"Fridays for Future": Tausende bei Klima-Demos auf der Straße
Tausende Menschen sind am Freitag in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen dem Aufruf der Klimaschutz-Bewegung "Fridays for Future" zum globalen Klimastreik gefolgt. Sie demonstrierten für eine Verkehrswende und die Einhaltung der Pariser Klimaziele. In Niedersachsen und Bremen sorgten noch bis in die Nacht Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr für Einschränkungen.
"Fridays for Future" (FFF) organisierte in ganz Deutschland mehr als 240 Protestaktionen. Die größte Demo im Norden fand in Hamburg statt - dort folgten dem Aufruf der Klima-Bewegung laut Polizei etwa 5.500 Menschen. "Fridays for Future" selbst sprach von rund 12.000 Teilnehmenden. Weitere Kundgebungen gab es unter anderem in Hannover, Braunschweig, Kiel und Lübeck. Eine Forderung von "Fridays for Future" sind massive Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr.
Die Gewerkschaft ver.di rief zudem Beschäftigte des Nahverkehrs am Freitag in insgesamt sieben Bundesländern zu 24-stündigen Streiks auf - neben Niedersachsen und Bremen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Die Streiks haben am frühen Morgen begonnen. In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg fahren dagegen alle Busse und Bahnen planmäßig. Der Regional- und Fernverkehr ist von dem Ausstand nicht betroffen.
Niedersachsen: Verkehrsbehinderungen in Hannover
Vor allem im Straßen- und Bahnverkehr in Hannover waren die Auswirkungen der parallel stattfindenden Protestaktionen deutlich zu spüren. In der niedersächsischen Landeshauptstadt beteiligten sich nach Polizeiangaben knapp 1.000 Menschen am Klimastreik. An der Kundgebung von ver.di nahmen demzufolge rund 480 Menschen teil. Beide Veranstaltungen verliefen störungsfrei, hieß es. Im Vorfeld hatte die Polizei Autofahrerinnen und Autofahrern geraten, den Innenstadtbereich weiträumig zu umfahren, da erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen drohten.
Der ver.di-Warnstreik im Nahverkehr war bis 1 Uhr früh am Sonnabend angesetzt. "Die Busse und Straßenbahnen sind zu Betriebsbeginn erst gar nicht auf die Straße oder Schiene gegangen", sagte der Chef für den ver.di-Bezirk Niedersachsen/Bremen, Detlef Ahting. Neben der Üstra in Hannover sind unter anderem auch ÖPNV-Betriebe in Göttingen und Braunschweig betroffen. Es wird allerdings nicht im ganzen Land gestreikt - in Osnabrück, Oldenburg und Ostfriesland etwa fahren die meisten Busse, wie NDR 1 Niedersachsen berichtet.
Umweltminister Meyer: "Müssen alles für Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels tun"
Am Rande der FFF-Demo in Hannover sprach sich auch Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) für konsequenten Klimaschutz aus. "Wir müssen alles tun, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten", sagte er mit Blick auf die globale Erderwärmung. Dazu gehörten ausdrücklich auch ein schnelles Aus für neue Öl- und Gasheizungen in Gebäuden, die Förderung der energetischen Gebäudesanierung und eine schnelle Solardachpflicht.
In Braunschweig gab es eine gemeinsame Kundgebung von Beschäftigten des Nahverkehrs und von "Fridays for Future" mit Hunderten Teilnehmenden - mit anschließender Demo der Klimaaktivisten. In Göttingen demonstrierten rund 1.800 Menschen. Einige Aktivisten klebten sich dort auf die Straße.
Zwischenfall in Bremen: Klima-Aktivist angefahren
In Bremen beteiligten sich nach Angaben der Polizei etwa 2.200 meist junge Leute am Klimastreik. Parallel dazu nahmen etwa 1.500 Menschen an einer Gewerkschaftskundgebung teil. Weil wegen des ver.di-Warnstreiks weder Busse noch Bahnen fuhren, kamen viele von ihnen mit Fahrrädern zur Kundgebung. Im Vorfeld kam es zu einem Zwischenfall, als eine Autofahrerin einen Aktivisten anfuhr, der sich wie zwei weitere Aktivisten auf einer Straße festgeklebt hatte. Die Polizei beschlagnahmte den Führerschein der 60-Jährigen und ermittelt wegen einer Gefährdung des Straßenverkehrs.
Schleswig-Holstein: FFF kritisiert die Landesregierung
Die landesweit größte FFF-Demo in Schleswig-Holstein fand in Kiel laut Polizei mit mehr als 2.500 Teilnehmenden statt. Vor allem im Innenstadtbereich und auf der B76 gab es Verkehrsbehinderungen. In Lübeck gingen laut Polizei etwa 400 Menschen auf die Straße. Katharina Kewitz von der Lübecker "Fridays for Future"-Ortsgruppe sagte NDR Schleswig-Holstein, die Klimakrise sei global: "Wir erleben sie überall auf der Welt, wir erleben sie überall in Schleswig-Holstein und deswegen ist es auch so wichtig, dass überall Menschen auf die Straße gehen."
