"Köln 75": Mitreißender Konzertfilm ohne Musik
Der mitreißende Film "Köln 75" über das berühmte "Köln Concert" von Keith Jarrett kommt ohne Musik aus. Er wird getragen durch die Hauptdarstellerin Mala Emde, die die damals 18-jährige Konzertveranstalterin Vera Brandes spielt.
Es ist eine Krux mit Filmen über Musiker. Entweder sie sind als Produzenten dabei, haben Einfluss auf das Drehbuch und lassen ihr Leben ein wenig verschönt beweihräuchern - oder aber sie lehnen einen Film über ihr (Lebens-)Werk voll und ganz ab, rücken noch nicht mal die Rechte für die Musik raus. "Köln 75" von Ido Fluk gehört zur zweiten Kategorie.
"The Köln Concert" - die meistverkaufte Soloplatte im Jazz
Der Konzertmitschnitt "The Köln Concert" ist die meistverkaufte Soloplatte im Jazz-Bereich. Allein schon das Albumcover ist legendär. Eine schwarz-weiß Aufnahme von Keith Jarrett ans Klavier gebeugt, die Augen geschlossen, voll und ganz in die Musik vertieft. Aber genauso wie Keith Jarrett sich vom Köln Konzert an sich distanziert hat, wollte er auch mit dem Film nichts zu tun haben. Deswegen ist "Köln 75" ein Film über Keith Jarretts legendäres Kölnkonzert ohne einen einzigen Ton seiner Musik. Aber genau das ist das Spannende daran, denn der Fokus liegt auf der damals 18-jährigen Konzertveranstalterin Vera Brandes, ein jugendliches Energiebündel, das Jazz-besessen ist.
Legendäres Konzert mit chaotischer Geschichte
Mit 16 hat Brandes ihr erstes Konzert gebucht, als Abgrenzung vom erzkonservativen Elternhaus, mit 18 versucht sie Keith Jarrett nach Köln zu holen. Der Film erzählt ihre Geschichte, ist ein Blick hinter die chaotischen Kulissen des legendären Konzerts
- Ich hab deiner Freundin schon gesagt, wir spielen keinen Jazz. Jazz ist Museumsmusik. Jazz ist tot.
- Das ist kein Jazz.
- Keith Jarrett ist kein Jazz?
- Nein.
- Was ist es denn dann?
- Ich weiß es nicht.
- Ich dachte, du bist die Veranstalterin.
- Niemand weiß es, Keith weiß es nicht, das ist ja genau der Punkt.
- Also ist es Jazz!
Ohne Bösendorfer Imperial Flügel kein Konzert
Der Kartenvorverkauf stockt, Keith Jarrett kommt - von Rückenschmerzen geplagt und völlig übernächtigt mit seinem Manager aus der Schweiz angereist - im Auto. Er weigert sich, überhaupt die Bühne der Kölner Oper zu betreten, denn das Klavier auf der Bühne sei das Falsche - wie er über seinen Manager ausrichten lässt.
Hatten wir nicht gesagt, dass die Oper uns einen Bösendorfer Imperial zur Verfügung stellt?
Ja.
Das ist er nicht.
Was ist es dann?
Das ist ein halb kaputtes Stück Schrott.
Das ist kein Bösendorfer?
Das ist Stutzflügel. Ein Probeninstrument. Ein Grand Imperial ist ungefähr drei Meter lang. Er hat neun zusätzliche Tasten und wiegt eine halbe Tonne.
Jazz ist Improvisation - und genauso improvisiert hat auch Brandes hinter den Kulissen. Versucht innerhalb weniger Stunden einen neuen Flügel aufzutreiben und die Oper voll zu kriegen.
Hören Sie, das ist ne lange Geschichte, aber wenn ich heute keine Tickets verkaufe, dann muss ich Zahnärztin werden.
Ich kann Zahnärzte nicht leiden.
Geht mir genauso.
Was soll ich sagen?
Sagen Sie, dass es stattfindet. Das sie nicht wissen, was es ist, aber dass es etwas ist und das dieses Etwas heute Abend um elf in der Oper stattfindet.
Energiebündel Mala Emde in der Hauptrolle
Getragen wird der Film vor allem von Mala Emde als Vera Brandes. Mit ihren 28 Jahren ist sie eigentlich viel zu alt für die Rolle. Sie rennt und organisiert sich durch den Film. Ihre Energie auf der Leinwand ist ansteckend. "Ich habe das Drehbuch geschickt bekommen und aufgeschlagen und dann die Musik gehört und dachte: 'That's it'", erzählt Emde. Das sei ihr so noch nie passiert. "Dann die Begegnung mit Ido Fluk und diese Frauenfigur, die ich spielen durfte. Ich finde, die macht einfach so Bock."
Die ungewohnte Perspektive, das Köln-Konzert durch die Augen der Veranstalterin erzählen zu lassen, tröstet über die Tatsache hinweg, dass "Köln 75" ein Konzertfilm ohne Musik ist. Dafür aber genauso mitreißend und beschwingt wie die Originalaufnahme.
Köln 75
- Genre:
- Drama, Biografie
- Produktionsjahr:
- 2025
- Produktionsland:
- Deutschland
- Zusatzinfo:
- Mit: Mala Emde, John Magaro, Alexander Scheer, Ulrich Tukur, Jördis Triebel und Susanne Wolff
- Regie:
- Ido Fluk
- Länge:
- 116 Minuten
- FSK:
- 12
- Kinostart:
- 13.03.2025
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