Gekaperter Protest? Rechtsextremisten scheitern offenbar in Anklam
Bei den Bauern- und Unternehmerprotesten im Landkreis Vorpommern-Greifswald sind mehr als 30 angemeldete Demonstrationen abgehalten worden, die größte davon in Greifswald. In Anklam fiel eine von Rechtsextremisten angemeldete Demonstration deutlich kleiner aus als vom Veranstalter geplant.
Überall in Mecklenburg-Vorpommern haben sich verschiedene Bündnisse den Bauernprotesten angeschlossen. So waren im Landkreis Vorpommern-Greifswald 33 Demonstrationen angemeldet. Zwölf davon wurden vom Bauernverband organisiert, weitere Aktionen organisierte eine privat angemeldete Initiative, der sogenannte Unternehmeraufstand MV, wie beispielsweise in Greifswald und Pasewalk. Gemeinsam mit den Landwirten blockierten Spediteure und Handwerker unter anderem Autobahnzufahrten. Ihr Protest richtete sich gegen die aktuelle Politik der Ampel-Koalition - darunter auch die Sparvorhaben in der Landwirtschaft.
Demo in Anklam hat anderen politischen Hintergrund
Auch auf dem Anklamer Marktplatz demonstrierten am Morgen bis zu 100 Menschen, dabei hatten die Veranstalter mit weit mehr Teilnehmern gerechnet. In sozialen Kanälen der Organisatoren war eine Demonstration mit 250 Menschen angekündigt. Offenbar habe der Veranstalter Teilnehmer abgeschreckt, sagt Anklams Bürgermeister Michael Galander. Angemeldet wurde diese Demonstration von einem Mitglied der rechtsextremistischen Partei "Die Heimat" (vormals NPD). Der Mann sitzt auch im Anklamer Stadtparlament. Galander vermutet nun, dass sich deshalb viele Landwirte und Unternehmer aus Anklam und dem Umland entschieden haben, nicht an der Demonstration teilzunehmen und andere Protestaktionen im Landkreis Vorpommern-Greifswald zu unterstützen.
Anklamer Unternehmer: "Genau schauen, wem man hinterherläuft…"
Andreas Brüsch, Unternehmer in Anklam und Bürgervorsteher, hält die Proteste in seiner Stadt für berechtigt. Auch er wolle sich nicht von ungelernten Politikern vorschreiben lassen, wie er zu leben und zu arbeiten hat, sagt Brüsch, dennoch müssten die Anklamer seiner Ansicht nach genau hinschauen, wem sie auf Demonstrationen folgen. Einige Teilnehmer seien aus Unwissenheit auf dem Marktplatz gewesen, so Brüsch weiter. Bei anderen sei der Unmut inzwischen so groß, dass es ihnen egal ist, wer die Demonstration organisiert. Dennoch hätte es Brüsch begrüßt, wenn der Anklamer Ring für Handwerk und Gewerbe e.V. eine solche Demonstration vorbereitet hätte.
Rechtsextremisten unterwandern Protest in Anklam
Seit Wochen haben in Anklam verschiedene Akteure, die der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen sind, die Demonstration vorbereitet, sagen Beobachter der Neonazi-Szene in Vorpommern. Vor allem in den sozialen Netzwerken wurden die Proteste in den vergangenen Tagen massiv beworben. Für Rechtsextremismus-Experten ist das Vorgehen in Anklam ein Beispiel dafür, wie die Szene versuche, die gesellschaftliche Mitte zu unterwandern und zu vereinnahmen. Bekannt ist in Anklam seit langem ein Handwerkernetzwerk der rechtsextremistischen Szene.
Demokratische Kräfte grenzen sich ab
Dass es auch anders geht und sich Demonstranten politisch nicht beeinflussen lassen wollen, zeigt der Protest von Unternehmern und Bauern zwischen Gützkow und Jarmen. Als die AfD am Montagmorgen Werbematerial unter den Protestierenden verteilen wollte, sei dies ignoriert worden, sagte eine Unternehmerin. Die AfD habe daraufhin eingepackt und sei weitergezogen.