Lyrik, Lieder, Jazz
Der Schweizer Pianist, Komponist und Arrangeur Mathias Rüegg wird 70 Jahre alt und beschenkt sich mit seinem voraussichtlich letzen musikalischen Werk: ein Doppelalbum zwischen Kammermusik und Jazz.
Mit einem ebenso großen wie ungewöhnlichen Orchester lernte die Jazzwelt Mathias Rüegg kennen. Der gebürtige Züricher vom Jahrgang 1952 und ausgebildete Sonderschul-Lehrer hatte in Graz das Jazzstudium begonnen, wechselte bald nach Wien und formte dort 1977 ein Ensemble, das Europas Jazz-Entwicklung nachhaltig verändert hat: als "Vienna Art Orchestra" klang es wie eine Bigband, obwohl es der Besetzung nach eigentlich keine war.
Ähnlich wie auf internationaler Ebene bei Rüeggs Landsmann George Gruntz entstand ein Solisten-Ensemble, das hier aber fest verankert war und blieb in der österreichischen und der Wiener Szene. Fester Partner über mehr als drei Jahrzehnte hin war und blieb etwa der Saxofonist und Flötist Wolfgang Puschnig.
Die Zeit nach dem Vienna Art Orchestra
Als Rüegg das große Ensemble nicht mehr finanzieren konnte, schlug auch der Komponist selbst andere Richtungen ein: er schrieb vorzugsweise moderne Kammermusik für kleine Ensembles, Solistinnen und Solisten auf "klassischem" Terrain, aber auch für große Ensembles wie die Wiener Symphoniker und die "Sinfonietta" in Basel. Rüegg komponierte auch fürs Theater und näherte sich (wie vor ihm Dieter Glawischnig) der Lyrik zum Beispiel von Ernst Jandl. Im Wiener Jazzclub "Porgy and Bess" engagierte er sich und für den Jazzpreis, der eine Weile das Erbe des 2003 verstorbenen Musikers Hans Koller ehrte.
Als 2020 die Pandemie Live-Konzerte unmöglich machte, erschienen Rüeggs "Solitude Diaries", die Tagebücher der Einsamkeit: 40 Kompositionen aus 40 Tagen teilte er sich mit vielen Pianisten und Pianistinnen, die jetzt auch das Doppelalbum prägen, das zum Geburtstag erscheint - "Round Midnight" feiert mit Mathias Rüegg ausführlich am 8. Dezember.
Zwischen Kammermusik und Jazz, frei von allem Vorurteil
Zum größten Abenteuer auf der neuen CD wird die Begegnung von klassisch versiertem Kunst- und Jazz-Gesang. Lyrik von Heinrich Heine bis Wilhelm Busch transferiert Rüegg dabei aus dem Original ins Jazz-Idiom. Er ist produktiv wie eh und je, schreibt unermüdlich neue Musik, für sich selbst und (auf der zweiten CD) für die Pianistinnen Sabina Hasanova und Soley Blümel und changiert dabei munter und mutig zwischen Kammermusik und Jazz - als Grenzgänger, frei von allem Vorurteil.
"The Blue Piano" / "The Advantage of writing Music"
- Genre:
- Jazz
- Zusatzinfo:
- Label:
- Lotus Records / Galileo
- Veröffentlichungsdatum:
- 25.11.2022
- Preis:
- 22,50 €