"Schöpfung": Gloria Bruni verbindet Musik, Glaube und Wissenschaft
Bei der "Schöpfung" denken Musikfans an das Meisterwerk von Joseph Haydn. Die Hamburger Komponistin Gloria Bruni schreibt gerade eine "Schöpfung" als abendfüllende Oper. Erste Teile kann man jetzt in der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen erleben.
Diese Musik geht sofort ins Ohr und ins Herz. Es sind himmlische Klänge mit Geigen, Glocken und Chor. "Wir erleben die spannendsten Momente, nämlich wie das Universum entstanden sein kann", erklärt die Komponistin Gloria Bruni ihre Schöpfung. "Vom kleinen Atom bis zum unendlichen Universum!"
Musikalische Schöpfung mit Urknall
Das Stück erzählt die Entstehung der Welt mal nicht so, wie es am Anfang der Bibel steht und von Haydn vertont wurde, sondern als Evolutionsgeschichte - inklusive Urknall. Das Werk ist auch im Dialog mit Physikern des Hamburger Wissenschaft-Hotspots DESY entstanden. "Und bei meinen Gesprächen mit den Wissenschaftlern habe ich sie gefragt: 'Was war denn vor dem Big Bang?' Und als sie ansetzten mit den Worten 'Wir glauben …', erwiderte ich: 'Seht ihr: Da fängt der Glaube an'", lacht Bruni.
Singende Physiker
In dieser Musik sollen sich Glaube und Wissenschaft begegnen. Auf die Kanzel der Katharinenkirche, auf der Pastorinnen und Pastoren sonst predigen, wird die bekannte Lagrange-Welterklärungs-Formel projiziert. Vor dem Konzert gibt es kurze Impulse von Pastor Frank Engelbrecht und DESY- Professorin Beate Heinemann. Und auch ein Chor mit DESY-Wissenschaftlern singt bei dieser Schöpfung mit und unterstützt die Internationale Chorakademie von Rolf Beck.
Hamburger Glockenkonzert
In ihrer "Schöpfung" hat Gloria Bruni auch ältere eigene Werke verarbeitet, zum Beispiel aus ihrem Requiem. "Das habe ich im Jahr 2000 im Vatikan vor Johannes Paul II. und Gorbatschow uraufführen dürfen, und ich dachte, es passt hier rein, um den Dialog mit dem Christentum abzubilden." Auch die Glocken der Hamburger Hauptkirchen erklingen im Original. Gloria Bruni ist dazu auf alle Türme geklettert und hat jede einzelne Glocke aufgezeichnet.
Wenig Hurz - viel Herz
Klar, das ist neue Musik - aber so richtig schön zum Zuhören und Genießen - ohne Hurz. Die Klänge könnten Spurenelemente von Avantgarde enthalten. Sagen wir so: Es ist nicht gerade Material für die Donaueschinger Musiktage für Neue Musik. "Warum nicht Avantgarde?", entgegnet Bruni. "Entschuldigung! Ich habe für meine Verhältnisse viele Cluster benutzt. Aber weil ich sehr harmoniesüchtig bin, löse ich sie in Harmonien und Melodien auf, weil ich auch Sängerin bin und gern für Gesang komponiere." Und Gloria Bruni singt tatsächlich in ihrer ‚Schöpfung‘ auch selbst. Das ist ungewöhnlich. Und auch Bruni selbst hadert manchmal mit dieser Doppelrolle. "Wenn ich selbst singe, kommen die Menschen und sagen 'Ach, was hast Du schön gesungen!' und keiner sagt etwas zur Komposition. Das finde ich so schade", lacht Bruni.