Bauernproteste am Dienstag: Sternfahrt, Konvois und Blockaden
Die Bauernproteste sind auch am Dienstag im Norden weiter gegangen, etwa in Stade und auf Rügen. In Schleswig-Holstein gab es Trecker-Konvois. Schon am Montag hatten Blockaden zu starken Verkehrsbehinderungen geführt.
Trotz des Einlenkens der Ampel-Koalition beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer halten die Landwirte an ihrer Protestwoche fest. Zum Auftakt am Montag war es durch Blockaden und Sternfahrten zu teils erheblichen Verkehrsproblemen im ganzen Norden gekommen. Auch am Dienstag gab es mehrere Protestaktionen gegen die Politik der Bundesregierung.
In Stade bremsten Bauern den Verkehr aus. Anlass war der Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK), zu dem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) erschien. Die Proteste seien friedlich geblieben, teilte die Polizei am Nachmittag mit. Etwa 50 Vertreter der Landwirte hätten sich vor dem Veranstaltungsort versammelt, zu Konfrontationen sei es aber nicht gekommen. Die Stimmung sei "entspannt" gewesen, heißt es in einer Mitteilung. Im Vorfeld des Empfangs waren laut Polizei "mehrere Hundert Traktoren" durch die Innenstadt von Stade gefahren. Den ganzen Tag über seien "Kreuzungen und Kreisel immer wieder mal für eine gewisse Zeit blockiert" worden.
Bis zum späten Abend blockieren Landwirte die Jann-Berghaus-Brücke in Leer. Auch die 26 Trecker, die am Dienstamorgen erneut die Zufahrt zum VW-Werk in Emden blockiert hatten, schlossen sich dem dortigen Protest an. Auch aus Wolfsburg, Verden, Meppen und im Kreis Diepholz meldete die Polizei Blockaden und Schleichfahrten mit Trecker-Konvois.
Korsos auf Bundesstraßen in Schleswig-Holstein
Bei Lübeck und Bad Segeberg machten Bauern ebenfalls mit Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam. In Ostholstein fuhren zwischen Stockelsdorf und Eutin, zwischen Gnissau und Scharbeutz sowie zwischen Sereetz und Ratekau etwa 80 Trecker in mehreren Korsos, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Außerdem habe es eine Kolonnenfahrt mit etwa 70 Fahrzeugen in Neustadt in Holstein gegeben. Diese machten vor allem durch langsames Fahren und lautes Hupen auf sich aufmerksam. Es sei dadurch zu Beeinträchtigungen im Verkehr gekommen, erklärte ein Polizeisprecher.
Sternfahrt über Rügenbrücke
In Mecklenburg-Vorpommern fuhren laut Polizei rund 340 Fahrzeuge, darunter Traktoren, Lastwagen und Autos in langsamen Konvois von Stralsund aus nach Rügen beziehungsweise umgekehrt. Die Polizeiinspektion Stralsund begleitete die Aktion gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Autobahn- und Verkehrspolizeirevieres Grimmen sowie des Polizeihauptrevieres Stralsund. Aus Sicht der Polizei verlief die Versammlung verlief friedlich und störungsfrei, hieß es. Erwartungsgemäß kam es lediglich zu Verkehrsbehindungen.
Weitere Protestaktionen in dieser Woche geplant
Die Bauern wollen noch die ganze Woche weiter protestieren. Heute und morgen soll es eine Staffelfahrt nach Lübeck geben. Dafür sollen drei Konvois jeweils aus den Kreisen Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Ostholstein starten. Außerdem sollen Traktoren von Husum und Klintum nach Flensburg fahren. Nach Angaben des Vorsitzenden des Bauernverbandes Nordost-Niedersachsen, Thorsten Riggert, ist am Donnerstag auch eine größere Versammlung von Landwirtinnen und Landwirten in Hannover geplant.
Zudem wollen Landwirte mehrere Lebensmittel-Logistikzentren in Mecklenburg-Vorpommer ansteuern, wie der Bauernverband Ostvorpommern mitteilte. Der Landesbauernverband von Mecklenburg-Vorpommern will nach eigener Aussage aber nicht den Lebensmitteleinzelhandel blockieren. "Unser Ziel ist es nicht, wichtige Zufahrtsstraßen zu blockieren und Lieferketten zu stören", wurde Landesbauernpräsident Detlef Kurreck in einer Mitteilung vom Dienstag zitiert. Laut Verband werden Landwirtinnen und Landwirte am Donnerstag in den frühen Morgenstunden Traktorkonvois durch das Land starten und dabei Lebensmittel-Logistikzentren in Dummerstorf, Stavenhagen, Jarmen, Malchow und Valluhn passieren. An einigen Standorten seien auch Kundgebungen und Mahnfeuer geplant. Kurreck erklärte zu der Protestaktion: "Backwaren, Fleisch- und Wurstwaren, Molkereierzeugnisse, Eier oder Konserven - wir produzieren die Grundstoffe für fast alle Lebensmittel, die in den Supermarktregalen zu finden sind".
Am Freitag soll es aus den Kreisen Plön, Rendsburg-Eckernförde und aus Lübeck einen Demonstrationszug nach Kiel geben. Auf dem Exerzierplatz planen die Organisatoren eine Kundgebung.
Protest gegen Kürzungen und für Bauern-freundliche Politik - Abgrenzung nach rechts
Die Protestierenden wenden sich gegen die Abschaffung der Steuervorteile bei Agrardiesel, aber auch gegen überbordende Bürokratie und zu viel Regulierung. Sie wünschen sich mehr Vertrauen und "eine vernünftige, nachhaltige Politik mit Nachsicht für uns Landwirte", so Landwirt Otto Rogali aus Bobitz in Mecklenburg-Vorpommern. Dass die Proteste der Landwirte teilweise von Rechtsextremen für ihre Zwecke missbraucht werden, nimmt Rogali mit Unbehagen wahr. "Wir wollen einen friedlichen, vernünftigen, demokratischen Weg. Wir wollen die Regierung nicht stürzen. Wir wollen einfach Flagge zeigen, dass es so nicht weitergehen kann."
Der niedersächsische Verfassungsschutz erklärte auf der Plattform X, vormals Twitter, eine organisierte Teilnahme von Rechtsextremisten an den Bauernprotesten könne in Niedersachsen bisher nicht beobachtet werden. Vereinzelt habe es Versuche von Rechtsextremisten und sogenannten Reichsbürgern gegeben, sich unter die Proteste zu mischen. Die Demos seien davon aber nicht geprägt gewesen.