Ein Smartphone in einer Hand mit dem Profil von "Immo Tommy". © Screenshot
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AUDIO: Zweifelhafte Immobiliengeschäfte: Fall "ImmoTommy" wird zum Krimi (8 Min)

Deals von "Immo Tommy": Volksbank erstattet Anzeige gegen Vermittler

Stand: 28.03.2025 07:31 Uhr

Überteuerte Immobilien und hohe Provisionen: Influencer "Immo Tommy" steht seit einem Jahr in der Kritik. Nun hat die Volksbank Konstanz einen Vermittler wegen gefälschter Unterlagen angezeigt. Viele Betroffene stehen vor dem finanziellen Ruin.

von Nicolas Lieven

Als NDR Info und "Der Spiegel" vor rund sechs Monaten über den Immobilien-Influencer "Immo Tommy" berichteten, war die Resonanz riesig. Während der Recherchen hatten wir mit zahlreichen Menschen gesprochen, die über das Netzwerk Häuser und Wohnungen gekauft hatten und sich nun betrogen und getäuscht fühlten. Nach der Berichterstattung meldeten sich Dutzende Hörer, die Ähnliches erlebt hatten. Inzwischen ist es scheinbar ruhig geworden. Aber nur scheinbar. Denn heute kann man von einem Kriminalfall sprechen, der immer weitere Kreise zieht.

Selbstbezeichnung als "Europas größter Immobilien-Influencer"

Doch vorher ein kurzer Rückblick: "Immo Tommy" heißt im normalen Leben Tomislav Primorac. Er bezeichnete sich in den sozialen Medien und auf seiner Webseite als Europas größten Immobilien-Influencer mit Millionen Followern. Heute nennt er sich auf der Webseite übrigens: Europas größter Immobilien-Creator.

Bei den Recherchen ging es aber auch um das Netzwerk dahinter: um die Vermittlung von Immobilien, die Finanzierung, die Verwaltung und Vermietung. So glatt wie von "Immo Tommys" Netzwerk suggeriert, lief es dann eben doch nicht. Wir hatten über Monate recherchiert, Unterlagen von Käufern erhalten und anwaltlich prüfen lassen. Im Ergebnis gab es zahlreiche Vorwürfe: Die reichten von völlig überteuerten Immobilien über hochriskante Finanzierungen bis zu mutmaßlich verdeckten Provisionen. Es wurden teils fünfstellige Beträge vom Kaufpreis abgezweigt. Wofür, erschließt sich bis heute nicht.

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Erstes Gerichtsverfahren läuft

Viele der mutmaßlich Geschädigten wehren sich. In einem Fall läuft bereits ein Gerichtsverfahren. Andere haben sich Anwälte genommen. Allerdings stehen nach unseren Recherchen mehrere Käufer nicht nur mental, sondern auch finanziell unter Druck: Zum Teil droht die Privatinsolvenz. Allein die Esslinger Kanzlei AKH-H vertritt inzwischen rund 35 Mandanten im ganzen Bundesgebiet.

"Es gibt Mandanten von uns, die in finanzielle Notlagen geraten durch Kredite, die nicht mehr ordnungsgemäß bedient werden können", sagt Rechtsanwalt Georgios Aslanidis. "Wir versuchen außergerichtlich zu einer Lösung zu kommen." Gelinge das nicht, müsse man zügig vor Gericht. "Und vor Gericht kann man damit rechnen, dass binnen sechs bis sieben Monaten ein Termin stattfindet."  

Volksbank erstattet Anzeige gegen Vermittler

Allerdings läuft inzwischen vielen Käufern die Zeit davon. Die bislang am stärksten betroffene Bank, die Volksbank Konstanz, stellt sich bereits auf bis zu 20 geplatzte Finanzierungen ein. Die Betroffenen wünschen sich eine schnelle Lösung. Nach der sieht es aber nicht aus, denn der Fall entwickelt sich zum Krimi.

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Nach unseren Recherchen gibt es inzwischen Belege dafür, dass Bankunterlagen gefälscht wurden, also Finanzierungsdaten der Käufer. Allerdings nicht durch die Kunden selbst, sondern einen Vermittler. Zum Hintergrund: Bei dieser Art des Geschäfts ist es nötig zu wissen, dass nicht die Bank, sondern eben ein Vermittler die Kredit-Unterlagen der Kunden zusammenstellt. Und die Bank entscheidet dann aufgrund dieser Unterlagen. Teilweise gehe es bei den Fälschungen um Informationen zu den Immobilien, sagt Asmus Schütt, Sprecher der Volksbank Konstanz: "Teilweise waren die Eigenkapitalnachweise nicht korrekt, die Einkommensnachweise waren nicht korrekt, sodass wir hier gegen den Vermittler Anzeige erstattet haben, der für die Einreichung korrekter Unterlagen verantwortlich ist." 

