Hannover: Singen im Gebärdenchor
Singen im Chor und das mit eingeschränktem Hörvermögen - das geht. Beim inklusiven Weihnachtsmarkt des Deutschen Taubblindenwerks in Hannover ist der Gebärdenchor der angeschlossenen Förderschule zu erleben. Ein Probenbesuch.
Acht Schülerinnen und Schüler mit Hör- und Seheinschränkungen sitzen in einem kleinen Raum im Halbkreis zusammen und üben gemeinsam Gebärden. Zwei Lehrer machen sie ihnen vor. Schlittenfahrt und Bart: Die eine Gebärde zeichnet die Rundung der Kufen des Schlittens nach, die andere führt vom Kinn nach unten, was an einen langen Bart erinnert. Zu sehen sind Schlitten und Nikolaus zugleich als Symbole auf einem großen Bildschirm.
"Da gibt es so einen Menschen", beschreibt der 12-jährige Malik das Bild auf dem Monitor. "Und dann ist da so ein Nikolaus, der hat so einen Stab und einen schweren Sack. Bei der Rute wedelt man mit der Faust hin und her." Sack und Rute sind Schlüsselbegriffe im Lied und lassen sich gut gebärden. Deshalb haben es die Lehrer ausgesucht.
Teilhabe nimmt Dank Hörverstärkung und Simultangebärden zu
Wie beim hörbaren Singen, wo jeder mit mehr oder weniger Ausdruck dabei ist, können auch die Gebärden im Chor intensiver oder verhaltener gezeichnet werden, erklärt Richard Ebbertz-Bergner. Er ist Lehrer: "Gebärden, das ist nicht etwas, was man nur mit den Händen macht oder nur mit den Armen, sondern gebärden, das ist schon auch etwas, wo die Mimik eine große Rolle spielt und wo auch Bewegung hineinkommen kann. Das ist das Schöne beim Gebärdenchor, weil die Kinder dann eben auch mit einem Rhythmus verbunden sind und so noch einmal mehr aus sich herausgehen können und mutiger sind in den Gebärden. Das können sie dann nachher wiederum in ihrer Kommunikation gut anwenden."
Auch in der Chorprobe löst das "Hohoho" des Niklaus' viel Freude aus. Zwar treffen nur wenige Schüler die richtigen Töne, doch der Rhythmus lässt sie begeistert als Gruppe im Takt gebärden. Die Möglichkeiten, mit Hör- und Seheinschränkungen selbst einmal Kultur zu genießen, nähmen Dank Hörverstärkung und Simultangebärden auch zu, sagt Richard Ebbertz-Bergner.
Taubblinde in der Öffentlichkeit wahrnehmen
Zudem sei es wichtig, dass Taubblinde in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, sagt Inez Aschenbrenner. Sie ist ebenfalls Lehrerin beim Deutschen Taubblindenwerk in Hannover: "Wir machen das zum Beispiel mit unserem Weihnachtsmarkt. Da versuchen wir mit unserem Gebärdenchor die Leute auch zu motivieren, mitzumachen. Ansonsten sind wir kulturell dadurch integriert, dass sich wirklich Einrichtungen bei uns melden und zum Glück auch mal zu uns kommen - 'Live Music Now' zum Beispiel ist bei uns. Das ist schön für uns, dass wir hier an solchen kulturellen Sachen teilnehmen können."
Malik hat sich derweil entschieden: Das Nikolauslied will er so schnell wie möglich noch einmal singen. Immer wieder bewegt der 12-Jährige seine Hände vor dem Körper rauf und runter, mal, um den schweren Nikolaussack zu gebärden, dann wieder die Länge des Bartes. Es ist ein Lied, mit dem sich leicht wichtige Gebärden der Adventszeit lernen lassen.