Rammstein nach Vorwürfen in München: War da was?
Am Mittwochabend hat Rammstein in München das erste Konzert in Deutschland seit den Vorwürfen gegen Frontmann Till Lindemann gespielt. Die angekündigten "Safe Spaces" waren den Sicherheitskräften unbekannt.
Riesige Feuerfontänen, den Himmel durchzuckende Lichtdome, grelle Schlaglichter zu epischen Metalriffs: Rammstein weiß, wie man den Adrenalinspiegel des Publikums nach oben jagt. Für die, die zum Auftakt gekommen waren, fühlte sich der Abend beinahe so an wie immer bei Rammstein: Musik, Feuer und eine Pyroshow der Superlative, für die die Band bekannt ist. Till Lindemann äußerte sich nicht zu den Vorwürfen, absolvierte seinen Auftritt wie gewohnt. Nur als er zum Schluss seinen Fans dankte, dass sie gekommen waren, ließ sich das dann doch im Kontext der Vorwürfe verstehen: "München, danke, dass ihr hier seid. Danke, dass ihr bei uns seid."
Vorwürfe gegen Lindemann
Das Münchner Konzert fand unter besonderen Vorzeichen statt - und unter besonderer Beobachtung. Mehrere Frauen werfen Rammstein und Till Lindemann vor, sie seien im Umfeld von Auftritten der Band durch Frontmann Till Lindemann sexuell bedrängt worden, einige auch zu gewaltvollem Sex mit Lindemann genötigt worden. Hinter den Erfahrungen der Betroffenen könnte ein regelrechtes System des Machtmissbrauchs stehen, das junge weibliche Fans zunächst mit Plätzen in der sogenannten "Row Zero" unmittelbar vor der Bühne lockt, sie dann auf eine Aftershowparty einlädt und schließlich Lindemann "zuführt".
"Safe Space" ist Sicherheitskräften unbekannt
Der auf Druck der Münchner Stadtfraktion eingerichtete Safe Space für Fans, die sich unsicher fühlen, ist an diesem Abend nicht als solcher erkennbar und Ordnungs- und Sicherheitskräften des Olympiastadions unbekannt. Vor dem Konzert hatte das Management von Rammstein betont, als zweite Maßnahme auch ein sechsköpfiges Awareness-Team für mehr Sicherheit in die Arena zu schicken, auch sie sind nicht als solche erkennbar. Die umstrittene Row Zero als Teil der sogenannten Feuerzone blieb frei von Fans. Dafür stand in der Feuerzone umso mehr Publikum.
Proteste vor dem Konzert
Vor Beginn des Konzerts hatte es vor dem Olympiastadion kleinere Proteste gegen den Auftritt der Band gegeben. "Till Täter" war auf einem Schild zu lesen, "Das System Einzelfall" hieß es auf einem Banner. Die Protestierenden riefen "Gewalt gegen Frauen ist kein Einzelfall" und "Schämt euch, dass ihr zu diesem Vergewaltiger-Konzert geht". Vereinzelt kam es zu Wortgefechten mit Rammstein-Fans, eine größere Konfrontation blieb jedoch aus.
Fans verteidigen Rammstein
In großen Gruppen pilgerten die Fans am Mittwochabend zum ersten von vier Konzerten in München. 240.000 Tickets - alle vier Shows sind offiziell ausverkauft. Das Olympiastadion war zum Konzert am Mittwochabend gut gefüllt, einige Plätze blieben aber leer. Viele Tickets waren wurden auf Tickettauschbörsen im Internet angeboten.
Für die Fans, die da sind, scheint egal, welche Vorwürfe gegen Frontmann Till Lindemann und seine fünf Musiker erhoben werden. "Wenn man hier eingeladen wird, dann weiß man, was auf einen zukommt: Drogen und Sex", sagt ein Konzertbesucher. "Wenn man dann sagt: 'Wir wurden total überrascht'. Das ist einfach an den Haaren herbeigezogen." Auch ein weiblicher Fan äußerte: "Was da geschieht, finde ich einfach nur lächerlich. Wenn ich da vorne als Frau stehe, weiß ich, warum ich da stehe."