Weitere Demos in Schleswig-Holstein gab es in Niebüll (Kreis Nordfriesland), Rendsburg, Neumünster, Bad Segeberg, Pinneberg, Eutin (Kreis Ostholstein), Pinneberg und Elmshorn (Kreis Pinneberg). Auf der FFF-Internetseite heißt es dazu: "Als 'Fridays for Future'-Bewegung streiken wir nun bereits seit drei Jahren, doch die Politik ruht sich weiterhin auf Symbolpolitik aus. Das Land Schleswig-Holstein hat bis heute seine Klimaziele nicht an die völkerrechtlich verbindlichen Ziele des Pariser Klimavertrags angepasst."
Hamburg: 5.500 Klima-Streikende demonstrieren in der City
In Hamburg waren beim sogenannten globalen Klimastreik der "FFF"-Bewegung laut Polizei etwa 5.500 Menschen dabei. Treffpunkt zur Auftaktkundgebung für die Teilnehmenden war am Jungfernstieg in der Innenstadt, anschließend zog der Demo-Zug durch die City. Die Polizei hatte allen Autofahrerinnen und -fahrern empfohlen, den Innenstadtbereich am Nachmittag weiträumig zu umfahren.
"Die Zahl der Autos auf den deutschen Straßen muss runter", forderte Annika Rittmann von "Fridays for Future" in einer Rede. "Das Schienennetz der Bahn: Taktung und Pünktlichkeit müssen erhöht und die Fahrpreise gesenkt werden." Aber das Bundesverkehrsministerium tue alles, damit all das nicht umgesetzt werden könne.
Die Klima-Aktivisten bemängeln zudem das neue Hamburger Klimaschutzgesetz. Es reiche in keiner Weise aus, um in Hamburg einen gerechten Anteil an der Einhaltung des Pariser Klimaabkommen beizutragen.
Rund 300 Demo-Teilnehmer in Rostock
In Mecklenburg-Vorpommern haben mehrere Hundert Menschen in insgesamt sieben Städten für Klimaschutz demonstriert. Die größte Demonstration fand in Rostock statt. Dort waren mehrere Veranstaltungen angemeldet und es nahmen rund 300 Menschen teil, wie ein Sprecher der Polizei Rostock sagte. Sie sei bis zum späten Nachmittag friedlich verlaufen, hieß es weiter. Auch die Demonstration in Greifswald lief am späten Nachmittag noch. Die Demonstrationen in Schwerin (120 Teilnehmer), Stralsund (70 Teilnehmer), Neustrelitz (50 Teilnehmer), Wismar (100 Teilnehmer) und Ludwigslust (30 Teilnehmer) seien friedlich und ohne besondere Vorkommnisse gewesen, sagten Sprecher der lokalen Polizeidienststellen am Freitagnachmittag.
FFF: "Zusammenschluss mit ver.di ist längst überfällig"
Es war das erste Mal, dass Proteste der Organisation "Fridays for Future" teilweise zeitgleich und gemeinsam mit einer Warnstreik-Aktion von ver.di stattfanden. Die FFF-Aktivistin Eske Rosemeyer sagte im ARD-Morgenmagazin, dass aus ihrer Sicht die Proteste gegen die Erderwärmung zu den Lohnforderungen im Öffentlichen Nahverkehr passen: "Dieser Zusammenschluss ist eigentlich schon längst überfällig. Sowohl ver.di als auch wir stehen für eine sozial- und klimagerechte Verkehrswende ein. Das geht nur mit guten Löhnen und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Die Verkehrswende kann nur funktionieren, wenn es sich die Leute noch leisten können, in diesen Berufen zu arbeiten. Und deswegen stehen wir hier zusammen."
Ver.di weist Kritik der Arbeitgeberverbände zurück
Hintergrund der ver.di-Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr ist der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Ver.di und der Deutsche Beamtenbund (dbb) wollen 10,5 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten durchsetzen, mindestens sollen es aber 500 Euro mehr im Monat sein.
Kritik an den ver.di-Warnstreiks kommt unter anderem von der Arbeitgeberseite. Die Ankündigung, gemeinsam mit "Fridays for Future" den Verkehr in weiten Teilen Deutschlands lahmzulegen und zu blockieren, sei eine gefährliche Grenzüberschreitung, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. Streiks dürften nicht für allgemeine politische Ziele eingesetzt werden.
Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle wies die Kritik zurück. "Fridays for Future" setze sich schließlich für eine Verkehrswende und eine bessere Finanzierung des ÖPNV ein. Die Menschen hätten ein Recht auf Zugang zu klimafreundlicher, komfortabler und bezahlbarer Mobilität. Auch die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, sprach vom gemeinsamen Interesse an einem Ausbau des Nahverkehrs.