Menschen mit Behinderung werden zu Co-Trainern ausgebildet
Um ihre Sportvereine in der Heimat ehrenamtlich zu unterstützen, werden Menschen mit Behinderung in Gifhorn zu Co-Trainern ausgebildet. Dann trainieren sie nicht nur, sondern gestalten den Kurs gemeinsam mit den Trainern.
Es riecht nach alten Turnmatten und Medizinbällen in der kleinen Schulsporthalle in Gifhorn. Nach und nach trudeln die zukünftigen Co-Trainer und Co-Trainerinnen in Sportbekleidung in der Halle ein. Sie kennen sich schon, denn Teil eins der Ausbildung fand bereits vor vier Wochen statt. Alle haben schon eine feste Vorstellung, warum sie später erfolgreich als Co-Trainer arbeiten können. "Weil ich ehrgeizig bin und den anderen Leuten was beibringen möchte", so Benjamin Bock vom SC Wietzenbruch. "Ich habe Geduld und kann gut mit Menschen umgehen", ergänzt Heike Feliage Chebra vom PSV Braunschweig.
Ehrenamtliche Co-Trainer im Sportverein
Die Teilnehmenden aus Celle, Braunschweig und Gifhorn haben alle eine geistige Beeinträchtigung. Und diese Menschen möchte der Behindertensportverband Niedersachsen zu Co-Trainern ausbilden. Als Co-Trainer unterstützen die Teilnehmenden als Ehrenamtliche die Sportvereine in ihrer Heimat. Das Ausbildungskonzept wurde durch den Badischen Behindertensportverband erfolgreich ins Leben gerufen und wird nun modellhaft auch vom Behindertensportverband Niedersachsen angeboten.
Menschen mit Behinderung werden ausgebildet
Die 64-jährige Elvira Rüsch ist eine echte Spätstarterin, was den Sport betrifft. Erst vor vier Jahren fing sie an, Tischtennis zu spielen. Mittlerweile kann sie sich nur schwer von der Platte lösen, so viel Spaß macht es ihr, erzählt sie mit einem breiten Grinsen. Und wenn heute alles gut läuft, hält sie am Ende des Tages ihre Urkunde als Co-Trainerin in der Hand. Normalerweise arbeitet sie in einer Textilwerkstatt.
Eine große Hilfe für die Trainer
Hier in der Turnhalle geht es erstmal darum, wie ein ordentliches Aufwärmprogramm aussieht. Um die Ausbildungsinhalte einprägsamer und leichter verständlich zu machen, arbeiten die beiden Sportreferenten viel mit Bildern und Symbolen. Wenn es zum Beispiel um die Ausdauer, die Kondition geht, zeigen sie ein rotes Herz. Wenn es um Schnelligkeit geht, einen gelben Blitz.
Projekt für Inklusion
Bei der Ausbildung heute auch dabei: die sogenannten Tandempartner. Also die Personen, die schon als Trainer arbeiten und sich auf ihre zukünftigen Co-Trainer freuen. Wie Stefan Bäumann vom MTV Gifhorn. "Es gibt mir ein Stück Freiheit im Training, ich muss auch mal aufs Klo, oder ich komme zu spät, oder ich muss noch einen Rollstuhl reparieren, dann ist es gut, wenn jemand da ist, der die Sportstunde schon mal eröffnen kann", erläutert er. Für ihn ist es eine Verstärkung, für die zukünftigen Co-Trainer ein Grundrecht. "Damit ermöglichen wir ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, hier ganz konkret im Sportbereich. Laut UN-Behindertenrechtskonvention haben sie dieses Recht und das ermöglichen wir ihnen", erklärt Jutta Schlochtermeyer, die Vizepräsidentin und Inklusionsbeauftragte des Behindertensportverbandes Niedersachsen.
Spieler und Trainer zugleich
Elvira leitet unterdessen ihre erste eigene Übung vor der Gruppe an. Ein bisschen nervös schaut sie immer wieder auf ihren Zettel, erklärt dann aber mit fester Stimme, was zu tun ist und verteilt an jeden einen Reifen. Nach dem Startzeichen von Elvira lassen alle ihre Reifen auf der Stelle drehen und rücken schnell eine Position weiter. "Der Reifen darf nicht auf den Boden fallen, sonst verhungert er", ermahnt Elvira ihre Gruppe und hat sichtlich Spaß daran, dass alle genau das machen, was sie angesagt hat. Nach 7 Stunden in der Halle, aufgeteilt in Theorie und Praxis, erhalten alle Teilnehmenden ihre Urkunde als Co-Trainer. Elvira freut sich schon jetzt auf das nächste Tischtennistraining. Dann ist sie nicht mehr nur Spielerin, sondern verstärkt ihr Trainerteam ganz offiziell als Co-Trainerin.