Nach Bauern-Demo: Kritik an Schwesigs Abrechnung mit der Ampel-Koalition
Weil sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) klar auf die Seite der Bauern gestellt hat und den Kurs der SPD-geführten Ampelkoalition als "falsch" kritisierte, erntet sie jetzt Kritik aus Teilen der Opposition. Der Bauernverband erinnert Schwesig an die Verantwortung der Landesregierung.
Die Regierungschefin kam in grün-gelber Warnweste: Demonstrativ stellte sich Schwesig am Montag an die Seite der demonstrierenden Bauern und griff in die Wortkategorie "deftig". Die Bauern, meinte sie, seien stinksauer und das zurecht. Die Bundesregierung habe in einer "Nacht-und-Nebel-Aktion" die Subventionen beim Agrardiesel einfach gekürzt. Der Kompromiss-Vorschlag, auf die Einführung der Kfz-Steuer zu verzichten und die Diesel-Hilfen erst in drei Jahren auslaufen zu lassen, reiche nicht. Sie forderte die Bundesregierung auf, sich mit den Landwirten an einen Tisch zu setzen und "eine Lösung zu finden". Alles andere sei "falsch".
Kurreck: Land belastet Bauern
Schwesig als Vorkämpferin für die Interessen der Landwirte - das sollte die Botschaft sein. Immerhin, so die SPD-Politikerin, dienten die Subventionen dazu, dass Lebensmittel bezahlbar blieben. Bauernverbandspräsident Detlef Kurreck hörte die Aussagen mit Wohlwollen. Aber er erinnerte Schwesig und ihre Landesregierung auch an die "eigene Verantwortung", aus der er sie nicht "rauslassen" wolle. Denn auch das Land sorge für immer neue Belastung der Landwirte. Als Beispiel nannte Kurreck die Düngeverordnung, die den Landwirten zum Grundwasserschutz Vorgaben bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen macht. Das müsse gelockert werden, forderte Kurreck.
Grüne: Bedenkliche Haltung
Auch der Chef der Grünenfraktion im Landtag, Harald Terpe, findet Schwesigs Haltung bei den Bauern-Proteste eher bedenklich - allerdings aus einem anderen Grund als der Bauernpräsident. Schwesig hätte beim Agrardiesel auf den Kompromiss der Ampel einschwenken sollen, meint Terpe. Seine Partei ist ebenso wie Schwesigs SPD Teil der Ampel. Terpe ist anders als Schwesig auf Koalitionskurs. Mit Blick auf Schwesig sagte er: "Es ist kein Stil, der Probleme löst. Probleme werden durch Kompromisse gelöst." Und der liege beim Agrardiesel im Anreiz für alternative Antriebe.
CDU fehlt es an Glaubwürdigkeit
Nach Ansicht von CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow macht es sich Schwesig mit ihrer Pro-Bauern-Haltung und dem Anti-Ampel-Kurs zu einfach. Als SPD-Politikerin gebe sie sich als eine Art Opposition in der Regierung, die Kritik an der Bundesregierung sei nicht glaubwürdig und nur "Effekthascherei". Es sei nicht das erste Mal, dass sich Schwesig gegen die Politik der Ampel stelle - aber schon bei ihrer Forderung nach der Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung für die Gastronomie sei nichts passiert. "Ihr Einfluss in Berlin scheint beschränkt zu sein", stellte Liskow fest und schickte hinterher: "Dabei betont sie immer ihre Rolle als Bundesratspräsidentin."
Zuspruch vom Landesverband
Schwesig bekommt unterdessen Schützenhilfe von SPD-Bundestagsabgeordneten aus ihrem Landesverband. Der Greifswalder Erik von Malottki springt der Regierungschefin zur Seite und wiederholt ihre Kritik an der eigenen Bundesregierung. "Die vorgeschlagenen Kürzungen der Bundesregierung beim Agrardiesel sind ein Fehler und müssen zurückgenommen werden." Dafür kämpfe er zusammen mit seiner Rügener Fraktionskollegin Anna Kassautzki.
SPD-Abgeordneter Junge: "So geht es nicht weiter"
Auch der Wismarer SPD-Abgeordnete Frank Junge, Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestages, fordert eine Rücknahme der Subventionskürzungen. Dass die Maßnahmen ohne vorherige Gespräche mit den Landwirten verkündet worden seien, nannte Junge im Gespräch mit dem NDR "respektlos". Wenn es kein Zurück bei den Agrar-Diesel-Hilfe gebe, dann müssten auf jeden Fall "andere Entlastungsmöglichkeiten" diskutiert werden. "so geht es nicht weiter", sagte Junge mit Blick auf das Handeln der Ampel-Koalition. Wir werden "Tacheles reden", sagte er im Vorfeld der für diesen Donnerstag geplanten Klausur der SPD-Bundestagsfraktion.
Verwunderung über Distanz zur Ampel
Der Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno führt Schwesigs Unterstützung für die Bauern vor allem auf die Stärke der Bauern als Lobbygruppe zurück. Ihr Verband sei schlagkräftig und mit der Politik eng vernetzt. Schwesigs Kritik an den eigenen Leuten in der Ampel in Berlin habe aber vielleicht auch noch einen anderen Grund, so Muno: "Möglicherweise nimmt Frau Schwesig die Ampelregierung als schwach wahr, man versucht sich dabei auch abzusetzen von einer unbeliebten Bundesregierung." Diese Distanzierung, so Muno, sei in dem Maße schon ungewöhnlich.
Absage vom Bundeskanzler
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Forderungen aus seiner Partei bereits eine Absage erteilt und die Kürzungen beim Agrardiesel verteidigt. "Die Bundesregierung steht dazu, das ist unser Vorschlag", sagte er bereits am Montag und schickte hinterher: "Niemand sollte sich Illusionen machen." Eine klare Ansage des Kanzlers - auch in Richtung seiner Parteifreundin Manuela Schwesig.