Von Montag bis Freitag ohne Pause in der Krippe
"Abgegeben" heißt eine neue Ausstellung in der Rostocker Kunsthalle. Sie beleuchtet ein weitgehend unbekanntes Thema deutscher Geschichte: Wochenkrippen in der DDR.
Mit einer neuen Ausstellung nähert sich die Rostocker Kunsthalle einem Aspekt der Geschichte, der selbst bei jenen in Vergessenheit zu geraten droht, die in der DDR groß geworden sind: die Wochenkrippen. Ihr Ziel sei es gewesen, das Thema sichtbar zu machen, sagt Sophie Linz, viele Jahre sei darüber geschwiegen worden. "Selbst die Menschen, die im Osten groß geworden sind, wussten es zum Teil nicht, dass es diese Wochenkrippen gab."
Zum Wochenende ging es nach Hause
Groben Schätzungen zufolge waren mehrere hunderttausend Kinder zwischen 1949 und 1992 in Wochenkrippen untergebracht. Neugeborene und Kleinkinder bis zum dritten Geburtstag wurden am Montag abgegeben und erst am darauffolgenden Freitag wieder abgeholt. Auch Sophie Linz kam in eine Wochenkrippe, als sie drei Monate alt war.
Multimediale Bildsequenzen und persönliche Collagen
Zehn frühere Wochenkrippenkinder hat Initiatorin Sophie Linz für ihr Projekt gewonnen. Entstanden sind multimediale Bildsequenzen und ganz persönliche Collagen. Die Ausstellung wird durch zahlreiche zeithistorische Fotografien und Objekte aus ehemaligen DDR-Wochenkrippen ergänzt. Außerdem werden 20 Werke Rostocker und Mecklenburger Künstler aus dem Bestand der Kunsthalle zum Thema gezeigt. Von zarten Grafiken bis Bildhauerei.
Kunsthallen-Chef: Ein spannendes Projekt
Als die Berlinerin vor zwei Jahren Kunsthallen-Chef Jörg Uwe Neumann ihr Projekt vorstellte, war er sofort begeistert. Passt es doch in sein Konzept, sich nicht nur mit Kunst aus der DDR, sondern auch mit gesellschaftlichen Phänomenen zu beschäftigen. "Bisher waren es eher leichte Themen, wie die 'Olsenbande‘ oder der Palast der Republik. Dieses Thema ist noch nicht so beleuchtet und deshalb finde ich es sehr spannend." "Abgegeben - Wochenkrippen in der DDR" ist bis zum 1. Mai im Schaudepot der Kunsthalle Rostock zu sehen. Donnerstags bietet die Kunsthalle um 16 Uhr öffentliche Führungen an.