Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern rutschen noch tiefer ins Minus
Die Finanzen der Kommunen geraten noch stärker unter Druck. Ihr Defizit ist 2024 auf rund 280 Millionen Euro gestiegen. Der Städte- und Gemeindetag ist alarmiert.
Die fetten Jahre sind vorbei: Zum zweiten Mal in Folge sind die kommunalen Haushalte in Mecklenburg-Vorpommern nach Angaben des Statistischen Amts in die roten Zahlen gerutscht. Die Einnahmen beispielsweise aus Gewerbe- und Grundsteuer sind zwar gewachsen. Auch das Land gibt unterm Strich mehr Hilfen als 2023. Aber dieses Plus reicht nicht. Im vergangenen Jahr schlugen deutlich höhere Sozialausgaben und mehr Ausgaben für das eigene Personal ins Kontor der Kämmerer und Kämmerinnen. Das Defizit von rund 280 Millionen Euro fällt um 102 Millionen Euro höher aus als noch 2023.
Rostock am stärksten im Minus
Besonders tief in den roten Zahlen steckt die größte Stadt im Land: Rostock schließt nach Angaben des Statistischen Amtes das vergangene Jahr mit einem Minus von rund 95 Millionen Euro ab, in Schwerin sind es 15 Millionen Euro. Fünf der sechs Landkreise stecken ebenfalls in den roten Zahlen. Am stärksten betroffen sind die Kommunen im Landkreis Vorpommern-Greifswald mit einem Haushaltsloch von 86 Millionen Euro. Nur der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte weist schwarze Zahlen auf. Die kommunalen Gesamtausgaben beliefen sich 2024 auf 7,3 Milliarden Euro.
Warnungen des Rechnungshofs
Die neuen Finanzzahlen bestätigen eine massive Trendumkehr. Von 2014 bis 2022 lagen die Kommunen im Schnitt noch "über dem Durst". Auf eine gefährliche Entwicklung hatte bereits Ende Dezember 2024 der Landesrechnungshof in seinem Kommunalfinanzbericht hingewiesen. Präsidentin Martina Johannsen mahnte dringend Gegensteuern an, "damit sich der Negativtrend nicht verstetigt". Gemeinden müssten ihre Ausgaben auf den Prüfstand stellen.
Debatte über Kürzungen
Ähnlich äußerte sich Johannsen wieder an diesem Mittwoch bei der Landtagsdebatte über ihren Kommunalfinanzbericht. "Wir brauchen eine ehrliche und umfassende Struktur- und Aufgabenanalyse", fordert sie. Es müsse noch kritischer hinterfragt werden, wo und wofür Geld ausgeben wird. "Was können wir uns leisten und was wollen wir uns leisten?", fragte die Rechnungshofpräsidentin ins Parlament und sie meinte damit, ohne Kürzungen werde es nicht gehen. Gleichzeitig müssten die Mittel auch effizienter ausgegeben werden.
Kommunalverband: Prekäre Lage verschlimmert sich
Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindetags, Andreas Wellmann, zeigte sich angesichts der neuesten Finanzdaten besorgt. Er sprach auf Anfrage des NDR von einer "Verschlimmerung einer ohnehin prekären Situation". Neben steigenden Sozialausgaben und Personalkosten müssten die Kommunen auch mit sinkenden Zuweisungen wegen des Einwohnerverlustes fertig werden. Den habe der Zensus festgestellt. "Die Lage ist dramatisch und geht zulasten der freiwilligen Leistungen in den Städten und Gemeinden, die gerade für den Zusammenhalt so wichtig sind." Wellmanns Appell: "Hier muss gehandelt werden."
Innenministerium besorgt
Das Innenministerium machte eine andere Rechnung auf als das Statistische Amt. Das buche auf der Ausgabenseite die vollen Kosten für eine Investition, hieß es auf NDR Anfrage. Aus der Sicht des Ministeriums gibt diese Berechnung nicht die wahre Belastung wieder, denn tatsächlich - so hieß es auf Anfrage - müssten nur Tilgung und Zinszahlungen berücksichtigt werden. Das Ministerium räumte allerdings ein, dass nach eigenen Berechnungen die Landkreise und die Städte Rostock, Schwerin, Wismar und Neubrandenburg sowie Stralsund und Greifswald im vergangenen Jahr insgesamt ein Minus von 130 Millionen Euro eingefahren hätten. Diese "negative Entwicklung" werde sich wohl auch in diesem und nächstem Jahr fortsetzen. Das, so das Ministerium, löse "Sorge" aus.
