Bauernproteste am Donnerstag: Trecker-Blockaden und Gesprächsangebot
Tag vier der Bauernproteste gegen die Agrarpolitik der Regierung: Auch am Donnerstag waren Tausende Landwirte mit Treckern in Norddeutschland unterwegs. In Hannover und Hamburg gab es Sternfahrten, in MV wurden Autobahn-Zufahrten blockiert.
Die Bauern wollen mit ihren Protesten auf ihre wirtschaftliche Lage und ihre Arbeitsbedingungen aufmerksam machen. Unter anderem wollen sie erreichen, dass die Bundesregierung die geplanten Kürzungen bei den Agrar-Subventionen zurücknimmt.
Angesichts der aktuellen Proteste geht die Bundesregierung einen Schritt auf die Bauern zu. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte am Rande eines Termins im brandenburgischen Cottbus Verständnis für die Demonstrationen, er bot den Landwirten einen Dialog an. Die Spitzen der Koalitionsfraktionen luden die Vorsitzenden der acht Bauernverbände für kommenden Montag zu einem Gespräch nach Berlin ein. Bei dem als ergebnisoffen angekündigten Treffen soll es demnach um die wirtschaftlichen Perspektiven für die Landwirte gehen.
Mecklenburg-Vorpommern: Wieder viele Autobahn-Auffahrten blockiert
In Mecklenburg-Vorpommern haben Landwirte mit Treckern heute zwischen 6.30 und 15 Uhr erneut viele Zufahrten zu mehreren Autobahnen blockiert - dazu hatte die Vereinigung LSV ("Land schafft Verbindung") aufgerufen. Die Blockaden sorgten für große Verkehrsprobleme, sie verleiteten nach Polizeiangaben zudem einige Autofahrer zu riskanten Manövern.
Zu einem Zwischenfall bei den Bauernprotesten kam es in Ahlbeck auf der Insel Usedom: Eine Schülerin lief offenbar zwischen Traktoren auf die Gegenfahrbahn, dabei wurde sie von einem Auto erfasst und schwer verletzt.
Blockaden und Kundgebungen gab es in Mecklenburg-Vorpommern auch vor mehreren Lebensmittel-Logistikzentren, etwa in Stavenhagen und Dummerstorf bei Rostock. An den Aktionen beteiligten sich nach Angaben des Bauernverbandes mehrere Hundert Landwirte mit Traktoren und anderen Fahrzeugen. Auf Landes- und Bundesstraßen kam es laut Polizei unter anderem in Vorpommern-Greifswald und Nordwestmecklenburg teilweise zu kilometerlangen Staus, weil Treckerkonvois langsam unterwegs waren.
Wegen der Protestaktionen dürfen Logistikzentren und Supermärkte in Mecklenburg-Vorpommern bis zum kommenden Sonnabend auch nachts beliefert werden, wie das Landwirtschaftsministerium mitteilte. Schüler und Schülerinnen, die in Mecklenburg-Vorpommern wegen der Proteste nicht zur Schule kommen, gelten weiter als entschuldigt.
Niedersachsen: Traktoren-Großdemo in Hannover
Aus allen Himmelsrichtungen kamen am Vormittag Landwirte nach einer Sternfahrt in der Innenstadt von Hannover an, um an einer Protestkundgebung vor dem Niedersächsischen Landtag teilzunehmen. Rund 1.200 Bauern, aber auch Handwerker, beteiligten sich, so die Polizei. Es kam zu Verkehrsbehinderungen. Auch in anderen Regionen des Landes kam es zu Protestaktionen der Bauern.
Der FDP-Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, räumte auf der Demo in Hannover Fehler der Bundesregierung ein. "Wenn wir von Zeitenwende reden, dann darf das und muss das auch die Agrarpolitik in Berlin und in Brüssel betreffen. Planungssicherheit für mittelständische Unternehmer, das ist an der Stelle mein Ziel. Und ja, zu kurzfristige Entscheidungen in Berlin sind auch ein Fehler", sagte Dürr.
Hamburg: Landwirte blockieren auch Hafen
In Hamburg versammelten sich Hunderte Landwirte - ebenfalls nach Konvoi-Fahrten aus dem Umland - zu einer Großkundgebung im Hafen. Die Veranstalter sprachen von bis zu 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Hafenterminals seien aber nicht beeinträchtigt gewesen, teilte die Hamburg Port Authority mit.
Der Protesttag stand unter dem Motto "Ist der Bauer ruiniert, wird das Essen importiert" und richtete sich unter anderem gegen geplante Freihandelsabkommen. Vor diesem Hintergrund fuhren Landwirte am Donnerstag auch die Seehäfen in Emden, Wilhelmshaven und Bremerhaven mit Traktoren an.
Schleswig-Holstein: Groß-Demo in Kiel am Freitag
In Schleswig-Holstein soll es am Freitag aus den Kreisen Plön und Rendsburg-Eckernförde sowie aus Lübeck eine Sternfahrt nach Kiel geben. Es werde mit deutlich über 1.000 Fahrzeugen gerechnet, sagte eine Sprecherin des Bauernverbandes. Verkehrsprobleme sind programmiert. Auf dem Exerzierplatz in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt planen die Organisatoren am Mittag eine große Protestkundgebung. Dort soll auch Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) sprechen.
Proteste die ganze Woche über
Schon zum Auftakt der Protestwoche der Landwirte am vergangenen Montag war es durch Blockaden und Sternfahrten zu teils erheblichen Verkehrsproblemen in Norddeutschland gekommen. Auch am Dienstag gab es viele Aktionen im Norden. Den dritten Tag in Folge blockierten Landwirte auch am Mittwoch mit ihren Traktoren bundesweit Straßen.