Bauern wehren sich gegen rechte Stimmungsmacher bei Protesten
Galgen, an denen eine Ampel aufgehängt wird oder rot, gelb und grün gefärbte Strohballen, die zerhäckselt werden: Die Stimmung brodelt unter den Landwirten. Es gibt immer wieder rechte Parolen - aber andere Bauern wehren sich gegen Extremismus.
Bernhard Barkmann ist Landwirt in Niedersachsen und bloggt zu Agrar-Themen. Manche Protest-Symbole, wie zum Beispiel die Galgen, findet er "martialisch" und für rechte Gruppierungen anschlussfähig. Das sollten die Bauern vermeiden, findet der Landwirt, der sich in der CDU engagiert. "Sollten diese Anwanzungsversuche von rechts erfolgreich sein, dann wird nur noch über diese rechte Einvernahme gesprochen." Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) hatte vor einigen Tagen auf X (ehemals Twitter) auf solche Galgen-Symbole aufmerksam gemacht: "Das kommt von der Verharmlosung rechter Hetze gegen Demokrat*innen."
Rechte Meinungsmacher im Netz
In den sozialen Medien war in den vergangenen Tagen und Wochen zu beobachten, wie rechte Meinungsmacher versuchen, bei den Bauernprotesten mitzumischen. Das extremistische Magazin "Compact" mobilisiert intensiv für die Bauernproteste, die Videos tragen Titel wie "Vom Acker in den Widerstand" und "Robert Habeck zittert vor Bauern-Umsturz". Auf X wiederum kursierten im Vorfeld Bilder, die offenbar von einer KI generiert wurden: Sie zeigen eine große Anzahl Trecker, in einem jubelnden Meer von Deutschland-Flaggen.
"Landwirtschaft ist bunt und nicht braun"
Landwirt Barkmann versucht, der Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Um der Bauernschaft bei den Demos auch ein optisches Signal mit auf den Weg zu geben, hat der Blogger auf seiner Website große, bunte Banner zum Herunterladen bereitgestellt: "Landwirtschaft ist bunt und nicht braun" steht darauf. Die Nachfrage sei laufend da, berichtet Barkmann: "Das ist eine relativ einfache Möglichkeit, auch nach außen hin klarzumachen: Wir stehen in der Mitte der Gesellschaft, und wir rücken nicht nach rechts und rücken auch nicht nach links."
Erzählungen über die Eliten
Die Wissenschaftlerin Janna Luisa Pieper von der Universität Göttingen beobachtet die Bauernproteste schon länger. Sie stellt fest, dass Formulierungen über angebliche Eliten, die sich gegen die Landwirte und Landwirtinnen verschworen hätten, bei einigen Bauern immer wieder vorkommen: "Das sind eben Erzählungen, die auch im Rechtspopulismus eine große Rolle spielen." Zusätzlich gebe es aber auch Erzählungen über die Medien, die sich gegen sie verschworen hätten und gegen die Landwirtschaft arbeiten würden. Mit Blick auf die Mediennutzung der Bauernschaft kommt sie zu dem Schluss, dass viele sich in Gruppen bei WhatsApp und Telegram verbinden - Gruppen, die "auch einen gewissen Effekt haben, wenn es darum geht, bestimmte Meinungen zu pushen".
Der Durchschnitt der Landwirtschaft auf den Straßen
Auf den Straßen sei gerade aber ein großes Meinungsspektrum der Bauernschaft vertreten, quasi der Durchschnitt der Landwirtschaft. Das verdeutliche, wie ernst die Lage empfunden werde. Viele Landwirte und Landwirtinnen fühlten sich nicht mehr wertgeschätzt: "Und um das zu erlangen, passieren jetzt die Proteste. Im Prinzip ist es so eine Art Abstiegskampf."
Für Bauer Barkmann aus Niedersachsen ist klar: Die Konsequenz dürfe jetzt nicht sein, gar nicht mehr zu demonstrieren: "Eine schlechte Reaktion der demonstrationswilligen Bauern wäre es, wenn sie jetzt den Rechten das Feld freigeben würden. Das wäre das Allerschlimmste."
Gegenbewegung in den sozialen Medien
In den sozialen Medien kann man mittlerweile auch eine Art Gegenbewegung zu den rechten Vereinnahmungsversuchen beobachten - Landwirte und Landwirtinnen teilen Fotos von bunten Protestplakaten, die junge Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft verbreitete bei Instagram ein Video mit der Botschaft: "Wir brauchen keine gewalttätigen Umsturzfantasien von rechts". Besonders kreativ ist das Video eines Bauernhof-Accounts bei Instagram. Musikalisch untermalt wird hier wird unter dem Motto "Landwirtschaft ist bunt nicht braun" der Vergleich aufgemacht: Bunte Lebensmittel wie Salami, Gurke, Salat - gegen fauliges Obst.