanden: "Es handelt sich eben nicht um ein NATO-Kommando oder gar ein NATO-Hauptquartier, sondern es ist ein Stab der Deutschen Marine, dessen Ergebnisse der NATO angeboten werden." Bruns betont im Gespräch mit NDR MV, dass internationale Offiziere - etwa aus Polen, Schweden und Finnland - zwar dort tätig seien, aber keine NATO-Streitkräfte in Rostock stationiert werden.

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Russische Vorwürfe und die Rolle des Zwei-plus-Vier-Vertrags

Russlands Kritik stützt sich auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990, der die Souveränität Deutschlands nach der Wiedervereinigung regelte.In Artikel 5 des Vertrags heißt es, dass bis zum Abzug der sowjetischen Truppen keine ausländischen Streitkräfte in Ostdeutschland stationiert werden dürfen. Dieser Abzug war jedoch bereits 1994 abgeschlossen, und der Vertrag sieht nach dieser Frist keine dauerhafte Beschränkung vor. "Ich empfehle allen, den Zwei-plus-Vier-Vertrag selbst zu lesen", so Bruns zu NDR MV. "Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen gibt es keine Verpflichtung mehr, die Stationierung ausländischer Kräfte grundsätzlich zu verbieten. Deutschland hat sich aus Rücksicht auf Russland viele Jahre daran gehalten, aber rechtlich ist dieses Verbot nach 30 Jahren nicht mehr bindend."

Zusammenarbeit statt Stationierung

Das neue Hauptquartier in Rostock, offiziell "Commander Task Force Baltic" genannt, ist eine deutsche Initiative, die auf internationaler Zusammenarbeit beruht. Es ermöglicht der Deutschen Marine, gemeinsam mit Partnern wie Schweden, Polen und den baltischen Staaten Daten zu sammeln und diese der NATO zur Verfügung zu stellen. Das bestätigt auch das deutsche Verteidigungsministerium: Es handelt sich nicht um die Stationierung von NATO-Truppen, sondern um die Zusammenarbeit von Offizieren aus verschiedenen Ländern. Politikwissenschaftler Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr betont: "Es werden dort also neben den deutschen auch ein paar Stabsoffiziere aus NATO-Ländern Dienst tun. Das ist keine Stationierung von Streitkräften."

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Verstößt das Rostocker Hauptquartier gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag?

Die Experten sind sich einig: Das neue Marine-Hauptquartier in Rostock verstößt nicht gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag. Laut Bruns ist die Einrichtung eine rein deutsche Initiative: "Es handelt sich um einen Stab der Deutschen Marine, keine NATO-Truppen. Der Vertrag bezieht sich klar auf die Zeit vor 1994." Auch Historiker Bernhard Blumenau von der Universität St. Andrews weist darauf hin, dass der Vertrag im historischen Kontext gesehen werden muss: "Damals ging es um Sicherheitsgarantien für die UdSSR. Heute verläuft die NATO-Grenze viel weiter östlich."

FAQ zum Zwei-plus-Vier-Vertrag

Was ist der Zwei-plus-Vier-Vertrag?

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde 1990 zwischen den beiden deutschen Staaten (BRD und DDR) sowie den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs (USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich) geschlossen. Er regelte die volle Souveränität des wiedervereinigten Deutschlands und legte Themen wie den Abzug der alliierten Truppen, die Grenzen Deutschlands und den Verzicht auf Massenvernichtungswaffen fest. Zudem schrieb er vor, dass bis zum Abzug der sowjetischen Truppen 1994 keine ausländischen Streitkräfte in Ostdeutschland stationiert werden durften.

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