In diesem Fall steht nach unseren Recherchen ein ehemaliger Vermittler der Bausparkasse Schwäbisch Hall im Fokus, der selbständig gearbeitet und Provisionen kassiert hat. Und auch er war nach unseren Recherchen eben Teil des "Immo Tommy"-Netzwerks.  

Einzeltäter - oder hatte das Vorgehen System?

Inzwischen befasst sich die Staatsanwaltschaft Mannheim mit dem Fall. Dort ist man auf Wirtschaftskriminalität spezialisiert. Auf Nachfrage hieß es, man stehe ganz am Anfang. Gut möglich, dass es weitere Fälle von gefälschten Unterlagen gibt - auch hier im Norden. Uns liegen jedenfalls entsprechende Hinweise vor, die wir allerdings noch prüfen müssen. Von daher ist aktuell schwer zu sagen, ob ein Einzeltäter am Werk war, oder ob das ganze System hatte und im Netzwerk von mehreren Vermittlern so praktiziert wurde.

Auch Banken sehen sich als Opfer

Derzeit laufen außergerichtliche Verhandlungen zwischen Anwälten und Bankvertretern, zuletzt in der vergangenen Woche. Da geht es um überhöhte Kaufpreise, schlechte Kreditkonditionen - aber auch darum, ob die Banken Pflichten verletzt haben. Allerdings deutet sich keine schnelle Lösung an, denn nicht nur die Käufer, sondern auch die Bankenseite sieht sich laut Volksbank-Sprecher Asmus Schütt als Opfer: "Der Immobilienverkauf war nicht Sache der Bank. Hier waren andere Akteure drin. Die Beratung des Kunden über Tilgung und Zinsen ist Sache des Vermittlers." Die Bank habe zu prüfen, inwiefern die Kapitaldienstfähigkeit gegeben ist. "Und das ist hier das Problem gewesen, dass die Unterlagen falsch sind und die Kreditentscheidung auf falschen Angaben erfolgt ist."

Die Bank vertritt also die Ansicht: Selbst wenn Immobilien völlig überteuert und Finanzierungen hochriskant sind, sei man dafür nicht zuständig. Man prüfe nur, ob der Kunde sich das leisten kann.

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Wurden auch von Banken Pflichten verletzt?

Das sehen die Anwälte der Käufer allerdings ganz anders. Zumal die Volksbank Konstanz inzwischen Konsequenzen gezogen hat - bei den Abläufen und auch personell. Unter anderem wurde das Vermittlergeschäft auf Eis gelegt. Rechtsanwalt Georgios Aslanidis sieht darin einen Hinweis darauf, dass es auch auf Seiten der Bank Lücken gab und möglicherweise Pflichten verletzt wurden.

"Wir meinen, dass sich die Bank die falsche Beratung der Vermittler zurechnen lassen muss. Und dann muss sich die Bank auch die mehr als laxen Kreditprüfungen vorwerfen lassen", sagt Aslanidis. "Wenn es tatsächlich so wäre, dass Banken auf Zuruf mit gescannten Unterlagen durch externe Vertriebe Kredite bewilligen, dann ist das eine Kreditprüfung, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht."

Die Kanzlei vertritt übrigens nicht nur Kunden der Volksbank Konstanz, sondern von Banken im gesamten Bundesgebiet, unter anderem auch in Niedersachsen. Wobei sich die vermittelten Immobilien fast alle im Süden Deutschlands befinden.

Keine Reaktion von "Immo Tommy"

Auf eine Interview-Anfrage an "Immo Tommy" gab es keine Reaktion. Aber: Nachdem sich Tomislav Primorac nach der Veröffentlichung der Recherchen vor einem halben Jahr eher wortkarg gezeigt hatte, dreht er inzwischen wieder Videos zu zahlreichen Themen - auch zu Immobilien. Auch wenn der Fall nun eine weitere Dimension bekommt: Die Ergebnisse der Recherchen bleiben - dass die Immobilien zum Teil völlig überteuert verkauft wurden, die Finanzierungsmodelle hochriskant sind und mutmaßlich hohe verdeckte Provisionen geflossen sind. Aber die Ermittlungen stehen gerade erst am Anfang.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Wirtschaft | 28.03.2025 | 07:40 Uhr

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